Aktuelle Trends und Entwicklungen innerhalb der österreichischen Kampfsport-Szene

Im Jänner 2022 fanden die diesjährigen IMMAF World Championships in Abu Dhabi statt, die jährlich von einer der größten internationalen Dachorganisationen des Mixed Martial Arts Sports, der International Mixed Martial Arts Federation veranstaltet werden. Auch das österreichische MMA-Nationalteam (AUTMMAF) reiste mit seinem Kader an, um in der Zayed Sports City in den Vereinigten Arabischen Emiraten an den Wettkämpfen teilzunehmen. Einer der Kämpfer des österreichischen Teams war der 31-jährige Daniel Schordje, der bei der IMMAF-Weltmeisterschaft in der MMA-Leichtgewichtsklasse antrat. Bei Schordje handelt es sich nicht nur um einen ambitionierten Kampfsportler, der von seinen Haupttrainern, den Ettl-Brüdern aus Graz, für seinen baldigen Wechsel in den Profi-Status unterstützt wird, sondern außerdem um einen seit vielen Jahren in die neofaschistische Szene Österreichs involvierten Aktivisten. Schordje war bereits 2015 der mittlerweile formal nicht mehr existierenden „Identitären Bewegung Österreich“ (IBÖ) in Wiener Neustadt beigetreten und pflegte zudem über seine rechtsextremen IB-Kameraden intensive Kontakte zur Führungsriege der neonazistischen Hooligan-Gruppe „Unsterblich Wien“ des FK Austria Wien, worüber die Kolleg*innen von Recherche Wien berichtet haben.

In unserer ursprünglichen Recherche zu rechtsextremen Kampfsport, Biker-Kriminalität (MC) und neonazistischen Vernetzungen in Österreich, haben wir auf Daniel Schordje und die breite Akzeptanz rechtsextremer Akteur*innen im österreichischen Amateur*innen- und Profikampfsport hingewiesen. Obwohl Kampfsport seit jeher und mittlerweile zunehmend breitenwirksam von rechtsextremen Akteur*innen unterschiedlicher Couleur genutzt wird, um sich auf den politischen Kampf auf der Straße vorzubereiten, politische Aktivitäten und Strukturen zu finanzieren und als Rekrutierungsbecken für „erlebnisorientierte“ Jugendliche wie auch junge Erwachsene zu nutzen, weigern sich bis heute große Teile der österreichischen Kampfsport-Szene etwas gegen diese Dynamik zu tun. Kommerzielle Interessen gepaart mit Gleichgültigkeit und mangelndem politischen Bewusstsein führen so dazu, dass der österreichische Amateur*innen- und Profikampfsport zunehmend von rechtsextremen Akteur*innen unterwandert wird. Seit unserer initialen Recherche hat sich an diesem Umstand leider Nichts geändert: Immer noch können sämtliche von uns publik gemachten Rechtsextremist*innen oder jene, die rechtsextreme Kampfsportler*innen hofieren und unterstützen, weiterhin öffentlich auftreten – und das teilweise international. Der folgende Bericht ist weniger als Recherche, denn als Update zu verstehen, in dem wir aktuelle Entwicklungen im österreichischen Kampfsport beleuchten und erneut auf die Verquickungen des Kampfsport-Milieus mit dem organisierten Rechtsextremismus hinweisen wollen. Neben einer Einordnung Daniel Schordjes vor dem Hintergrund seines politischen Werdegangs werden weitere Kampfsportler*innen aus dem Umfeld der Identitären Bewegung und dem neonazistischen Hooligan-Milieu Österreichs, sowie die innerhalb des Kampfsports maßgeblich für diese Entwicklung verantwortlichen Akteur*innen diskutiert.

Daniel Schordje – Neofaschist am Sprung in den Pro-MMA-Status

Daniel Schordje betreibt nun mindestens seit 2013/2014 MMA und dürfte sein Training in Kampfsport-Zentren im Raum Wiener Neustadt begonnen haben. Seit mindestens 2015 war er zugleich in der Identitären Bewegung Österreich aktiv und kann als einer der am stärksten in die IB integrierten Personen aus der rechtsextremen Szene Wiener Neustadts angesehen werden. Bereits 2016 wechselte er für das MMA-Training in das einschlägig bekannte „Gym 23“ in Wien Liesing, in dem unter anderem die Mitglieder des neonazistischen „Blood & Honour Wien“ Netzwerkes Isabella Kordas und Petar Helmer trainiert hatten. Die beiden Aktivist*innen der österreichischen Neonazi-Szene pflegten beste Kontakte zum oberösterreichischen „Objekt 21“ und hielten im sogenannten „Gasthof zur Alm“ in Wien Leopoldstadt Rechtsrock-Events ab, um sich unter anderem mit dem wegen Mordes verurteilten Neonazi Jürgen Kasamas zu solidarisieren. Kasamas trainierte im Übrigen gemeinsam mit André Herold, B&H Vienna-Exponent und zeitweiliger Chef des besagten Gasthofs zur Alm im Kampfsport-Zentrum „Bulls Gym“ in Wien Donaustadt – ein Umstand, der die Kontinuität der Verstrickung rechtsextremer Akteur*innen in den Kampfsportbereich illustriert.

Der rechtsextreme MMA-Kämpfer Daniel Schordje partizipierte seit seinem Einstieg in die Identitäre Bewegung an fast allen öffentlichen Aktionen und Demonstrationen dieser im Zeitraum von 2015 bis 2019 und nahm so auch an der Störung der „Refugees Welcome“-Demonstration 2015 in Traiskirchen, dem gewalttätigen Überfall auf die Inszenierung von Elfriede Jelineks „Die Schutzbefohlenen“ durch geflüchtete Menschen im Audimax der Universität Wien 2016 sowie als Ordner auf mehreren Demos der Identitären Bewegung teil. Gleichzeitig scherte die IB-Sektion Wiener Neustadt, in die Schordje maßgeblich involviert war, von Anfang an aufgrund ihres militanten Auftretens und ihrer Gewaltbereitschaft aus dem nach außen hin zivilgesellschaftlich inszenierten Aktionismus (2015-2020) der Sellner-Brüder aus. Die Klientel des Wiener Neustädter Ablegers entsprach nicht dem klassischen Milieu, in der die IB Wien rund um Martin Sellner rekrutierte: Schon die Gründungsfiguren in Wiener Neustadt waren allesamt in rechte Hooligan-Szenen vernetzt und standen gewissermaßen im Widerspruch zu dem gehobenen, elitären Auftreten gut bemittelter, rechtsextremer Burschenschafter und Studierender in Wien.

Daniel Schordje, sein Bruder Philipp Schordje und der Viola Fanatics-Hooligan Mario Weiß sowie der SC Wiener Neustadt-Hooligan Johnny Mühlmann fielen von Anfang an mit ihrem aggressiven und radikal-nationalistischen Habitus auf. Typische Neonazi-Tattoos waren in diesem Milieu immer noch Standard, martialisches Auftreten und Fokus auf Kampfsport keine Seltenheit. Erst kürzlich fiel Johnny Mühlmann wieder auf, weil er linke Sticker mit Keltenkreuz-Klebern, die denen im neonazistischen Unwiderstehlich-Design stark ähneln, überklebte und diese „Aktion“ online teilte. Daniel Schordje partizipierte mit Mario Weiß und Johnny Mühlmann außerdem nicht nur an Aktionen der IB, sondern scheute sich auch nicht davor zurück, 2019 etwa bei einem Aufmarsch der neonazistischen Kleinstpartei „Die Stimme“ rund um den ehemaligen RFS-Funktionär und Neonazi Markus Ripfl teilzunehmen. Während sich der große Teil der IB-Aktivsten von neonazistischen Veranstaltungen dieser Art fern hielt, um ihr bürgerliches Image zu wahren, hatte die Wiener Neustädter Szene rund um Daniel Schordje kein Problem damit, an Aufmärschen von dezidierten Neonazis teilzunehmen.

Wie tief die Kontakte der Wiener Neustädter in das neonazistische Milieu Österreichs reichten, zeigen außerdem die Bekanntschaften von Mario Weiß. Dieser verfügt über gute Kontakte zum rechtsextremen Umfeld der Ostkurve des FK Austria Wien. Er selbst ist Mitglied der „Viola Fanatics“ und über ihn dürften Daniel und Philipp Schordje auch Kontakte in das Milieu geknüpft haben. Dass es sich bei diesen Kontakten nicht nur um lose Bekanntschaften, sondern freundschaftliche Verbindungen handelt, ist eindeutig belegbar: So etwa feierte der Unsterblich-Neonazi Stefan Swoboda Ende Juni 2016 zusammen mit Daniel Schordje und Mario Weiß eine lockere Garten-Party und 2017 reisten Daniel Schordje, Mario Weiß und der Unsterblich-Capo Christian „Guntramsdorfer“ Wagner zusammen nach Bratislava, um dort an einem Match des ŠK Slovan Bratislava im Block der neonazistischen Hooligan-Gruppe „Ultras Slovan Pressburg“ teilzunehmen (Link mit Fotos bei den Kolleg*innen der Recherche Wien).

Im Jahr 2019 radikalisierte sich die Wiener Neustädter Sektion und entfernte sich endgültig vom Aktivismus der Identitären Bewegung: Daniel Schordje und Mario Weiß organisierten eine gewaltbereite Truppe, die sich aus der lokalen rechten und rechtsextremen Szene Wiener Neustadts zusammensetzte, um als „Bürgerwehr“ zukünftige Übergriffe und Gewalttaten durch „männliche Asylwerber“ zu verhindern. Anlass dafür war der 2019 im Wiener Neustädter Anton-Wodica-Park durch einen syrischen Asylwerber begangene Femizid, den die Aktivist*innen für ihre rechtsextreme Agenda instrumentalisierten, um öffentlichkeitswirksam gegen „Asylsystem“ und „Massenmigration“ zu hetzten. Die rund 20-köpfige Bürgerwehr hatte sich für ihre Aktion mit schwarzen Pullovern uniformiert, auf die sie das Logo „Defend 2700“ und ein Maschinengewehr gedruckt hatten. Bei 2700 handelt es sich um die Postleitzahl des Bezirks Wiener Neustadt, zu dessen vigilante Verteidigung sich die rechtsextreme Formierung berufen fühlte. Wie auf den Fotos der Aktionen zu sehen ist, posierte die Bürgerwehr bei Nacht und im Kerzenschein martialisch neben dem Grabstein der ermordeten Manuela K., um das gewonnene Material darauffolgend auf den einschlägigen Social-Media-Kanälen für politische Zwecke zu verwerten. Mit Aktionen dieser Art zeigte die Wiener Neustädter Truppe, dass sie den zivilgesellschaftlich inszenierten Info-Tisch-Kampagnen-Habitus eines Martin Sellners zurückgelassen hatten und stattdessen zur direkten Verteidigung der „weißen Österreicher*innen“ übergegangen war – mitten unter ihnen Daniel Schordje, der bereits mit beiden Beinen im Kampfsport stand.

Daniel Schordje und Mario Weiß im „Defend 2700“-Shirt.

Denn ebenso im Jahre 2019 trat Schordje das erste Mal offiziell für das „Champions Graz“-Team bei den Amateur-Staatsmeisterschaften im Bereich Mixed Martial Arts an. Außerdem schloss er in der Zeit einen Lehrgang ab, der ihn dazu berechtigt, regulär im Kampfsportbereich MMA zu unterrichten. Dies nutzte der rechtsextreme MMA-Kämpfer auch sofort, um sein Wissen an seine Kameraden im von Markus Totz geführten Kampfsport-Zentrum „Zitadellen Sport Graz“ weiterzugeben, in dem IB-Exponenten wie etwa Robin Engelhart, Thomas Schraith oder Luca Kerbl regelmäßig, aber auch der Kasseler Faschist und nun in Salzburg wohnhafte und beim RFJ Salzburg und der IBÖ organisierte Marvin Sander trainieren. Der gut vernetzte Kampfsportler Markus Totz, der seine Diplomarbeit an der Universität Graz über das akademische Mensur-Fechten geschrieben hat, besitzt außerdem direkt neben dem Zitadellen-Gym einen Schießplatz, an dem er besorgten Bürger*innen die Fähigkeiten vermitteln will, sich selbst mit einer Schusswaffe zu verteidigen. Die Website und der Online-Auftritt des Schießplatzes wurden im Übrigen von der Firma „Moker Graz“ gestaltet, hinter der Günther Moser und Luca Kerbl stehen. In der Bewerbung des Schießplatzes werden hauptsächlich Narrative bewaffneter Heimverteidigung in nicht näher bestimmten Krisen- und Stresssituationen bedient: Zum Schutz der Familie müsse man sich auf den Ernstfall vorbereiten und dafür sei eine Ausbildung an der Schusswaffe unabdingbar. Als Referenz für seine Qualifikationen führt Totz seine Ausbildung zum Offizier, sowie seine aktuelle Funktion als Oberleutnant der Miliz des österreichischen Bundesheeres an. Überdies hätte er an taktischen Schulungen der in der Slowakei angesiedelten „Tactical Combat Academy“ teilgenommen, bei der es sich um ein militärisch hoch professionalisiertes Unternehmen handelt, das auf den Sicherheitsbereich ausgerichtet ist und laut eigener Website Kurse für internationale Spezialeinheiten aus den USA (MARSOC), Großbritannien (SAS), Frankreich (2REP) und Israel (YAMAM) abhält.

Es handelt sich also um ein militarisiertes rechtsextremes Milieu, in dem sich Daniel Schordje bewegt und in dem er seine kampfsportbezogene Expertise weitergibt. Im Kontext der hohen Gewaltbereitschaft, die von einigen Exponenten dieser Szene ausgeht, stellt die zunehmend zu beobachtende Professionalisierung der Gewaltmittel – sei es die Schulung an der Waffe, oder die Vorbereitung für den Kampf auf der Straße mittels MMA-Techniken – eine reale Bedrohung für eine demokratische Zivilgesellschaft dar. Die Grenze zwischen rechtsextremen Aktivismus und Kampfsport-Training lässt sich bei dem radikalisierten MMA-Kämpfer also nicht so einfach ziehen. Statt sich von dem rechtsextremen Milieu und dessen Aktivismus nach fortschreitender Professionalisierung im Kampfsportbereich zu distanzieren und aus der Szene final aussteigen, hielt Daniel Schordje an dieser fest und interagierte auch öffentlich auf Social Media mit den nämlichen Exponenten. Nach dem Terroranschlag von Wien im Jahre 2020 postete er so den Aufruf, man solle sich als Zivilbevölkerung, aber auch als Politiker*innen, nicht online um Floskeln bemühen, sondern „eine härtere Gangart“ gegenüber „Terroristen und Schläfern“ aktiv durchsetzen – sonst würde sich der islamistische Terror wiederholen.

Zusätzlich nutzt Schordje die mediale Bühne nach Fights, um seinen mit rechtsextremer Symbolik ausgestatteten Körper in nationalistischer Inszenierung zu präsentieren: So posiert er gerne oberkörperfrei, mit Österreich-Fahne in den Händen, das „Allzeit getreu“ auf der Brust und das verbotene Logo der Identitären, das IB-Lambda in Form eines Schildes am linken Oberarm eindeutig erkennbar. Zur Erklärung: „Allzeit getreu“ verweist zum einen auf die Inschrift des 1931 von Heinrich Krippel errichteten „Eisernen Ritters“ am Domplatz in Wiener Neustadt, zum anderen auf den nazistischen Treue-Eid gegenüber Adolf Hitler „Dem Führer allezeit getreu“. Im Kontext des politischen Hintergrunds Daniel Schordjes als jahrelanger Aktivist der Identitären Bewegung und seiner Affinität für neonazistische Hooligan-Straßenkultur steht fest, dass die Wahl dieser Symbole alles andere als zufällig ist, zumal der Eiserne Ritter durchaus ein innerhalb der rechtsextremen Szene bekanntes symbolisches Referenzobjekt ist. Auch der Identitäre und K1-Kämpfer Julian Hofer kokettierte in seinem Social Media-Auftritt zum Beispiel mit der Skulptur am Wiener Neustädter Domplatz. Zwar hat der rechtsextreme MMA-Kämpfer seinen öffentlichen Auftritt mittlerweile modifiziert, sodass sich auf seinen Social-Media-Kanälen keine Hooligan-Fotos im Stadion mehr finden lassen, einen Ausstieg oder sonstigen Bruch mit der rechtsextremen Szene hat es jedoch nie gegeben. Im Gegenteil pflegt Schordje weiterhin Kontakte zu seinen Kameraden, trägt weiterhin rechtsextreme Symbolik in Form von Tattoos auf seinem Körper und setzt auch heute noch bei Postings auf Social Media rechtsextreme Codes ein.

Umso erstaunlicher ist es daher, dass Schordje mittlerweile mehrfach für das österreichische Nationalteam ins Oktagon gestiegen ist: Neben den eingangs erwähnten IMMAF Championships, stieg er etwa auch bei den letzten Europameisterschaften am 28. September in Lignano Sabbiadoro mit rot-weiß-rot gefärbten Haaren für das Nationalteam ins Oktagon. Seine bisherige Kampfbilanz von 26 Siegen, 5 Niederlagen und einem Unentschieden, mit der sich der rechtsextreme Kampfsportler auf seinen Social-Media-Kanälen brüstet, lässt sich mittlerweile durchaus sehen. Erst Mitte September kündigte er zudem an, nach den Europameisterschaften und einem weiteren aktuell noch nicht beworbenen Kampf mit Neujahr 2023 in den Profi-Bereich zu wechseln. Gefördert wird er in diesem Vorhaben von seinen Trainern im „Champions Graz“: Vereinsobmann ist Gehard Ettl, aber auch sein Bruder Michael Ettl und der Vorstand der MMA Federation Austria, Fritz Treiber, leiten dort Trainings an.

Der regen Involvierung des Teams in den MMA-Sport entsprechend, ist das Champions-Gym in der AUTMMAF-Amateur-Sektion als offizielles Mitglieds-Gym gelistet. Neben dem Champions Gym in Graz veranstalten die Ettl-Brüder außerdem die bereits genannte „Cage Fight Series“ (CFS), eine renommierte europäische MMA-Liga, die als äußerst professionalisiert und rentabel gilt. In ihr werden Preisgelder bis zu 10.000 € ausgeschüttet und Kämpfer*innen aus ganz Europa reisen mittlerweile für die Kämpfe an. Bei den Ettl-Brüdern handelt es sich daher um in der österreichischen MMA-Szene einflussreiche Größen, die auch international zunehmend an Relevanz gewinnen. Der Umstand, dass die Brüder für ihren Erfolg nicht davor zurückscheuen, rechtsextreme Kader aufzubauen, ist daher besonders besorgniserregend. Auch von medialer Seite, wie etwa von dem Kampfsport-Sender „fight24.tv“, gibt es kein kritisches Nachfragen bezüglich Schordjes Verstrickungen in die rechtsextreme Szene oder die am Körper getragenen rechtsextremen Symbole. Die mediale Berichterstattung im MMA-Bereich inszeniert sich apolitisch und kümmert sich nicht darum, dass rechtsextreme Akteur*innen, die eine menschenverachtende und gewaltvolle Ideologie antreibt und nach wie vor Teil des organisierten Rechtsextremismus sind, im professionellen Kampfsport ohne Widerspruch Fuß fassen können.

So kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass es sich Daniel Schordje um einen professionell im MMA ausgebildeten Rechtsextremisten handelt, der u. a. zur Selbstjustiz aufruft und in der Vergangenheit bereits durch seine hohe Gewaltbereitschaft aufgefallen ist. Dass Schordje aktuell nicht mehr auf der Straße aktiv ist, zeugt dabei weder von seinem Ausstieg aus der Szene noch von sonstigen Distanzierungen rechtsextremer Gewalt. Noch weit bis in das Jahr 2021 findet sich unter seinen Postings der Hashtag #defend2700. Schordjes soziales Milieu ist das Gleiche geblieben und der Aufruf zum Vigilantismus zeigt, dass sich seine militante Gesinnung im Laufe der Jahre nicht verändert hat. Seine oberflächliche Abkehr vom Straßenaktivismus ist daher vielmehr dadurch erklärbar, dass er sich in sein MMA-Training vertieft hat und versucht als professioneller Kampfsportler Fuß zu fassen.

Schordje vor Werbetafel für die CFS.

Seine bisherigen Erfolge und der angestrebte Switch auf den Pro-Status, sowie der Umstand, dass Schordje als Nummer 1 Amateur-MMA-Kämpfer in Europa gelistet wurde, sprechen dafür, dass über die europäischen Pro-Ligen der nächste Schritt in Richtung UFC und Professionalisierung getan werden könnte – gerade auch weil die Ettl-Brüder mit der CFS bereits über eine unmittelbare UFC-Kooperation verfügen.

Professionalisierung der Gewalt im Umfeld der ehemaligen Identitären Bewegung

Auch wenn es sich bei Daniel Schordje um den im MMA-Bereich erfolgreichsten IB-Kader handelt, so repräsentiert er zugleich eine allgemeine Entwicklung innerhalb des Milieus: Innerhalb der alten IB-Strukturen kann insgesamt eine Professionalisierung der Gewalt beobachtet werden. Während zwar nach wie vor in den IB-Objekten in Steyregg und in Wien Margareten unter sich trainiert wird, hat sich ein großer Teil der Kampfsporttätigkeiten in professionelle Kampfsportzentren verlagert. Ein zentraler Angelpunkt des identitären Kampfsportes ist dabei zweifelsohne das bereits besprochene Zitadellen-Gym in Graz, in dem auf professionellen Niveau mit teils internationalen Trainer*innen Kampfsport mit Fokus auf BJJ und MMA betrieben wird. Im Zitadellen-Gym trainieren wie bereits schon angeschnitten oft auch unter der Leitung Daniel Schordjes Luca Kerbl, Robin Engelhart, Thomas Schraith, der aB! Arminia Graz-Burschenschafter Erik Bergmayer, Günther Moser sowie der Kasseler Rechtsextremist Marvin Sander. An der Inszenierung als elitärer Männerbund hat sich bei den dort Trainierenden nichts geändert, wie man ihren Social-Media-Kanälen entnehmen kann. Betont maskulin-sportlich posiert man so gerne nachts als wehrhafte Gruppe, die dazu bereit ist, ihren „Mann“ zu stehen. Umso bedenklicher ist es, dass neben Daniel Schordje auch Luca Kerbl und Robin Engelhart an internationalen Tournieren und Meisterschaften teilnimmt. Erst kürzlich konnte er den Titel des Vize-Europameisters im BJJ für sich erkämpfen und wieder hat es niemanden interessiert.

Auch Roman Möseneder muss vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen eingeordnet werden: Er trainierte zwar nie regelmäßig im Zitadellen-Gym, dürfte aber über gute Verbindungen zum Grazer IB-Kampfsport-Milieu verfügen. Seit Jahren prahlt er öffentlich damit, dass er in Salzburg Kickboxen trainiert und versucht seinen politischen Gegner*innen dadurch in Kombination mit provokanten Aussagen Wehrhaftigkeit zu signalisieren. In den letzten Monaten dürfte sich in Möseneders Leben, aber auch in seinem politischen Umfeld einiges verändert haben: 2022 brach er seine Matura ab und verzog nach Skierniewice in der Nähe von Warschau. Dort dürfte er laut Eigenaussage als Grafikdesigner tätig sein. Entgegen medialer Berichterstattung, er sei in die Ukraine ausgereist, war er jedoch nie jenseits der polnischen Grenze. Interessant in diesem Kontext ist zusätzlich, dass Möseneder nach einer Demonstration der Corona-Rechten im Dezember 2021 wegen Verdachts auf Widerstands gegen die Staatsgewalt sowie auf schwere Körperverletzung gegen einen Polizeibeamten angeklagt wurde, jedoch lediglich für eine grob fahrlässige Körperverletzung verurteilt wurde. Trotz seiner Abwanderung nach Polen dürfte Roman Mösenender zumindest zeitweise in Österreich wohnhaft sein, trat er erst 2022 für den „Polizeisportverein Salzburg“ (PSV Salzburg), der allerdings nicht mit dem „Landespolizeisportverein Salzburg“ identisch ist, bei den Staatsmeisterschaften im Kickboxen an und konnte dort den Staatsmeistertitel für sich erkämpfen – im Publikum die identitären Kameraden, die ihn bejubelten.

Mösenender (rechts) nach seinem Sieg bei den Staatsmeisterschaften im Kickboxen für den PSV Salzburg.

Eine Stufe professioneller ist der ebenso bekannte identitäre Leibnitzer Uwe Aulibauer, der mittlerweile wie Daniel Schordje bei den Ettl-Brüdern im Champions Gym in Graz angekommen ist. Aulibauer war Teil des Angriffs auf das Wiener Audimax und beteiligte sich als Ordner bei Kundgebungen der neonazistischen Partei des Volkes (PdV). Auch der Fall Aulibauer illustriert, wie wenig sich die erfolgreichen Ettl-Brüder darum kümmern, dass Rechtsextreme bei ihnen trainieren und kämpfen. Diese sind sich offensichtlich keiner politischen Verantwortung bewusst und halten die Türen der CFS, des Champions Gyms und der AUTMMAF für rechtsextreme Akteur*innen weiterhin offen. Erneut prävaliert das Narrativ, es handle sich bei MMA „nur“ um Sport – dass dies fatal ist und sich gerade im Falle der besprochenen Akteur*innen nicht vom politischen Aktivismus trennen lässt, sollten eigentlich seit längster Zeit alle Beteiligten eingesehen haben. Es ist nur logisch, dass in diesem Klima der Gleichgültigkeit rechtsextreme Kampfsportler*innen bei wichtigen und karrieretechnisch relevanten Events wie etwa der Newcomer-Challenge regulär antreten können. Die Liste von militanten rechtsextremen Akteur*innen, die im Kampfsportbereich zunehmend Fuß fassen oder bereits Fuß gefasst haben, endet zusätzlich nicht mit den alten IB-Kadern, sondern betrifft den organisierten Rechtsextremismus in Österreich im allgemeinen und insbesondere das militante neonazistische Hooligan-Milieu, das über gute Kontakte in die organisierte Kriminalität und den MC-Bereich pflegt.

Der österreichische Kampfsport hat ein Rechtsextremismus-Problem

Daniel Schordje ist außerdem nicht die erste Person des rechtsextremen Milieus, die den Straßenaktivismus hinter sich gelassen hat, um dem Kampfsport professionell nachzugehen. Gleiches gilt für die aus Tübingen stammende IB-Aktivistin und Profi-Kickboxerin Annika Stahn, für die Wiener Neonazi-Aktivistin, Rechtsrockerin und MMA-Kampfsportlerin Isabella Kordas, die mittlerweile unter dem Kampfnamen „Isi, The Mjolnir“ auftritt und hauptsächlich auf Phuket, im Süden Thailands wohnt und trainiert sowie für die nachfolgend im Detail besprochenen Rechtsextremist*innen. Sie alle eint, dass sie – manche mehr, manche weniger – nach außen hin den Schein eines apolitischen Lebenswandels vermitteln und versuchen, in der Öffentlichkeit nicht mit politischen Inhalten in Verbindung gebracht zu werden. Wie in der Vergangenheit schon mehrfach beobachtet werden konnte, versuchen viele rechtsextreme Akteur*innen sich aus vor allem beruflichen Gründen von der Öffentlichkeit und vor allem einschlägigen öffentlichen Events der rechtsextremen Szene fernzuhalten, um nicht ihre Karriere zu gefährden. Die meisten von ihnen bleiben aber in ihrem Weltbild der extremen Rechten verbunden und unterstützen das Milieu häufig im Hintergrund durch Finanzierung, Infrastruktur oder im Falle dieser Recherche auch Kampfsport-Schulungen. Durch ihre Unterstützung tragen sie zu Radikalisierungsprozessen und zur Professionalisierung rechtsextremer Gewalt bei, die sich regelmäßig an politischen Gegner*innen oder als minderwertig gelesenen Personengruppen entlädt.

Vonseiten des österreichischen Kampfsports ist es leider die Regel, dass rechtsextreme Akteur*innen toleriert oder gar gefördert werden. Das zeigt nicht nur die CFS der Ettl-Brüder, sondern auch der offizielle österreichische MMA-Amateur*innen-Kader: Erst kürzlich traten in der von der AUTMMAF am 21. Mai 2022 organisierten „Newcomer Challenge“ mindestens drei Rechtsextreme sowie zwei Kämpfer aus einem rechtsextremen Team an. Ziel der Newcomer-Challenge ist es, neue Kämpfer*innen zu sichten und gegebenenfalls in den österreichischen Amateur*innen-Kader aufzunehmen. Alleine bei diesem Bewerb standen drei bekannte steirische Identitäre Luca Kerbl, Uwe Aulibauer und Robin Engelhart im Ring. Neben den drei IB-Aktivisten traten außerdem zwei Kämpfer aus dem „Team Panzer“ des rechtsextremen MMA-Kämpfers Patrick Spirk an. Der Neonazi selbst konnte bei dem Event ungehindert mit seinen zwei Kämpfern im Ring stehen und sich mit seiner Lebensgefährtin Mina Reiter ablichten lassen. Dabei trainieren aktuell in Spirks MMA-Kursen in Wien immer mehr aktive rechtsextreme Akteur*innen. Gerade Personen aus der Ultra- und Hooligan-Szene des SK Rapids und des FK Austria Wien, wie etwa der Rapid-Ultra Marco Singraber, sowie Cedomir Aleksijevic aus dem Tranzbrigade-Milieu von Bernhard Burian und der Szene-Tättoowierer Robert Wabro aus dem Ink-/MC- und Noricum-Umfeld so wie weitere amtsbekannte Neonazis nehmen an den Trainings von Patrick Spirk in Wien Favoriten teil.

Es ist damit zu rechnen, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren fortsetzt, insofern im österreichischen Kampfsport kein Umdenken stattfindet. Dafür wäre aber ein gesamtgesellschaftliches Problembewusstsein für die Verstrickungen rechtsextremer Strukturen in den Kampfsportbereich und den davon ausgehenden Gefahren notwendig.

Eine weitere Person, auf die wir angesichts dieser Entwicklungen mit Nachdruck hinweisen wollen, ist Christian Draxler, dessen „MMA Academy“ sich in Bad Vöslau, also in unmittelbarer Nähe zu Wiener Neustadt, befindet. In unserer letzten Recherche zur Intersektion von Rechtsextremismus und Kampfsport ist der Name Christian Draxler bereits gefallen, weil dieser mindestens ein Mal bei einem Kampf von dem Unsterblich-Neonazi Stefan Swoboda in den Ring der CFS begleitet wurde, der brisanter Weise bei diesem Anlass ein T-Shirt mit SS-Totenkopf trug – ein weiterer Umstand, den niemanden in der Kampfsport-Szene zu stören scheint. Wie seinen Beiträgen auf Social Media zu entnehmen ist, trainiert Stefan Swoboda regelmäßig in Draxlers „MMA Academy“ in Niederösterreich. Unter dem rechtsextremen Gruß „Sport Frei“ posiert er mit dem professionellen Kampfsportler martialisch auf Fotos für das eigene Social-Media-Profil (oder das seiner Lebensgefährtin Nicole Mutenthaler). Es handelt sich dabei um einen Code, der im übrigen auch einer der Catchphrases der von Henrik Ostendorf gegründeten neonazistischen Kampfsportmarke „SF-Extremsport“ ist, die als Sponsor des „Kampf der Nibelungen“, der größten Kampfsport-Veranstaltung der neonazistischen Szene Deutschlands, auftritt. Der 1988 geborene Christian Draxler selbst ist seit vielen Jahren als MMA-Fighter professionell aktiv. Seit Oktober 2010 betritt er im Pro-Status das Oktagon unter dem Namen „The Austrian Emperor“ und gilt als erfahrener Kämpfer, dessen besondere Stärke in Choke-Griffen im Bodenkampf liegt. Seine derzeitige Bilanz beträgt 17 Siege, 7 Unentschieden und keine Niederlage. Draxler trat bereits bei zahlreichen renommierten österreichischen Kampfsport-Events wie zum Beispiel mehrfach bei der „Austrian Fight Night“, der „Night of Warriors“ oder der schon viel besprochenen „Cage Fight Series“ an. Sein letzter Kampf führte ihn 2020 zur „German MMA Championship“ (GMC), bei der er einen Sieg bereits in der ersten Runde erringen konnte.

Ein besonderes Verhältnis verbindet Draxler mit dem ehemaligen Freund und mittlerweile vermutlich aufgrund persönlicher Differenzen verfeindeten MMA-Fighter Khalid (Willhelm „Willi“) Ott. Dieser ist Headcoach des „Instinct Gym“ in St. Pölten und seit seiner Haftentlassung zum Islam konvertiert. Erwähnenswert ist der Kontakt deshalb, weil Ott vor seiner Neuorientierung in das islamistische Milieu durchaus als rechtsoffen angesehen werden konnte. Er inszenierte sich als Kind der Straße und fiel durch gewaltverherrlichendes und hypermaskulin inszeniertes Auftreten auf. Seine Affinität zur Gewalt brachten den Islamisten bereits für insgesamt zehn Jahre ins Gefängnis, die letzte Haftstrafe von dreieinhalb Jahren musste er in einem Hochsicherheitsgefängnis verbüßen. Diese dreieinhalb Jahre können auch als Phase der Radikalisierung in das islamistische Milieu angesehen werden. Mittlerweile propagiert der MMA-Kämpfer ein Leben nach den Gesetzen der Scharia und reist durch die Welt, um radikal-islamistische Prediger aufzusuchen. So besuchte er vor kurzem etwa den Islamisten und ebenso Konvertiten Sheikh Khalid Yasin in der Türkei, ruft junge Männer dazu auf, wie Mohammed zu leben und posiert regelmäßig in antizionistisch-antisemitischer Manier unvermittelt vor Palästina-Flaggen. Dieser Umstand verweist nicht nur darauf, dass ebenso problematische Verstrickungen von Islamismus und Kampfsport existieren, sondern ist vor allem deshalb bedenklich, weil Khalid Ott hauptsächlich mit Jugendlichen arbeitet und seine Hauptaufgabe darin sieht, diese zum salafistischen Islam zu konvertieren. Für seine fundamentalistische Propaganda nutzt er die bei Jugendlichen beliebten Plattformen TikTok und Instagram und zählt auf zweiterer bereits über 180.000 Follower*innen. Man weiß nicht, warum Draxler und Ott nicht mehr befreundet sind, jedoch versicherte Draxler dem Lokalnachrichtenblatt „Mein Bezirk“, dass es sich bei dem Zwist um keine Inszenierung handle und dieser im Ring der „Vendetta Fight Night“ ausgetragen würde. Khalid Ott selbst hält sich mittlerweile von öffentlichen Konflikten dieser Art fern und widmet sich voll der Propagierung seines geläuterten Image als gläubiger Muslim und der Rekrutierung von radikal-islamistischem Nachwuchs.

Wie tief Draxler in das neonazistische Milieu Österreichs involviert ist, kann an einer Begebenheit illustriert werden, die sich am 24. Juni 2022 bei der „Austrian Fight Night 5“ in Baden abgespielt hat. Der an dem Wettkampf teilnehmende Draxler wurde, neben Stefan Swoboda, auch von Thomas Cibulka und Markus Wieneritsch in den Ring begleitet – beides amtsbekannte und gut vernetzte österreichische Neonazis. Bei Wieneritsch handelt es sich um einen Kader von Unsterblich Wien, während Thomas Cibulka ein innerhalb des rechtsextremen Spektrums langjährig gut vernetzter Neonazi ist, mit dem wir uns neben der bereits erwähnten Recherche, auch in unserem Artikel zur Hooligan-Szene der Corona-Rechten, sowie jenem zur Corona Querfront rund um Gottfried Küssel schon ausführlich beschäftigt haben. Bei dem Event am 24. Juni 2022 war vor allem auffällig, dass die rechtsextremen Begleiter gemeinsam in Unsterblich-Kutten aufgetreten sind. Cibulka und Swoboda trugen zwar keine homogenen Modelle, wie das etwa bei MCs üblich ist, „Streetgang“ und „Hooligan“ zierten jedoch bei beiden die Seiten der Kutten, darüber nicht klar erkennbare Patches, einer davon im Stil des alten Unsterblich-Logos, das selbst wiederum an das Symbol des Neonazi-Netzwerks Blood & Honour angelehnt ist.

Dass Christian Draxler mit einschlägig erkennbaren Neonazis ohne Bedenken bei einem anerkannten MMA-Turnier einlaufen und nach dem Kampf von diesen brüderlich empfangen werden kann, ohne dass dies im Kampfsport-Milieu für Aufsehen sorgt, verdeutlicht, mit wie viel Gleichgültigkeit innerhalb der Szene mit rechtsextremen Vereinnahmungen umgegangen wird. Vor diesem Hintergrund müssen Christian Draxlers Verbindungen in die neonazistische Hooligan- und Kampfsport-Szene neu bewertet werden: War bis zu der letzten AFN unklar, wie tief Draxler in die rechtsextreme Szene (v. a. der Hooligan-Szene der FK Austria Wien) verankert ist, kann dies mittlerweile klar beantwortet werden. Besonders brisant ist in diesem Kontext, dass seit 2020 die Stadtpolizei Baden und andere Polizeidirektionen in Christian Draxlers „MMA-Academy“ trainieren. Wie NÖN-Online zu entnehmen ist, würden sich mehrere Polizeieinheiten in dem Kampfsportzentrum polizeitaktisch für „den Ernstfall vorbereiten“. Der Umstand, dass Polizeieinheiten in einem Kampfsportzentrum trainieren, in dem rechtsextreme Kader ein und aus gehen und dessen Besitzer sich von amtsbekannten Neonazis in den Ring begleiten lässt, zeigt, wie gleichgültig nicht nur innerhalb der Kampfsport-Szene selbst, sondern auch innerhalb der österreichischen Gesellschaft und dessen staatlichen Institutionen mit dem Phänomenbereich Rechtsextremismus umgegangen wird.

Kommerzielle Interessen und rechtsextreme Finanzierungsstrukturen

Bei Fightero Sports handelt es sich um kein dezidiert rechtsextremes Branding, jedoch ist die Marke aufgrund ihrer geschäftlichen Beziehungen zu vielen einschlägigen Gyms für die Analyse von rechtsextremen Strukturen im Kampfsportbereich und deren Finanzierung von hoher Relevanz. Denn, nicht nur die „MMA-Academy“ und das „Instinct Gym“ verfügen über einen Fightero-Vertrag, sondern auch das „Fox Gym“, dessen Leiter der neonazistische Eisern Wien Hooligan Henry Bannert ist. Gleiches trifft auf das „Iron Fist Gym“ zu, das im Besitz des United Tribuns Nomads MC ist und in dem bekannte islamistische Akteure trainieren, wie wir bereits in unserer ursprünglichen Recherche dargestellt haben. Auch das stark rechtsoffene „Invictus BJJ“ in Wien, dessen Leiter der gut in die rechtsextreme Szene von Rapid Wien vernetzte Marc Reifberger ist, sowie das ebenso rechtsoffene „Knockout Gym“ in Korneuburg, wo der K1-Kämpfer Daniel Cikarevic, der über gute Kontakte zu den United Tribuns verfügt in leitender Funktion ist, stehen in einem Naheverhältnis zu der Marke Fightero Sports. Selbiges gilt für „Boxclub Rapid Wien“, wo unter anderem Patrick Rainer, aber auch Daniel Cikrevic trainieren und die „Vendetta Fight Night“ (VFN), bei der die Marke als Sponsor auftritt. Das Problem an Geschäftsbeziehungen dieser Art ist, dass unterschiedliche extremistische Milieus und Akteur*innen der organisierten Kriminalität unter dem Deckmantel der „Neutralität“ zusammenarbeiten, um geteilte ökonomische Interessen zu realisieren und mediale Reichweite zu maximieren. Weil die menschenverachtende Ideologie und das politische Gewaltpotential, das von den genannten Akteur*innen ausgeht, niemanden in der Szene interessieren, können alle Beteiligten ungehindert ihren geschäftlichen Interessen nachgehen.

Bei Events wie der CFS oder der am 24. September 2022 stattgefundenen Vendetta Fight Night können die Verbandelungen im Kampfsportbereich dann live beobachtet werden: Während der rechtsextreme MMA-Kämpfer Patrick Spirk kämpfte, stellte Henry Bannert sein Gesicht und Szene-Image für die Bewerbung des Events zur Verfügung. Organisiert wurde das Turnier von dem United Tribuns Nomad MC Vienna unter dem türkischen Faschisten Bülent Saglam und im VIP-Bereich ließ sich HC Strache mit Christian Draxler ablichten. Strache ließ es sich im Übrigen nicht nehmen, mit der versammelten Mannschaft der United Tribuns und mehreren Kämpfern im Ring zu posieren.

Auch die Crew der VFN zeugt von unseligen Querverbindungen: Den Ringrichter gab dieses Mal der MMA-Pro-Fighter Bogdan Grad, der zum Einen im österreichischen Nationalkader integriert ist, aber etwa auch als Ringrichter bei der AUTMMAF-Newcomer-Challenge fungierte; ebenso der Cutman und Landespräsident der AUTMMAF-Salzburg Roland Aicher hat kein Problem für ein United Tribuns-Event tätig zu sein. Verwunderlich ist auch das nicht, denn: Selbst Gehard Ettl hat keinerlei Scheu sogar mit dem türkischen Faschisten Bülent Saglam öffentlich aufzutreten, ja sogar gemeinsame Pressekonferenzen abzuhalten. Wie wir schon im letzten Text zu den Vestrickungen der Kampfsportszene mit dem organisierten Rechtsextremismus gezeigt haben, stellt das eine durchgängige Kontinuität dar: Schon seit etlichen Jahren pflegen die Ettls Kontakte auch zu rechtsextremen Akteuren wie Dorian Pridal oder Christian Draxler. Und auch auf Social Media findet sich mehr als ein Bespiel, wo die Brüder etwa das rechtsextreme Zitadellen Gym liken oder deren Content teilen.

Vor dem Hintergrund ist dann auch die Einladungspolicy oder aber das Verhalten der Ettls in Bezug auf den Aufbau der CFS, aber auch der AUTMMAF nicht weiter verwunderlich. Und ebenso wenig scheint es die dort antretenden Fighter*innen zu kümmern, mit wem sie sich da im Oktagon messen: So posierte der Grazer PdV-Aktivist, Identitäre und Kampfsportler (Boxen und Kickboxen) Manuel Papst nach Fischers Kampf mit selbigem neben dem Ring. Papst kann auf einige Jahre als aktiver Rechtsextremist zurückblicken, dürfte noch immer in aktiven rechtsextremen Kreisen verkehren (Papst war mehrfach bei Demonstrationen der Corona-Rechten anwesend) – mittlerweile ist er in den Support-Strukturen der Grazer Hells Angels angekommen. Papst kämpfte zuletzt (englisches Boxen) beim Branchenboxen 2022 in Graz (seine Ecke trat dabei mit Hells Angels-Supporter Shirts auf und Papst selbst posierte mindestens ein Mal mit einem hochrangigen Hells Angels-Member aus Graz), trat aber genauso schon bei Landes- und Staatsmeisterschaften im Kickboxen an (letztes Jahr Gold bei den steirischen Landesmeisterschaften im Kickboxen). Papst dürfte regulär in seinem Wohnort Köflach beim Verein „Kickboxen Köflach“ trainieren.

Neben dem Motiv der Gleichgültigkeit sind es vor allem auch finanzielle Interessen, die dazu beitragen, dass die Unterwanderung des österreichischen Kampfsportes durch rechtsextreme Akteur*innen unthematisiert bleibt.

Problemfeld Kampfsport und zivilgesellschaftliches Engagement

Die oben dargestellten Verstrickungen zwichen organisierter Kriminalität der 1% MC-Szene, neonazistischer und rechtsextremer Gruppen sowie Einzelakteur*innen und regulärem Kampfsport-Milieu sind nicht neu, sondern spiegeln eine lange Kontinuität in der Entwicklung rechtsextremer Milieus und Szenen wieder. Ausführlicher haben wir dies im Text zur „Sportgemeinschaft Noricum“, der diesem Update hier voranging, behandelt und anhand eines besonders eindrücklichen Beispiels dargestellt. Dass sich Ähnliches auch in Deutschland seit den 1990er-Jahren abspielt, haben Kolleg*innen vielfach tiefgreifend analysiert, exemplarisch wollen wir hier auf die ausführliche Beschäftigung in der Broschüre „Netzwerk von Kameraden. Von „Blood & Honour“ zum „Nordbund“: Kontinuitäten einer niedersächsischen Neonazizelle“ hinweisen, die besonders drastisch die Verschneidung von OK-Milieu mit Neonazismus darstellt.

Dass bei diesen Verstrickungen hochgradig gewaltaffine Szenen aufeinander treffen und sich kooperativ vermischen, birgt klarerweise gröbere Gefahrenquellen in sich: Zum Einen bringt das rein männerbündische MC-Milieu massig Jobs im kriminelle Bereich mit sich, Türsteherei, Drogen- und Menschenhandel, Betrieb von Bordellen sind gang und gäbe, daraus resultierend Geldkapital, das an allen staatlichen Kontrollstellen vorbei erwirtschaftet wird. Zum anderen verfügt das MC-Klientel zumeist auch über gut bestückte Waffenarsenale unterschiedlicher Art, Munition sowie An- und Verkaufsmöglichkeiten für solche Bestände. Wichtig zu beobachten ist hierbei auch die Entwicklung eines professionalisierten Umgangs mit krimineller Betätigung, aber eben auch in Bezug auf klandestine Organisierung aufgrund der zusätzlichen staatlichen Verfolgung durch die zuständigen Landes- und Bundeskriminalämter. Dass nun auch noch das kommerziell rentable Kampfsport-Business (nach der Tattoo- und Ink-Szene) in dieses Feld drängt und rentable Verbindungen aufbaut, ist zwar nicht verwunderlich – ist Kampfsport doch sowohl für das OK- wie auch rechtsextreme Milieu für all ihre Praxis grundlegend – doch in dieser in Österreich vorliegenden Offenheit schockierend.

Dass es allerdings auch nicht zwangsläufig auf eine Verbindug ins OK-Milieu hinauslaufen muss, zeigt die IBÖ: Dort gefällt man sich eher in der gehoben-bourgeoisen Welt akademischer Burschenschaften, gründet Startups (siehe oben „Moker“ etwa oder aber die hippe Umzugsfirma „Robins Umzüge“, die Robin Engelhart gegründet hat) und regulär gelistete Firmen – diese dienen als Geldquelle, solange der Kamfsport noch nicht rentabel ist. Das darunter jedoch auch Schießstände und Gyms sowie paramilitärische Schulungen fallen, die dann diverse Dimensionen alltäglicher Lebensbewältigung einen (also reproduktive Aufgaben, politische Praxis und Freizeitgestaltung), zeigt wie prekär auch hier die Situation ist und in welche Richtung die rechtsextreme gesamt tendiert.

Dieser Prozess der Professionalisierung und Militarisierung kann sich auch deshalb so ungestört ausweiten, weil dieser in einem abgeschotteten, diskursiven Parallel-Universum zu bestehen schein, was schwer bedenklich ist: Keinerlei gesellschaftliche Verhandlung greift die groben Missstände in diesem stetig wachsenden Sportfeld auf, keinerlei interne Initiativen analog etwa zu dem (mittlerweile aufgelassenen) deutschen Projekt „Runter von der Matte“ oder „Vollkontakt“ sind vorhanden. Und selbst nachdem problematische Verhältnisse publik gemacht werden, regt sich kein Widerstand gegen rechtsextreme Umtriebe – im Gegenteil: Man belässt sie, wo sie sind, meidet ein gesellschaftliche Problemfeld, wo dringendster Handlungsbedarf bestünde. Zwei Beispiele sollen das nochmals illustrieren:

Liam Harrison gibt am 2. Oktober 2022 im „Fox Gym“ einen Muay Thai-Kurs.

So etwa bot am 2. Oktober  2022 der achtfache Muay Thai-Worldchampion Liam Harrison Kurse im vom Neonazi-Hooligan Henry Bannert geführten Fox Gym an. Kein Sportverband, keine Einzelpersonen oder sonstige Akteur*innen interessierten sich für den mehr als fatalen Fakt. So kann sich Bannert weiterhin als profunder Kampfsportler geriereren, seine eigene Historie als schwerer Gewalttäter wegleugnen und dann noch junge Menschen in einem völlig unreflektierten Umgang mit Kampfsport, Gewalt und subjektiven Verhaltens und Handelns sozialisieren. Beispiel zwei greift nochmals die Vendetta Fight Night auf: Gerade erst wurde in Deutschland die gesamte Struktur der United Tribuns verboten, zahlreiche Hausdurchsuchungen fanden statt. In Österreich hingegen herrscht auch hier Stillschweigen – nicht nur die MCs unter einander verstehen sich gut, auch der Staat scheint sich mitsamt Zivilgesellschaft in der wohlweislich über Jahrzehnte hinweg eingeübten Rolle apathischen Wegschauens zu gefallen. Der nicht minder kriminelle österreichische Ableger ist auch hier in diversen OK-Bereichen (Suchtmittelkriminalität, „Rotlicht“-Kriminalität, Türsteherei usw.) aktiv, ist mit der rechtsextremen Szene bestens vernetzt; doch all dies scheint kein Grund zu sein, dass dagegen zumindest einmal ein diskursives Bewusst-Machen entsteht.

Solange man sich in Österreich in der Rolle gefällt, neutrales Rückzugsgebiet für jede nur erdenkliche Form reaktionären Gedankengutes zu spielen, wird sich die Rechte generell, aber v. a. eine hochgradig militante, gut vernetzte, über Kontakte ins schwere OK-Milieu verfügende rechtsextreme und neonazistische Szene weiter ausbreiten. Immer mehr rechtsextreme Männerbünde und Gruppen orientieren sich an den stark hierarchisch organisierten MCs – Hells Angels, United Tribuns, Gremium, Final Dawn (samt Orange Brotherhood) und deren Umfeld und weitere verweben sich immer enger mit einschlägig neonazistischen und rechtsextremen Gruppierungen und steter Angelpunkt: die Kampfsport- und Ink-Szene. Es ist an der Zeit, solche Kulminationen endlich auch gesellschaftlich zu bearbeiten und nicht unbeachtet wegzuleugnen – wozu aber zu allererst einmal der Schritt getan werden muss, die Probleme als existent und relevant anzuerkennen. Wenn dies nicht passiert oder allein kurzfristige durch Lippenbekenntnisse abgespeist werden kann, wird rechtsextremen Umtrieben auch in Zukunft kaum etwas entgegenzusetzen sein.

Hitlergrüße, NS-Tourismus und die grenzüberschreitenden Vernetzungsversuche des Neonazi-Skinhead Mario „Kahl“

Update: Wie Kolleg*innen ermitteln konnten, handelt es sich bei den beiden Kameraden, die mit Mario „Kahl“ in Mainz auf der Demo der NSP gewesen sind, um das NSP-Member Arthur Beidin und den Neonazi im NSP-Umfeld Leonard Tustonjic. Beide sind amtsbekannt und momentan Angeklagte in einem Verfahren: Wie Rechte Umtriebe Ulm berichtete, zeigten die beiden mit Alex Hilbig (ebenso NSP) am 05. Juni 2022 vor einer Synagoge eine Schwarze Sonne sowie ein Transparent, das vor einem „White Genocide“ warnt. Darüber hinaus war auch Anita Amasi (ebenso NSP-Umfeld) mit „Kahl“ in Mainz unterwegs und dürfte mit „Kahl“ auch freundschaftlich verbunden sein.


Am 13. August 2022 fand ab 12:45 ein teilweise konspirativ organisiertes Neonazi-Treffen in Wien statt. Maßgeblich organisiert hatte es der Wiener Neonazi-Skinhead Mario „Kahl“ (faktischer Nachname zu diesem Zeitpunkt unbekannt, wohnhaft ist er in Wien Favoriten, 1100), nach dem aktuell aufgrund eines Vorfalls am 15. Mai 2022 gefahndet wird: Er und ein Kamerad (Name unbekannt) sollen in der U3 Station Hütteldorfer Straße NS-Parolen gerufen und rassistischen Aussagen getätigt sowie Fahrgäste angepöbelt haben. Wie dieser Artikel zeigt, handelt es sich bei diesem Vorfall nicht um einen Einzelfall, sondern um ein notorisches Verhaltensmuster, mit dem der Neonazi Mario „Kahl“ immer wieder (sowohl vor als auch nach dem 15. Mai 2022) aufgefallen ist.

Zu dem besagten Neonazi-Treffen am 13. August waren Neonazi-Skinheads aus Ungarn angereist, später stießen zum Abendessen bekannte Wiener Exponenten des Tanzbrigade-Milieus zu der Gruppe, so u. a. Bernhard Burian, Markus Horváth und jener jüngere Neonazi, der mehrfach auf Demos der Corona-Rechten mit Hakenkreuz-Kette in nämlichen Umfeld in Erscheinung getreten war.

Das angekündigte Programm des Treffens startete beim Haupteingang des Wiener Westbahnhofs, an dem die anwesenden Skinheads vorab rund eine Stunde lang Alkohol konsumierten. Darauf folgte ein bereits im Vorfeld angekündigter „Marsch“. Während vor dem Treffen relativ unklar war, was genau unter dem angekündigten „Marsch“ zu verstehen sei, stellte sich dann heraus, dass damit eine Art gemeinsame Sightseeing-Tour entlang biografischer Stationen Adolf Hitlers in Wien gemeint war: Die Neonazi-Gruppe besichtigte zuerst ein Wohnhaus in der Felberstraße 22, 1150 Wien, in dem Hitler am 18. November 1908 eine Wohnung bezogen hatte. Danach führte „Kahl“ die Gruppe wiederum über den Westbahnhof in die Stumpergasse 31 – dort hatte Hitler mit August Kubizek Anfang des Jahres 1908 gewohnt, bis der Umzug (aus sich verschlechternder finanzieller Situation) in das besagte Wohnobjekt in Rudolfsheim-Fünfhaus erfolgte.

Während Unklarheit herrscht, wie genau das nazistische Gedenkritual im Objekt in der Felberstraße ablief, postete die Gruppe – die auf martialische Selbstinszenierung in den sozialen Medien setzt – im Stiegenhaus Bilder, die mehrere Teilnehmer beim wiederholten Zeigen von Hitlergrüßen abbilden. Die Fotos selbst erschienen auf dem Account von Balasz Földesi („Balage Wolf“ auf Facebook), einem ungarischen Neonazi-Skinhead aus Bekescsaba, der zeitweise in Moosbach, Dietraching 22/5, 5271 Oberösterreich, wohnhaft ist (offiziell gemeldeter Nebenwohnsitz).

Nach dem zweiten Stopp in der Stumpergasse kehrte die Gruppe an der Ecke Fügergasse in das Wirthaus „Zum Wohl“ ein um den kameradschaftlichen Umtrunk fortzusetzen. Danach zog die Gruppe in Richtung Innenstadt, spätnachmittags folgte dann eine Besichtigungstour des „Graben“, 1010 Wien, sowie Fotoaufnahmen vor dem Stephansdom. Beim abendlichen Vernetzungstreffen in der einschlägig bekannten Lokalität „Gasthaus zur Alm“ in der Innstraße 16, 1020 Wien, trafen dann auch noch die bereits genannten Tanzbrigade-Exponenten ein: Im „Gasthaus zur Alm“ wurden u. a. Festivitäten und Treffen der Identitären Bewegung Wien ausgerichtet, ebenso wie klandestine Konzerte der nicht mehr existenten B&H Vienna-Gruppe – lange Zeit wurde es auch vom ehemaligen B&H-Mitglied André Herold geführt, der u. a. auch mit dem wegen Totschlag verurteilten Neonazi Jürgen Kasamas trainierte. Nach dem gemeinsamen Essen folgten weitere mediale Inszenierungen, dieses Mal mit großer Reichskriegsfahne. Die ungarischen Kameraden dürften am nächsten Tag vom Wiener Hauptbahnhof wieder abgereist sein – „Kahl“ resümierte auf Facebook: „Tolles Wochenende mit vielen guten Kameraden gehabt“. Das Foto selbst fand sich wenige Tage später auf einem einschlägigen Telegram-Kanal, der Neonazi-Hooligans aus ganz Europa als Plattform dient, um sich den Kameraden aus dem Ausland zu präsentieren.

Zur Person Mario „Kahl“ ist festzustellen, dass er in der Wiener Neonazi-Szene kein Unbekannter ist: Seit einigen Jahren konnte seine rege Teilnahme an rechtsextremen Events und Demonstrationen festgestellt werden: So nahm er etwa an der Symbolverbotsdemonstration der Identitären Bewegung am 31. Juli 2020 teil sowie an diversen Demonstrationen der Corona-Rechten im Umfeld der Tanzbrigade, aber auch im Ausland am sogenannten „Tag der Ehre“ 2022 in Budapest bei der untersagten neonazistischen Kundgebung am Kapisztrán Platz sowie bei dem von Antifaschist*innen erfolgreich blockierten Demonstrationsversuch der „Neuen Stärke Partei“ am 16. Juli 2022 in Mainz. Nach Mainz war Mario mit zwei weiteren Neonazis angereist. Erst am Freitag, dem 12. August (ein Tag vor dem Kameradschaftstreffen) provozierte er mit dem, teilweise in Bregenz wohnhaften ungarischen Skinhead Ivar „Gauksi“ an einem Wahlkampfstand von Alexander Van der Bellen auf der Mariahilferstraße, indem sie die rechte Hand mit geschlossener Faust zum Hitlergruß hoben und die anwesenden Wahlkampfhelfer*innen als „Volksverräter*innen“ diffamierten.

Überdies pflegt Mario „Kahl“ enge Kontakte in die ungarische, aber auch tschechische Neonazi-Skinhead-Szene: Das dürfte auch daran liegen, dass sowohl Kahl als auch seine ungarischen Kameraden versuchen, ein Revival des subkulturellen Szenehabitus der Baseballschlägerjahre der 90er herbeizuführen und in Ungarn eine äußerst lebendige Subkultur offen auftreten kann, die auch regelmäßig von Gleichgesinnten aus dem Ausland besucht und als Vernetzungsort genutzt wird. Regelmäßig werden in Ungarn große Rechtsrockkonzerte abgehalten, die einschlägiges Publikum aus ganz Europa anziehen. Hungarian Hammerskins, Légió Hungaria, B&H Hungary plus C18 Magyarország, Magyar Gárda sowie diverse weitere neonazistische Gruppierungen können in Ungarn relativ ungestört auftreten und werden von Fidesz und Jobbik teilweise sogar gesponsort. Erst vor kurzem konnte „Kahl“ u. a. mit Földesi und Diana Szöllősi Anfang Juli 2022 in Velence (am Velence See nahe Budapest) beim „Rock Strand“-Festival, wo u. a. die neonazistischen Rockbands Nemzeti Front und Hundriver auftraten, identifiziert werden. Auch am 23. April 2022 war „Kahl“ zur „Brutal 88 Party“ nach Budapest gereist, wo die deutsche Neonazi-Band „Blutzeugen“ auftrat – dort posierte er u. a. mit SS-Totenkopf und schwarzer Sonne. Regelmäßig auch ist „Kahl“ zu Fußballspielen auswärts in Ungarn, Tschechien oder der Slowakei unterwegs: So etwa – wie unten stehende Bilder zeigen – mit Bernhard Burian und Balasz Földesi in Budapest bei einem Spiel von Ferencváros. „Kahl“ selbst gibt online immer wieder damit an, gute Kontakte in die Wiener Hooligan-Szene zu pflegen, es bleibt aber unklar, inwiefern tatsächliche, aktive Vernetzung abseits der Gruppe um Burian besteht.

Dass der Identitätsgewinn des subkulturellen Daseins für Mario „Kahl“ von besonderer Bedeutung ist, zeigen seine diversen Profile in den sozialen Medien: Regelmäßig werden diese gesperrt, da immer wieder massive neonazistische Hetze und NS-Content darüber verbreitet werden. Besonders bizarr ist Kahls offen zur Schau gestellte Faszination und Bewunderung für Adolf Hitler – er dürfte sich ausführlich mit dem Leben Hitlers in Wien befasst und sich in die Biografie seines Idols „hineingefühlt“ haben. So finden sich in den sozialen Medien etwa Bilder von „Kahl“, auf welchen er vor dem Kunsthistorischen Museum und der Akademie der Bildenden Künste in Wien posiert, samt Bildbeschreibung, Hitler hätte sich dort wohl vergebens beworben. Fast immer dabei: „88“ als Szene-Code für „Heil Hitler“. Auch die gewählten Profilnamen weisen auf die einschlägige Gesinnung hin: So finden sich mittlerweile öfter Variationen rund um den „Ostara“-Begriff als Benutzername. „Ostara“ entstammt dem paganen Kultleben im angelsächsischen Raum und dürfte mit unterschiedlichen Matronenkulten in Verbindung gestanden haben. Wichtiger ist jedoch der Konnex zu der von Jörg Lanz von Liebenfels in Wien herausgegebenen ariosophische Zeitschrift „Ostara“: Bis Anfang der 60er-Jahre galt die Hypothese, dass die Ariosophie als Hauptgrundlage des Hitlerismus zu betrachten sei und Hitler die Zeitschriften von Liebenfels zentral rezipiert habe als historisch valide, ist jedoch heutzutage wissenschaftlich widerlegt. Für den Hitler-Adoranten „Kahl“ dürften diese Details jedoch nicht von großer Bedeutung für seinen ideologischen Kampf um eine Rückkehr Österreichs in das „Deutsche Reich“ sein.

In der Analyse ist außerdem die hohe Gewaltaffinität und der militante Rassismus von „Kahl“ und seinen Kameraden hervorzuheben: So etwa verschickte er via Instagram Fotos mit in seinen Augen „gemischtrassigen“ Paaren, die er im 10. zuvor in einem Park abfotografiert hatte. Das Bild kommentiert er als „Rassenschande“ und stellt fest, dass er so etwas überhaupt nicht verstehe. Nur logisch ist es dann auch, dass „Kahl“ sich selbst als „Arier“ bezeichnet, dessen Leben sich einzig und allein darum drehe, Österreich wieder für Arier bewohnbar zu machen, um es dann an Deutschland anzugliedern. Dass diese Parolen nicht nur leere Drohungen sind, sondern „Kahl“ und seine Kameraden auch bereit dazu sind, ihre Ideologie auf die Straße zu tragen, zeigt ein anderer Vorfall: „Kahl“ wurde per jahrelangem Betretungsverbot aus einem Lokal am Schwedenplatz geworfen, weil er eine schwarze Person mit massivster Gewalt bedroht hatte. Auch seine hochfrequentierten Nachrichten via Instagram, die zumeist Szenecodes wie etwas die Zahl „88“ in Form von schwarzen Billardkugeln enthalten, oder Fragen nach der generationalen Quote von Österreicher*innen im Familienstammbaum und Anmerkungen, dass das Waldviertel nicht schön, sondern „arisch“ sei, geben Auskunft über den bereits weit fortgeschrittenen Grad seiner Radikalisierung.

Mittlerweile halten sich viele bekennende Neonazis mit öffentlichen Statements und Postings wegen §3 des Verbotsgesetzes zurück und haben vieles in private Konversationen ausgelagert, „Kahl“ ist diesbezüglich allerdings auffällig unvorsichtig. Allerdings ist Kahl trotz der offen zur Schau gestellten Bekenntnisse zum Nationalsozialismus in der Wiener Neonazi-Szene durchaus vernetzt: Er hat vor allem zur rechtsextremen Hooligan-Szene rund um Tanzbrigade und Eisern Wien Kontakte sowie zu Exponenten des Wiener Final Dawn-Chapters rund um Marco Singraber. Hauptanknüpfungspunkt für ersteres Milieu dürfte erneut Bernhard Burian sein: Das verdeutlichen auch die oben abgebildeten Fotos – Burian dürfte wie kaum ein anderer der jungen Neonazi-Riege in unterschiedlichen rechtsextremen Spektren agieren und versuchen, potenzielle Kameraden für seine Sache zu rekrutieren. Dies dürften jedoch die einzigen Personengruppen der unmittelbaren NS-Szene sein, mit welchen Kahl gut vernetzt ist. Es ist davon auszugehen, dass das überinszenierte zur Schau-Tragen von NS-Klischees der 90er-Jahre und das, auch gerade in Bezug auf mögliche staatliche Repression unvorsichtige Auftreten, nicht nur für Bewunderung innerhalb der „nationalen“ Szene, sondern auch für Spott und Kritik sorgt. So sah sich Kahl etwa in Form eines längeren Sprechbeitrags dazu gezwungen, zu umfassender Kritik an seinem öffentlichen Auftreten Stellung zu nehmen, die aus dem eigenen Lager gekommen war. Seine Rechtfertigung lautete kurz gefasst: Ein Nationalist muss so wie Kahl selbst auftreten, das ethnische Verkommen Deutschlands und Österreichs zwinge der Szene diese Form von totaler Opposition und scheinbarer Unversöhnlichkeit regelrecht auf.

Somit kann abschließend resümiert werden: Mario „Kahl“ ist durchaus als gefährlicher Aktivist innerhalb des neonazistischen Milieus Österreichs einzustufen. Dies begründet sich allerdings weniger durch seine Aktivitäten als Netzwerker, Ideologe oder Führungsfigur. Der überinszenierte Habitus kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei Mario „Kahl“ weder um einen außerordentlich begabten, noch besonders professionellen Kader der rechtsextremen Szene handelt. Viel mehr ist „Kahl“ aufgrund seiner fanatischen Fixation auf Hitler und den NS-Staat, sowie den von ihm ausgerufenen Kampf für die „arische Rasse“ als gefährlich einzustufen. Die hinzukommende Idealisierung von Gewalt gegen Menschen, die nicht in das Weltbild von ihm und seinen Kameraden passen, verstärken den Eindruck einer unberechenbaren und instabilen Persönlichkeit, die in einer enthemmten Gruppendynamik wie der vom 13. August 2022 v. a. auch nach massivem Alkoholkonsum (oder aber im Rahmen seiner regelmäßigen Alkoholexzesse in seinem Stammbeisl „Da Capo“ in der Laxenburger Straße 65, 1100 Wien) eine Gefahr für die Öffentlichkeit und insbesondere als „minderwertig“ gelesene Personengruppen und politische Gegner*innen darstellt.

„Corona Querfront“ – Die neonazistischen Netzwerker*innen der Corona-Demonstrationen

Zum 91. Mal – so die Eigenwerbung auf dem hauseigenen Telegram-Kanal – hatte die Gruppe „Corona Querfront“ (CQ) am 31. Juli 2022 in der Eisenstädter Innenstadt ihren Infotisch aufgebaut. Bei den freitäglichen Veranstaltungen handelt es sich auf den ersten Blick um nichts allzu Spektakuläres: Tisch, das (nun sattsam aus Wien und Eisenstadt bekannte) gelb-schwarze Banner, rundherum 3-4 Aktivist*innen, die ihr „Wissen“ rund um eine Covid-19-Verschwörung zum Besten geben. Es sind meist keine bekannten Rechtsextremist*innen, die da auftreten, sondern ältere Leute, szenepolitisch unbekannt, oft aus der Region (Eisenstadt und Eisenstadt-Umgebung) stammend, die mit ihrer „Erfahrung“ rund um das Einspruch-Einlegen gegen Verwaltungsstrafen werben (etwa wegen fehlender Maske in öffentlichen Verkehrsmittel o. Ä.) und mit angeblichem Insider-Wissen rund um die globale Corona-Verschwörung regelrecht protzen. Die gekonnte Inszenierung zeichnet ein Bild, das nicht von dem abweicht, was sich in dutzenden anderen Städten und Dörfern in kleinerem wie größerem Ausmaß wöchentlich abspielt: SARS-Covid-19 lediglich eine Verschwörung, die Maßnahmen der Regierung ein Mittel zum Zweck der Errichtung einer Diktatur, die nach globalem Geheiß operiert.

Das Bild der bemühten Corona-Aufklärer*innen brechen jedoch die veranstalteten Demonstrationen der gleichen Gruppe, die seit 06. Februar 2021 jeden ersten Samstag im Monat stattfinden: Denn dort lassen sich ab etwa 14:30 seit Jahrzehnten aktive, international vernetzte Neonazi-Kader antreffen, um mit einem Pritschenwagen durch die Hauptstraße Eisenstadts zu marschieren. Es ist mittlerweile hinlänglich bekannt, dass das Küssel-Ehepaar, Gottfried und Karin, diese Gruppe aufgebaut hat und als legalistischen Arm in ihrem Kampf um die Wiedererrichtung eines nationalsozialistischen Regimes einsetzt. Doch die Küssel-Familie ist nicht der einzig bekannte Cluster an Akteur*innen aus dem neonazistischen Spektrum, die die burgenländische Hauptstadt monatlich in Beschlag nimmt und zur Projektionsfläche ihrer Politik des Hasses macht. Im folgenden Text widmen wir uns dem Corona Querfront-Netzwerk, dessen zentrale Akteur*innen, Verbindungen und Überschneidungen zu weiteren neonazistischen Gruppierungen sowie der Funktion von CQ im neonazistischen Milieu Österreichs und in der Corona-Rechten.

Erste öffentliche Auftritte absolvierte CQ seit Beginn der sogenannten „Corona Demonstrationen“ in Wien: Am 06. Juni 2020 marschierte Harald A. Schmidt, lang gedienter Wiener Neonazi, gemeinsam mit jungen Neonazis und Identitären durch den 01. Wiener Gemeindebezirk (Innenstadt), das mittlerweile bei allen Veranstaltungen von CQ in Szene gesetzte Transparent vorantragend. Mit Schmidt am Transparent konnten u. a. der aB! Albia-Burschenschafter und AfDler Florian Köhl, der Wiener Neonazi Bernhard Burian, der Identitäre Andrei Pavan, der neonazistische Runentattoos trägt und der junge Neonazi-Hooligan Dominik Wendel identifiziert werden (Näheres siehe weiter unten, Kapitel zu den Verbindungen von CQ zu jungen Neonazis). Zu diesem Zeitpunkt war der einizige direkte Exponent der „alten“ Neonazi-Szene Schmidt, doch dessen Geschichte ließ schon zu diesem Zeitpunkt die Vermutung zu, dass da noch mehr kommen würde:1 Im alpen-donau.info Forum „alinfodo“ hatte Schmidt unter dem Pseudonym „Athanarich“ Hitler-Zitate verbreitet. Vermutet wird auch, dass er unter dem gleichen Pseudonym schon im Thiazi-Forum geschrieben hatte. 2011, nach der staatlichen Sprengung des alpen-donau.info-Komplexes, lief dann ein Verfahren nach §3g Verbotsgesetz gegen Schmidt. Davor war Schmidt in den 70er-Jahren beim RFJ gewesen, dann bei der ANR und Ende der 80er-/Anfang der 90er-Jahre in der „Ausländer Halt“-Bewegung des verurteilten Südtirol-Terroristen und NDP-Aktivisten Norbert Burger und der internationalen Neonazi-Szenegröße Gerd Honsik 2.

Hinter dem CQ-Komplex selbst steht der Verein „Iuvalex – Gesellschaft für juristische Zusammenarbeit und Rechtshilfe Wien“, der – nicht weiter verwunderlich – an Schmidts Wohnadresse im 23. Wiener Gemeindezirk Liesing, Stachegasse 1/5/2, vereinspolizeilich gemeldet ist. In mehrfacher Hinsicht ist das Entstehungsdatum interessant: Es lautet auf den 24. Jänner 2020, datiert also in jenen Zeitraum, in dem das SARS-Covid-19-Virus gerade erst europaweit zum Problem werden würde; in Österreich wurden die ersten Fälle erst am 25. Februar 2020 gemeldet. Warum Iuvalex initial gegründet worden ist, muss also Spekulation bleiben – der Titel jedoch legt nahe, dass die Planung möglicherweise auf die Etablierung einer neonazistischen Rechtshilfe abzielte, wo Schmidt sein Wissen als ehemaliger Anwalt in Funktion einer Szene-Rechtsberatung einbringen hätte können. Klar dürfte allerdings sein, dass die Gründung des Vereins nicht per se auf CQ abgestimmt worden war.

Wirklich Fahrt nahm das Projekt dann im kommenden Winter auf: Das lag zum Einen daran, dass ab dem Sommer die Corona-Demonstrationen in Frequenz und Regelmäßigkeit sowie in ihrer personellen Masse abnahmen – was auf gelockerte Maßnahmen zurückzuführen war wie auf die Möglichkeit, draußen soziale Kontakte zu pflegen und abends etwa an öffentlichen Orten auszugehen. Mit Herbst und insbesondere Winter 2020 nahmen die Demonstrationen wieder zu, v. a. nachdem publik wurde, dass mit Anfang November wieder ein „Lockdown light“ und nur wenige Tage später ein „harter“ Lockdown verordnet werden würde. Ab den Protesten gegen den harten Lockdown nach Weihnachten 2020 (ab dem 26. Dezember) intensivierten sich die Auftritte von CQ, wodurch ab diesem Zeitpunkt auf eine konsistent arbeitende Gruppe hinter dem CQ-Logo geschlossen werden konnte.

Alte Bekannte in neuem Format

Dass CQ keine personell genuin neue Organisierung darstellte, war mit dem Erscheinen des ex-ANR-Mitglieds Schmidt als erstinstanzlicher Akteur von Vornherein klar – als überraschend aber kann die personelle Bündelung der Neonazis bezeichnet werden, da seit den gescheiterten Organisierungsversuchen rund um PdV, Pegida und FHB kaum aktive Gruppen-Präsenz auf der Straße wahrgenommen werden konnte. Zur öffentlichen Absenz dürften auch die langjährigen unbedingten Haftstrafen von Küssel, Budin und Wilhelm Christian Anderle sowie der Anhang an weiteren Verfahren nach dem Verbotsgesetz im Rahmen der alpen-donau.info-Zerschlagung beigetragen haben. Dabei darf die öffentliche Absenz jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich im Hintergrund etwa die klandestine Unwiderstehlich-Organsierung abspielte und zu mehrfachen Angriffen auf linke Projekte führte. Interessant ist jedoch die Aufteilung der Akteur*innen: Schnell lag auf der Hand, dass Küssel gezielt ganz bestimmte Leute öffentlich in Szene setzte, andere koordiniert nicht im Vordergrund tätig würden. Es scheint bei CQ aus mehrfachen Gründen eine gewisse Trennung zu geben zwischen solchen Aktivist*innen, die Strukturen im Hintergrund aufbauen und sich für (spärliche) klandestine Aktionen verantwortlich zeichnen und jenen, die sich möglichst bürger*innennah gerieren und durch freundliches, lockeres Auftreten (oft ältere Kader) über den harten Neonazismus hinwegzutäuschen suchen.

Zum öffentlichen Kern von CQ gehört neben Schmidt und Gottfried Küssel zum Ersten die Familie Küssel. Karin Küssel, geborene Schinner, war bereits in der VAPO aktiv und dort zahlreiche Male im sog. „Paulinenstüberl“ anzutreffen, wo regelmäßig nicht rein organisatorische Treffen der Wiener VAPO-Kameradschaften stattfanden, aber auch im Kameradschaftskeller in der Hornbostelgasse, 1060 Wien, wo es dezidiert um Politik und Organisierung  ging. Seit dieser Zeit ist Karin Küssel als integrale Kraft der österreichischen Neonazi-Szene zu betrachten und kann nach Gottfried Küssel wohl als eine der ranghöchsten Neonazist*innen Österreichs gelten. Während Gottfried Küssel 1992 dann in Haft musste, heirateten beide noch während der Haftperiode und zogen nach Gottfrieds Enthaftung – sie kauften ursprünglich vier Wohnungen vom Vorsitzenden der neonazistischen Wiener Burschenschaft „Tafelrunde zu Wien“  Wilhelm Ehemayer in der Oberen Donaustraße 39 – in den zweiten Wiener Gemeindebezirk. Dort betrieb Karin Küssel dann bekanntlich den „Nationalen Bioladen Naturnah“, der auf ihre Mutter, Erika Schinner, angemeldet worden war. 2001 und 2003 bekamen die Küssels zwei Kinder, Gudrun und Gerolf3 – beide Kinder waren und sind auf Corona-Demos anzutreffen, beide waren darüber hinaus auch in Eisenstadt bei den hauseigenen Kundgebungen von CQ vor Ort. Karin Küssel war dann natürlich auch im alpen-donau.info-Komplex tätig, wie auch während der Haft von Gottfried Küssel: So etwa war sie ebenso an den Organisierungsversuchen rund um den PdV-Komplex und an den Kundgebungen des Grazer Ablegers beteiligt. Bisher war Karin Küssel bei jeder Demo und jedem Autokorso in Eisenstadt anwesend, zumeist holte sie mit Gottfried zusammen auch den Pritschenwagen von der Firma „Priline“ aus Gänserndorf, um diesen nach Eisenstadt zu fahren.

Mit Lucas Tuma findet sich ein weiterer lang angedienter Neonazi in den Reihen von CQ. Schon Tumas Vater Otto war in den alten neonazistischen Kreisen Wiens aktiv, als Rechtsanwalt verteidigte er u. a. sowohl Gottfried (1992) als auch Karin Küssel (1998) bei deren Anklagen wegen Verstoßes nach §3g Verbotsgesetz. Lucas Tuma selbst war bereits in VAPO-Kameradschaften aktiv, nahm dort u. a. an Wehrsportübungen am Ottensteiner Stausee teil. Darüber hinaus teilte er mit einem weiteren VAPO-Kameradschaftler aus Eckartsau, Hermann Bahr, der auch das berüchtigte „Paulinenstüberl“ in Wien Währing betrieb, die Leidenschaft fürs Fliegen: Beide waren Mitglieder beim „Union Sportfliegerclub Eisenstadt“ und besaßen am Trausdorfer Flugfeld zwei Cessna (150 & 172) sowie eine Piper PA-28, mit denen sie als Privatpiloten Stadtflüge über Wien anboten. Unklarheit besteht für die Periode zwischen der Selbstauflösung der VAPO nach den zahllosen Verhaftungen und Verfahren gegen die Köpfe der Organisation – Tuma taucht dann in der Periode vom 25. Juli 2009 wieder als Vorsitzender der „Wiener Akademischen Ferialverbindung Reich“ auf 4, bis zur „freiwilligen“ Selbstauflösung dieser durch den sich erhöhenden Druck der Repressionsbehörden am 01. August 2011. Neben ihm war Viktor Hammermayer als stv. Vorsitzender eingetragen, Schriftführer und Kassier machte Gottfried Küssel. Nach der Zerschlagung wurde dann etwas mehr als zwei Jahre später die nächste Ferialverbindung eingerichtet: Diesmal hieß sie „Ferialverbindung Imperia Wien“, Meldeadresse noch immer die Lichtenauergasse 4, zweiter Wiener Gemeindebezirk. Da bei Vereinsmeldungen keine konkreten Haustürnummern angegeben werden müssen, bleibt die völlig exakte Örtlichkeit des Imperia-Vereins unklar, aber es kann eine begründete Spekulation angestellt werden: Von den alten Kaderwohnungen, derer es ingesamt 9 in diesem Block gab (Küssel: vier Wohnungen, ex-VAPO Stefan Tanczos: vier Wohnungen 5, Felix Budin: eine Wohnung), sind nur noch drei insgesamt im Besitz der Truppe. Auf Gottfried Küssel lauten zwei Wohnungen, auf Budin noch immer die eine, deren exakte Adresse Lichtenauergasse 4/1/22 sein dürfte.

Tuma selbst war neben Schmidt wohl der zweite Altnazi-Kader, der bereits im Frühstadium der Corona-Proteste in unterschiedlichsten Gruppen und Unterorganisationen der Corona-Rechten rekrutierte und Netzwerke schuf: ob als Redner in Kontakt mit Rutter und den Fairdenken-Organistor*innen, in kleinerem Format mit Jennifer Klauninger und der „Team HC Strache“ (THC)-Kandidatin Christina Kohl oder in Eisenstadt und Wien hinter dem Banner von CQ – Tumas Engagment für die Proteste kann als umfassend betrachtet werden. Wir werden auf die vielschichtigen Verbindungen der alten Kader weiter unten eingehen, vorab wollen wir etwas genauer die identifizierten Aktivist*innen von CQ darstellen.

Damit die Infotische, Demonstrationen und Autokorsos in Eisenstadt und Umgebung laufen, benötigt es Personen, die solche Veranstaltungen bei der zuständigen Behörde polizeilich anzeigen. Die Kundgebungen und anschließenen Demonstrationen meldete der aus Eisenstadt Umgebung stammende Neonazi Peter Rennmayr an. Rennmayr ist CQ-Aktvist der ersten Stunde, trat öffentlich in Eisenstadt als Anmelder auf, hielt jedes Mal einen der ersten Redebeiträge. Rennmayr dürfte enge Kontakte zu Gottfried und Karin Küssel pflegen (was bis zu einem gewissen Grad auf der Hand liegt) und war auch beinahe jedes Mal am CQ-Transparent bei den Aufmärschen der Corona-Rechten in Wien zu sehen.

Den Part, die Autokorsos polizeilich anzuzeigen, übernimmt – seit der Erweiterung des Aktionsfeldes seitens CQ im Format der sogenanneten „Nordburgenland Aktionstage“ – die hinlänglich bekannte Neonazistin Anita Barilich. Auch wenn rezent weniger im Rampenlicht als die bisher genannten Aktivist*innen, war Barilich schon im Rahmen der Gründung der neonazistischen „Partei des Volkes“ (PdV) involviert, in der u. a. der verurteilte österreichische Rechtsterrorist Gabor Söregi aktiv war. Barilich hatte durchwegs Zugang zu den Spitzen der PdV, wie etwa ein kolportiertes Interview mit Walter Wolfgang, einem PdV-Kader und Rechtsmilitanten aus Neusiedl am See, zeigen.

Nun ist Barilich bei CQ aktiv, erneut in zentraler Rolle: Wie sie selbst in einer Telegram-Chatgruppe offenlegte, meldet sie regulär jeden Autokorso an – perfider Grund: Einige Leute würden wohl etwas scheu sein, wenn die Familie Küssel auftauchen würde und gegebenenfalls fernbleiben, wenn Gottfried Küssel die Veranstaltung auch noch selbst angezeigt hätte. Deshalb meldet Barilich an (wohl auch um Komplikationen mit dem DSN zu meiden) und tut dies „unsicheren“ Corona-Maßnahmen-Kritiker*innen kund, um mehr Klientel anzulocken. Darüber hinaus gibt Barilich auch den Polizeikontakt bei den Demonstrationen und agiert gewissermaßen als Puffer, wenn etwa die anwesenden Skinheads Journalist*innen zu stark bedrängen: So etwa versuchte Barilich öfters eine lockere, harmlose Gesprächbasis zu etablieren, bot u. a. Polizist*innen Tee oder Essen an, oder plauderte mit Beamt*innen der burgenländischen Bereitschaftseinheit „WULKA“ über deren Einsatz bei Corona-Demonstrationen in Wien.

Liiert ist Barilich mit Mathias Albrecht, auch er war zentrales Gründungsmitglied der PdV. Die Kolleg*innen der Recherche Graz haben zu Albrecht bereits ein Dossier erstellt: So war Albrecht Ordner bei PdV-Kundgebungen, bedient offen und schamlos geschichtsrevisionistische Positionen, fordert die Wiedervereinigung Tschechiens und Österreichs mit dem „Deutsch Reich“ und hat eine Vorliebe für die Waffen-SS sowie Rechtsrock, v. a. für die 2000 aufgelöste österreichische Neonazi-Band „Schlachthaus“. Albrecht war beinahe bei jeder Demo von CQ anwesend, kann so durchaus zum Stammklientel gezählt werden.

Zum engsten Klientel dürfte auch der Neonazi, Biker und MC-Enthusiast Josef Witzani zählen. Witzani war bei jeder Demo stets von Beginn weg anzutreffen und dürfte mit Gottfried Küssel in gutem Kontakt stehen. Witzani entspringt dem Biker-Milieu und scheint v. a. Kontakte zur rechten MC-Szene in Deutschland zu pflegen, aber auch zum österreichischen Suporter*innen-Netzwerk des „Hells Angels“ MC. Darüber hinaus dürfte er in legalistischem Rahmen Obmann des Iuvalex-Vereins sein. Darüber hinaus konnte Witzanis Motorrad des Öfteren direkt neben Küssels Motorrad in der Fruchtgasse (Quergasse zur Unteren Donaustraße) gesehen werden, was zumindest offenlegt, dass Witzani des Öfteren in Wien bei Küssel gastieren dürfte.

Ebenso freundschaftlich ist Witzani mit jenem namentlich (noch) unbekannten Neonazi verbunden, der wohl als eine Art Leibwächter für Gottfried Küssel fungiert. Stets schwer vermummt und in Funktionskleidung dürfte er v. a. für die Absicherung der öffentliche Auftritte verantwortlich sein: So etwa koordiniert er in Eisenstadt meist jene Neonazis, die Journalist*innen bedrängen und am Arbeiten hindern, oder aber versucht – wie im Falle der antifaschistischen Proteste gegen den rassistischen Aufmarsch der „Freiheitlichen Jugend Burgenland“ in Deutschkreutz – linke Aktivist*innen im Rahmen von Anti-Antifa-Arbeit zu fotografieren. Dieser Funktion kam er u. a. auch bei der linken Kundgebung während des zweiten Prozesstages gegen angeklagte Antifaschist*innen nach: Dort tauchte jener Neonazi mit zwei weiteren beim Alten AKH auf, um mit Teleobjektiv die Kundgebung und ankommende Linke zu fotografieren. Darüber hinaus trat er als Ordner bei mindestens einer Demonstration von Martin Rutter auf, wo er Objektschutz für das massive Sound-Equipment machte, das vermutlich der Involvierung der FPÖ und deren finanziellen Mitteln geschuldet ist.

Zum Absicherungsteam in Eisenstadt gehört u. a. auch der Neonazi Andreas Balluf sowie seine – uns namentlich unbekannte – Lebensgefährtin, die eine schwarze Sonne auf der Brust tättoowiert trägt. Beide waren auf zahlreichen Demos der rechten Szene auch abseits der Corona-Demonstrationen zu treffen: So etwa konnte Balluf und seine Partnerin sowohl bei der IB-Symbolverbotsdemo am 31. Juli 2021 gesehen werden, wie auch in Deutschkreutz bei der rassistischen Kundgebung der FJ Burgenland. Auch online bewirbt Balluf die Autokorsos und Demonstrationen viel und ausladend – Balluf ist Anhänger diverser Verschwörungserzählungen, u. a. mit Bezug auf Q-Anon- und Finanzelitenverschwörungsnarrative. Darüber hinaus dürfte er des Öfteren längere Survivaltrainings absolvieren und einem mystischen Naturfetisch anhängen: Immer wieder verkündet Balluf seinen „Ausstieg“ aus der Gesellschaft und den Rückzug in eine als rein imaginierte Natürlichkeit.

Auch die beiden Neonazi-Kader und engen Vertrauten der Küssel-Truppe Paul Blang, der als intensiver Netzwerker in der neonazistischen Szene Wiens angesehen werden muss, sowie der hinlänglich bekannte Thomas Cibulka konnten in Eisenstadt angetroffen werden. Sie kamen zumindest zwei Male zusammen mit dem neonazistischen Austria-Hooligan Michael „Junior“ (Nachname zu diesem Zeitpunkt unbekannt) in einem Auto aus Wien angereist. Blang und Cibulka dürften grundsätzlich als freundschaftlich verbunden angesehen werden, sind sie doch zumeist zu zweit unterwegs, in rezenterer Zeit auch in der Ostkurve im Block der „Viola Fanatics“ sowie im Sektor der „Ultras Slovan Pressburg“, oder aber bei einem Konzert nahe Brno. Ihr Engagement in der neoazistischen Szene ist hinreichend bekannt und beleuchtet worden: Dass sie auch mit CQ vernetzt sind, ist deswegen nicht weiter verwunderlich, da beide unter Gottfried und Karin Küssel bereits seit Jahren Szenepolitik betreiben.

Auch ein weiterer lang bekannter Neonazi ist – bzw. war – in den Reihen von CQ aktiv: der ehemalige NVP und JNVP-Kader Mario Aulabauer. Dieser kann ebenso auf eine lange Vergangenheit in der neonazistischen Szene zurückblicken: Ab Mitte/Ende der 2000er war er im Rahmen der NVP (geboren 1989) inbesondere in seiner Funktion als Jugendsprecher aktiv gewesen, wo er u. a. für den Aufbau der JNVP zuständig hätte sein sollen. Bereits 2008 jedoch erfolgte die erste Verurteilung, die sich noch auf eine Bewährungsstrafe belief: Aulabauer dürfte Kopf einer Gruppe junger Neonazis gewesen sein, die im Raum Wr. Neustadt unter dem Namen „Weißer Widerstand Österreich“ für zahlreiche Sachbeschädigungen und Wiederbetätigunsgdelikte angeklagt worden waren. 2009 dann schon erfolgte – noch auf Bewährung – die nächste Anklage, die diesmal auch ins unmittelbare Umfeld und Zentrum der alpen-donau.info-Vernetzung führte: Gegen Aulabauer wurde erneut wegen mehrfacher Sachbeschädigung, Wiederbetätigung und ungefugten Waffenbesitzes ermittelt, diesmal im Rahmem der Gruppe „Freie Aktivisten Wiener Neustadt“. Aulabauer wurde (er saß nach seiner Festnahme in U-Haft) auf vier Jahre unbedingte Haft verurteilt, mildernd fiel u. a. aus, dass er sich geständig zeigte und „reumütig“ aussagte: Dies wiederum missfiel der NVP gleichermaßen wie den Köpfen von alpen-donau.info, allen voran dem Grazer Neonazi Richard Pfingstl. Denn der Verbund der „Freien Kameradschaft Wiener Neustadt“ – nicht nur Aulabauer zeigte sich geständig, um ein milderndes Urteil zu erlangen – war Teil der alpen-donau.info-Koordination und als solcher ließen es sich weder NVP-Kader Christian Hayer und Robert Faller, noch die Köpfe der alpen-donau.info-Seite nehmen, Drohungen an weitere mögliche Zeug*innen auszusprechen, und: Kurz nach dem Prozess wurde ein Zeuge kurzer Hand brutal zusammengeschlagen, die Täter*innen entkamen unerkannt.

Das nächste Mal dann tauchte Aulabauer in den Kontakten des rechtsterroraffinen ex-NVP-Neonazis Rudolf Prinesdomu auf: Laut Aussagen des informierten Beamt*innenvertreters des LVT Burgenland hatte Prinesdomu Aulabauer gekannt und auch in Wr. Neustadt besucht. Darüber hinaus sagte Prinesdomus Sohn aus, sein Vater habe Aulabauer größere Mengen potentes THC verkauft (kein Beweis durch das zuständige LKA). In einer kleinen Seitenbemerkung tat der Beamt*innenvertreter dann noch kund, dass Aulabauer erneut in Wr. Neustadt in Haft säße, wiederum wegen Vergehen nach §3g Verbotsgesetz. Das deckt sich grundlegend mit Informationen, dass Aulabauer 2020 erneut zu vier Jahren unbedingter Haft verurteilt worden war. Die Aussage des LVT-Beamten muss allerdings als teilweise falsch klassifiziert werden, denn feststehend ist, dass Aulabauer mehrfach an Aufmärschen von CQ teilnahm – sowohl in Eisenstadt wie auch in Wien. Das heißt im Umkehrschluss: Entweder a) waren die Informationen des aussagenden Beamten inkorrekt punkto des Haftantritts oder aber b) Aulabauer muss seine Strafe erst antreten – denn die letzten Aktivitäten Aulabauers in den Sozialen Medien datieren ins Jahr 2022.

Ebenso oft im Rahmen von CQ konnte der junge Neonazi mit Affinität für den III. Weg Marco Helfenbein gesehen werden: Helfenbein ist der Sohn der „PEGIDA Vorarlberg“-Gründerin Susanne Andrea Helfenbein, die auch auf Corona-Demonstrationen in Wien als Rednerin aufgetreten war. Die aus Hohenems stammende Neonazistin versuchte Pegida mit deutschen und schweizer Aktivist*innen (Ignaz Bearth und Michael Stürzenberger) im Dreiländereck aufzubauen, was bekanntermaßen kollosal scheiterte und zu einer Flut an internen Spaltungen der Pegida Österreich-Aktivist*innen führte. Wir verweisen für die komplexe Geschichte der Pegida-Bewegung in Österreich, deren Mobilisierungspotenzial deutlich kleiner als das in Deutschland ausfiel, auf die Berichte von SdR sowie für die Grazer und Wiener Sektion jeweils auf die Rechercheblogs der Kolleg*innen aus den jeweiligen Städten, da eine Aufschlüsselung hier den Rahmen sprengen würde. Wichtig ist für CQ nämlich v. a. Helfenbeins Sohn Marco: Denn dieser musste sich bereits am Landesgericht Feldkirch 2016 wegen mehrfacher Sachbeschädigung, Schändung eines jüdischen Friedhofs, Wiederbetätigung und versuchter schwerer Körperverletzung verantworten. Helfenbein war dabei schon in seinen Jugendjahren in der harten Vorarlberger-Neonaziszene aktiv, seine Mutter förderte dies aktiv: So dürfte Marco Helfenbein im Umfeld der „Nationalen Aktion Vorarlberg“ (NAV) organisiert gewesen sein und hatte zumindest online regen Kontakt zum „Freien Netz Süd“, das wiederum eng mit der NAV kooperierte – bekanntermaßen gingen NAV und Freies Netz Süd in der heutigen Parteistruktur „III. Weg“ auf. Die polizeiliche Einvernahme und eine psychiatrische Begutachtung ergaben, dass Helfenbein bereits mit seinen jungen 17 Jahren ein absolut gefestigter Neonazi sei, der im vollen Umfang den NS-Staat verteidigt und wieder herbeiführen wolle. Dies zeigte sich etwa auch bei der Festnahme: Dort attackierte er die anwesenden Polizist*innen mit einer Zeltstange – Ergebnis der Verhandlung: Zwei Jahre Haft, acht Monate davon unbedingt. Bei den CQ-Aufmärschen in Wien konnte Helfenbein konstant – und somit auch ideologisch stringent – mit einer grünen Haube des III. Weges gesehen werden. Darüber hinaus ist er mittlerweile auf Facebook in der Gruppe „Kriegerdenkmäler in Niederösterreich“ aktiv und posiert vor diesen des Öfteren in Pullovern und Shirts des III. Weges.  Helfenbein ist derzeit in Niederösterreich, 2231 Strasshof a. d. Nordbahn bei Wien, wohnhaft und dürfte mitterweile im Raum Gänserndorf auch arbeitstätig sein.

Neben den nun aufgeschlüsselten bekannten Aktivist*innen konnten wir einige neue Gesichter in den Reihen von CQ idenitifizieren, wobei wir hier nach der Frequenz des Erscheinens, Funktion bei den Aufmärschen, Verhältnis zu anderen bekannten Kadern, Verhältnis zur Küssel-Familie und Auftritt im Social Web 2.0 beurteilt haben, ob die Personen von politischer Relevanz sind und somit hier genannt werden. So wollen wir hier an dieser Stelle die CQ-Aktivist*innen Thomas Dunkl, Ute Stockreiter, Katharina Rosenauer, Bianca Lörner, Rene Beisteiner, Rudolf Hendling, Marlen Dorn und Jörg Schüller anführen.

Rene Beisteiner taucht seit den ersten Stunden der Demonstrationen der Corona-Rechten in Wien und Eisenstadt auf: So etwa zeigt ihn das unten angeführte Bild direkt neben Identitären bei einer der ersten Kundgebungen am Ballhausplatz, an der auch Wolfang Lechner teilnahm, darüber hinaus dürfte er die Küssels persönlich kennen.

Thomas Dunkl war auf beinaher jeder Demonstration in Wien und Eisenstadt zu sehen: Er hat v. a. guten Kontakt zu Josef Witzani und zu den Küssels. In Wien ging er fast immer am Fronttransparent von CQ. Darüber hinaus tauchte er mit Andreas Balluf, dessen Lebensgefährtin, Mathias Albrecht und Anita Barilich bei der Kundgebung der Freiheitlichen Jugend in Deutschkreutz auf, was auf klare rassistische Positionen schließen lässt.

Ähnliches gilt für Rudolf Hendling: V. a. in Wien war Hendling bei zahllosen Demonstrationen anwesend, zu Küssel zeigte sich v. a. in Eisenstadt freundschaftlicher Kontakt. In einem Auftritt in der ATV-Sendung „Alles Liebe“ zeigte Hendling besonders virulenten Sexismus sowie seine fundamentale Überzeugung vom bevorstehenden „Great Reset“.  Auf seinem Facebook-Profil postet er darüber hinaus auch (mutmaßlich) nicht-konsensuell aufgenommene Fotos von Frauen am Strand. Darüber hinaus trägt er auf seinem Unterarm ein Tattoo von Friedrich Ludwig Jahn (besser bekannt als „Turnvater Jahn“).

Bei Bianca Lörner handelt es sich ebenso um eine überzeugte Rechtsextremistin. Schon ihr Social Media-Auftritt zeugt von rechtsextremer Gesinnung, spätestens ein Blick in die Freund*innenlisten und Interaktionen zeichnet ein noch eindeutigeres Bild: Dort tummeln sich bekannte Neonazis und Rechtsextremist*innen und auch Lörner betreibt eifrige Online-Praxis. Auf den Eisenstädter Demos war sie zahlreiche Male anwesend und konnte stets als Teil der angeführten Kerngruppe beobachtet werden: So konnte Lörner auch beim Gespräch mit den Neonazi-Kadern Blang und Cibulka sowie Erich Weber (siehe weiter unten) beobachtet werden.

Lörner links mit Erich Weber (SGB-Medie, siehe untern).
Lörner mit Erich Weber (SGB, siehe unten).

Ute Stockreiter konnte ebenso bei beinahe allen Veranstaltungen von CQ in Eisenstadt gesehen werden: Als eine der Ersten trug sie die gedruckten Shirts von CQ und gab Instruktionen an Mitdemonstrierende. Sie dürfte Kontakt zu diversen Exponenten der ostösterreichischen Corona-Leugner*innen-Szene haben wie etwa der bekannten Aktivistin Jennifer Summer, die auch an mindestens einem Autokorso in Eisenstadt teilnahm.

Auch Katharina Rosenauer, die in Purbach am See den Lebensmittel- und Gärtnereiladen „Landprodukte Rosenauer“ betreibt, konnte bei sämtlichen Demos von CQ in Eisenstadt angetroffen werden, wo sie stets entweder Flaggen oder Transparente hielt, oder aber in Richtung anwesender Journalist*innen pöbelte. Sie ist überzeugte Corona-Leugnerin, affiziert die Impfung mit Verschwörungserzählungen und vertritt nationalistische Positionen – auch bewirbt sie die Veranstaltungen von CQ regelmäßig online.

Marlen Dorn ist ebenso dem Eisenstädter Corona-Leugner*innen-Milieu zuzuordnen und reproduziert krudeste Verschwörungsnarrative aus dem Q-Anon Bereich sowie Inhalte des wegen Wiederbetätigung verurteilten Zahnarztes Jaroslav Belsky. Sie konnte v. a. in Wien in den Frontreihen von CQ beobachtet werden, hat Kontakt zur unmittelbaren CQ-Gruppe wie auch zu bekannten Exponenten der Corona-Rechten wie etwa dem Klauninger- und SGB-Umfeld zugehörigen Aktivist Marek Kostyrk.

Enger bekannt mit Marlen Dorn dürfte auch Jörg Schüller sein: Ebenfalls in Purbach ansäßig, betreibt Schüller den Familienbetrieb „Malerei Schüller“ in Purbach am See. Schüller war mehrfach sowohl in Wien als auch in Eisenstadt im direkten Umfeld von CQ und Gottfried Küssel zu sehen, auch trug Schüller mindestens ein Mal das Front-Transparent von CQ in Eisenstadt.

Unterstützer*innen und Umfeld von CQ

Neben den oben abgebildeten Akteur*innen, die eine Art Kernformation der CQ-Gruppierung konstituieren, die sowohl organisatorische Abläufe regelt, die Bespielung des Telegram-Kanals sowie die Bewerbung von Kundgebungen, Infotischen und Autokorsos, hat sich ein kleineres Netzwerk an rechten bis rechtsextremen Untersützer*innen gesponnen, die die Kundgebungen und Korsos vor Ort unterstützen. Zentral wollen wir hier auf zwei Organisationen verweisen, die sowohl in Eisenstadt vor Ort als auch in Mobilisierungschats besonders engagiert dabei waren, CQ bei ihren Aktivitäten zu unterstützen.

Zum Einen – und nicht weiter verwunderlich – findet sich seit der Etablierung des Ablaufs „Autokorso durch Nordburgenland –> Kundgebung ab 14:30 an der Kreuzung Laschoberstraße/Ödenburger Straße –> Demo durch Eisenstadt samt Abschlusskundgebung am gleichen Ort“ die Medienplattform AUF1 des ehemaligen „Bund freier Jugend“ (BfJ)-Neonazis Stefan Magnet vor Ort ein, um live zu berichten. In Bezug auf Magnet und dessen Anbindung an den ehemaligen BfJ wollen wir auf den informativen Artikel der Kolleg*innen von SdR verweisen, wo alle wichtigen Infos zusammengetragen sind und darüber hinaus in Bezug auf AUF1 auf eine Artikelserie, die ebenfalls bei SdR erschienen ist. Nur soviel sei hier gleich erwähnt: Magnet hatte/hat via den BfJ gute Kontakte zu Küssel- und dem alpen-donau.info-Umfeld (etwa Felix Budin), sowie zu neonazistischen Burschenschaftern, die in der FPÖ Politik machen. Darüber hinaus stammt ein Teil der momentanen Redaktion auch aus dem Milieu der deutschen und österreichischen Corona-Rechten: So arbeiten mittlerweile Edith Brötzner, Manuel Mittas und Vivien Vogt bei AUF1. Erstere entstammen dem österreichischen Rechtsextremismus-Klientel (siehe weiter unten), Vogt dagegen der Passauer rechtsesoterischen Szene. Da hier Verbindungen nicht weiter verwunderlich sind und auch bis zu einem gewissen Grad auf der Hand liegen, gehen wir hier nicht weiter auf AUF1 ein, da auch alle dort angestellten Redaktionsmitglieder singulär bereits sattsam bekannt sind (siehe SdR).

AUF1-„Impfbus“ in Eisenstadt am 07. März 2022.

Auffälliger ist die intensivere Verbindung zu einem obskuren Teil der ostösterreichischen Corona-Rechten: Es handelt sich um die Medienplattform und St. Georgs-Ritterschaft „SGB Media“. Ihres Zeichens nach handelt es sich bei SGB um eine Organisation, die für zweierlei Aufgaben zuständig ist: sogenannten „unabhängigen“ Journalismus und Ordner*innen-Dienste bei Demos wie Kundgebungen sowie zeitweise im Auftrag der Stadt Wien auf der Donauinsel und im Rahmen des Donauinselfests. Eingegliedert sind beide Teile in die „St. Georgs-Ritterschaft Ostarrichi“: ein Verein, der dem Habsburg-Monarchismus anhängig ist und diese reakionäre Ideologie in Form von Ritterkostümspielen und -festen auslebt. Aufgefallen war SGB Beobachter*innen der Corona-Rechten erst während der Corona-Demos 2021/22 – dort waren vielfach Ordner*innen vertreten, die sich als Truppe von SGB auswiesen, und ein Tross an Fotografen, die ebenfalls SGB als ihre Redaktion angaben. Die SGB-„Redaktion“ selbst ist personell noch etwas umfänglicher besetzt. Auf den Corona-Demos erschienen allerdings stets die gleich SGB-„Journalisten“: Erich Weber, Stephan M. Bako, Daniel Muhr, Markus Hafner und Christian Mondre. Dabei scheint sich mittlerweile der signfikante Teil der „Arbeit“ von SGB (Stadt Wien-Aufträge blieben und bleiben aus) auf die propagandistische Berichterstattung von Corona-Demos zu fixieren, wobei einzelne Exponenten auch in Rednerfunktionen oder als eigenständige Organisatoren von Demonstrationen auftreten (siehe unten). Anzumerken ist, dass die ansonsten nicht allzu schillernde Ordner*innentruppe von SGB auch erst deshalb einen weiteren Bekanntheitsgrad erlangt hat, weil sie regelmäßig den OE24-Reporter und Vermarkter der Corona-Rechten Mike Vogel (in „Ungeimpft Österreich“-Westen) oder aber die Trucks mit den massiven Soundsystemen schützten (etwa den sogenannten „Freedom Truck“).

Kopf bzw. laut Eigenbezeichnung „Chefredakteur“ der Gruppe „SGB-Media“ ist Erich Weber. Weber schreibt als „Journalist“ hauptsächlich für Wiener Bezirkszeitungen, wohnhaft dürfte er im 05. Wiener Gemeindebezirk, 1050 Margareten, sein. Schon beim Durchsehen der „Zeitungsartikel“ für die Wiener Bezirksblätter fällt auf, dass Weber eine Affinität zur FPÖ, den „Blauen“ wie er sie nennt, pflegt. Der Eindruck verstärkt sich auf der hauseigenen Webpage, die SGB betreut: Dort tut Weber ganz offen seine Sympathie für die Demonstrationen der rechtsextremen Querdenken-/Fairdenken-Gruppe um Martin Rutter, Hannes Brejcha, Jennifer Klauninger und Manuel Mittas kund – sogar ein vorformuliertes Formular zwecks Einspruch gegen diverse  Verwaltungsübertretungen publizierte Weber unter seinem Namen. Ganz klar offenbart Weber auf der Webpage von SGB, dass er mit seinem journalistischen Aktivismus dazu beitragen will, die „Corona-Maßnahmen“ zu sprengen und sich gegen die damals im Raum gestandene Impfpflicht zur Wehr zu setzen. Munter und fröhlich manipuliert er auch sämtliche Zahlen an Demonstrant*innen, spricht so am 01. Mai 2022 von 15.000-20.000 Menschen in der Demonstration von Rutter und propagiert offen die Unterstützung der Covid-Leugner*innen. Doch Webers Interessen am rechten Spektrum wie auch konkrete Verbindugen in selbiges reichen noch um Einiges weiter: Zum Einen pflegt er gute Kontakte ins Bundesheer-, Polizei- und Kameradschaftsmilieu (das spiegelt sich auch in seinen online Bekanntschaften wider), was nicht weiter verwundert, war Weber laut eigenen Angaben doch selbst Polizist, bis er wegen langjähriger Erkrankung aus dem aktiven Dienst ausscheiden musste. Zum anderen ist er mittlerweile gut mit den Kadern von CQ bekannt: In einer Chatgruppe für die Mobilisierung zu den Autokorsos in Eisenstadt-Umgebung ist Weber äußerst engagiert, oft kommen allein von SGB vier Autos, um am Korso teilzunehmen. Auch mit Gottfried Küssel ist Weber persönlich bekannt, und noch mehr: Er koordiniert bei den Korsos und mittlerweile auch Demonstrationen die Ordner*innen-Struktur in Eisenstadt. Auch hat Weber keine Hemmungen, Küssel selbst in seiner Berichterstattung positiv in Szene zu setzen: So etwa dokumentiert er Küssels Reden, zahlreiche Fotos von Küssel „in action“ finden sich online verfügbar.

Neben Weber arbeiten als scheinbar reguläre Journalisten noch weitere Fotografen, die jedoch allesamt nicht so illustre Figuren wie Weber abgeben. Dennoch tauchten einige des Öfteren in Eisenstadt auf, um an den Märschen bei CQ teilzunehmen oder sogar für Videomitschnitte verantwortlich zu zeichnen. V. a. Stephan Bako sowie Daniel Muhr sind häufige „Gäste“ in Eisenstadt: Bako selbst dürfte als Fotograf zum Einen freiberuflich tätig, andererseits in einem Fotostudio im zweiten Wiener Gemeindebezirk, 1020 Leopoldstadt, „Foto Fally“ fix angestellt sein. Für SGB betreibt er sowohl Foto- als auch Videoreportage und dürfte darüber hinaus auch die Website und Domain von SGB (sgb-media.at) betreuen. Der zweite Fotograf, der regelmäßig bei CQ aufschlägt und sich dort wahlweise auch als Ordner betätigt, ist Daniel Muhr. Muhr ist kein Berufsfotograf und dürfte bei SGB „nur“ seinem Hobby nachgehen. Muhr selbst gibt an, bei „SOCIUS“ zu arbeiten, einem „sozial-ökologischen Verein“, der auf Armutsbekämpfung, Reinstandsetzung von alten elektronischen Geräten sowie neuerdings in der Geflüchtetenhilfe in Bezug auf die Ukraine-Krise aktiv ist.

Vom Ordnerdienst der SGB war v. a. Helmut Dohnal, der in Wien dutzende Male als leitender Ordner von SGB aufgetreten war und v. a. das Sichern unterschiedlicher Trucks durchführte, mehrfach bei den Aufmärschen von CQ anwesend. Dort trat er jedoch in keinem Fall selbst als Ordner auf, sondern eindeutig als Sympathisant und war darüber hinaus sogar früher als die meisten anderen SGB-Exponenten bei den Kundgebungen und Demos von CQ anwesend.

Helmut Dohnal bei der CQ-Demonstration in Eisenstadt.

Zwar nicht direkt in Eisenstadt aktiv, doch wichtiger Exponent von SGB grundsätzlich, ist des Weiteren Markus Hafner. Er gehört zur Ordner- und Fotografen-Truppe von SGB: In diesem Rahmen sicherte er wie auch Dohnal bei diversen Demos in Wien den sogenannten „Freedom Truck“, trat jedoch auch als besagter Personenschützer von Mike Vogel auf. Eine Zeit lang dürfte Hafner auch Lebensgefährte der Rechtsextremistin Jennifer Klauninger gewesen sein, die grundsätzlich über gute Verbindung zu SGB verfügt. Seinen Ordnerdienst absolvierte Hafner fast immer  im Shirt von „Ungeimpft Österreich“, dessen Logo in schwarz-weiß-roter Fraktur gehalten ist (unter diesem Logo traten auch weitere SGB-Ordner*innen auf unterschiedlichen Auto-Korsos öffentlich auf).

„Ungeimpft Österreich“ dürfte dabei auf eine kleinere, aber personell relativ konstante Gruppe von Aktivist*innen rekurrieren, dazugehörig ist allerdings auch eine semi-öffentliche Facebook-Gruppe, die mehrere tausend Mitglieder zählt. Darin tummeln sich neben bekannten Corona-Rechten und SGB-Exponenten auch Rechtsextremist*innen sowohl aus Österreich wie aus Deutschland. Manche dieser Profile sind voll mit Inhalten, die den Rahmen der Wiederbetätigung erfüllen, rassistische Hetze an der allgemeinen Pinnwand gegenüber Persons on the move, FPÖ-Propaganda zur sogenannten „Überfremdung der Heimat“, Transphobie und Hetze gegen LGBTIAQ*-Personen stellen die Regel, nicht die Ausnahme dar. Admin ist der bekannte rechtsextreme Corona-Leugner Peter Leis, der regelmäßig für die Veranstaltungen von CQ aufruft, gegen „die Antifa“ mit Bildern hetzt, die im neonazistischen „Infokanal Deutschösterreich“ (siehe unten, Kapitel zur Ideologieanalyse von CQ) publiziert werden und krudeste Verschwörungsnarrative aus dem Q-Anon-Spektrum bedient. Mit Markus Hafner dürfte Leis gut bekannt sein und auch Hafner dürfte zum inneren Kreis der „Ungeimpft Österreich“-Gruppe zählen. Zu den Kernaktivitäten der Organisierung zählen v. a. die Veranstaltung von Autokorsos in Wien und Niederösterreich, die unter dem nämlichen Titel abgehalten werden. Sowohl Hafner wie auch Leis dürften nebst anderen besonders darauf gepocht haben, die Trucker-Proteste und -Blockaden von Ottawa auch in Wien umzusetzen: Die unter dem „Freedom Day Konvoi“ angezeigte Veranstaltung, die eine ausgewiesene Kooperation mit „Ungeimpft Österreich“ darstellte, konnte bei ihrem Versuch, Wien am 11. Februar 2022 „lahmzulegen“, zwar nicht genügend Trucks aufstellen, das Aktionsformat spiegelt allerdings die Mentalität der Gruppe und ihre politischen Intentionen wider.

Darüber hinaus war Hafner auch mit Weber und dem bekannten Corona-Leugner Marek Kostyrk bei der Demo des „Lobau bleibt!“-Bündnisses vor der SPÖ-Zentrale, wo Weber offensichtlich versuchte, die Kundgebung für SGB zu dokumentieren. Auch Kostyrk ist seit jüngerer Vergangenheit dem SGB-Klientel zuzuordnen. So etwa tauchte er bei der CQ-Kundgebung am 05. Februar 2022 mit Weber und Muhr in Eisenstadt auf und hielt auch kurzfristig das Hochtransparent von CQ.

Obgleich mittlerweile auf der Hand liegt, dass SGB alles andere als ein unpolitischer, liebenswürdiger Provinzialjournalismus-Verein ist, soll folgendes Fallbeispiel nochmals klar machen, dass SGB seit 2022 auch als eigenständiger Akteur der Corona-Rechten zu betrachten ist (alle Tätigkeiten bei SGB werden ausschließlich „ehrenamtlich“ verrichtet, was das ideologische Moment unterstreicht): Am 15. Jänner 2022 organisierte Markus Hafner, der nicht als SGB-Media-Angehöriger bei der lokalen Bezirkshauptmannschaft antrat, eine Kungebung samt Demonstration im Zentrum von Baden, Titel: „Wir kämpfen für: Frieden, Freiheit, Demokratie“. Ziel u. a.: Mobilisierung für die Tags darauf stattfindende Demo am 16. Jänner in Wien. Ordnerdienste koordinierte Helmut Dohnal, Kundgebungsleitung vor Ort übernahm Erich Weber. Sowohl Martin Rutter, Hannes Brejcha als auch Jennifer Klauninger waren bei der Demo anwesend und hielten Reden. Angekündigt war auch der ehemalige FPÖ-NÖ-LAbg. Martin Huber, der wegen Verstoßes gegen §3g Verbotsgesetz  zu 12 Monaten bedingter Haft verurteilt worden war – Huber jedoch konnte seine Rede nicht halten.

Besondere Aufmerksamkeit ist auch dem Vereinssitz von SGB sowie der Person, die diesen zur Verfügung stellt, zu widmen: Tatsächlich trifft sich SGB für deren Sitzungen mittlerweile bei Ioannis Palaiologaros, bekannt auch unter seinem Pseudonym „Der Demo-Grieche“ und als Betreiber der – wegen der jüngst stattgefundenen Hausdurchsuchungen durch die COBRA ebenso bekannten – Lokalität „Siga Siga“ in St. Johann am Steinfelde (Puchberger Straße 18, 2630 Ternitz). Neben SGB trafen sich dort Aktivist*innen diverser Corona-leugnender Bündnisse – mindestens vier Razzien führten Polizeikräfte in der Lokalität durch: Bei der letzten Razzia wurde dann auch Konstantina Rösch, ehemalige Ärztin und bekannte Corona-Leugnerin (ihre Beziehung zu Küssel schlüsseln wir weiter unten auf) und Gottfried Küssel angetroffen, was dann auch das LVT Niederösterreich auf den Plan rief, nicht zuletzt, da es bereits zu Drohgebärden gegenüber dem SPÖ-Bürgermeister seitens des Siga Siga-Klientels gekommen war. So kann angenommen werden, dass das „Siga Siga“ zumindest in der unmittelbaren Corona-Rechten eine wichtige Rolle als Vernetzungspunkt gespielt haben dürfte und die dort anwesenden keinerlei Berührungsängste mit lang gedienten Neonazis aufwiesen. Was im Fall Palaiologaros sowieso nie glaubhaft war, denn: Zuvor schon trat dieser mit Küssel und Monika Donner, der ex-Mitarbeiterin des Wiener Landesamtes für Verteidigung und virulenten Geschichtsrevisionistin, in Manuel Mittas‘ „Out of the Box“-Kanal auf (zu Mittas siehe weite unten). Palaiologaros selbst erschien dann auch folgerichtig zum vierten „Nordburgenland-Aktionstag“ von CQ am 11. Juni 2022 selbst: Was seine laschen Versuche, sich öffentlich von Küssel und Vorwürfen, Sympathisant neonazistischer Politik und revisionistischer Strömungen zu sein, als besonders unglaubwürdig markiert und letztlich als juristische Schutzbehauptung  demaskiert.

Ebenso in Ternitz gemeldet, allerdings in der Franz Samwald-Straße 53, ist der Ableger von SGB-Media, „panorama media pictures“, der von SGB-Ordner Helmut Dohnal betrieben wird. Via Panorama wurden zumindest die zwei Proteste in Baden (siehe oben) beworben und angekündigt, wodurch angenommen werden kann, dass das Label vor allem dazu dient, die unmittelbaren politischen Aktivitäten einzelner SGB-Exponenten von SGB unabhängig (und damit auch der internationalen St. Georgs-Ritterschaft) publik zu machen, um Angriffsflächen für SGB zu reduzieren.

Zuletzt müssen wir leider noch auf die besonders unrühmliche Rolle der Pritschen- und Van-Vermietung „Priline“ in der Wienerstrasse 82, 2230 Gänserndorf, hinweisen. Nachdem Antifaschist*innen die Eigentümer*innen darauf aufmerksam gemacht hatten, dass sie Monat um Monat direkt an Gottfried und Karin Küssel Pritschen für deren Kundgebungen in Eisenstadt vermietet hatten, reagierte Priline pikiert und arg verharmlosend: Man würde an alle „Parteien“ vermieten, auch an „Global 2000“, „Greenpeace“ und für die Pride – man denke nicht daran, Küssel keine Pritschen mehr zur Verfügung zu stellen, da Österreich „eine Demokratie sei“ samt dem Hinweis (Mailaustausch während der Lockdown-Perioden): „auch wenn das so wie jetzt gerade nicht immer eindeutig erkennbar ist.“

Das Aufmarschgebiet von CQ: Eisenstadt, Eisenstadt-Umgebung und Purbach am See

Warum sich CQ ausgerechnet Eisenstadt als Kernaufmarschgebiet ausgesucht hat, lässt mehrere grundsätzliche Überlegungen zu: Eine sehr plausible Erklärung liefert zu allererst einmal pragmatisch die Tatsache, dass vor den Demonstrationen und Infotischen von CQ in Eisenstadt keine sogenannten „Corona-Demos“ stattgefunden haben. Obwohl in allen anderen Bundesländern noch in den kleinsten Städten Organisierungen aufgeploppt waren, blieb es in Eisenstadt und dem Burgenland vergleichsweise still – ein Vakuum, das sich durch CQ gut füllen ließ. Ein mögliche Verbindungsrolle könnte auch Peter Rennmayr gespielt haben: Wie oben schon erwähnt, stammt er aus Eisenstadt Umgebung und ist bereits länger im Umfeld von Küssel aktiv. Wird zusätzlich die momentane Struktur und ihre Konstanz in Bezug auf die Akteur*innen seit Beginn der CQ-Veranstaltungen in Betracht gezogen, muss geschlussfolgert werden, dass sich wohl ein Organisierungsprozess noch vor den ersten Demonstrationen in Eisenstadt abgespielt hat, dessen lokales Zentrum Eisenstadt-Umgebung darstellt – wodurch Eisenstadt aufgrund der geografischen Nähe schon grundlegend naheliegen wäre.

Ein weiterer Vorteil dürfte die völlige Absenz informierter Medienberichterstattung in Eisenstadt darstellen: Denn wird von dem einen Termin abgesehen, an dem der ORF-Burgenland mit einem Zwei-Personen-Filmteam vertreten war (unmittelbar von Josef Witzani und jenem namentlich unbekannten Neonazi drangsaliert), gab es abseits der Berichterstattung des unabhängigen „Presse Service Wien“ keinerlei mediale Aufmerksamkeit rund um CQ. Das dürfte v. a. Küssel sehr recht sein, denn sein Bekanntheitsgrad erlaubt es ihm in den meisten Städten Österreichs nicht, unerkannt oder ohne historische Einordnung, öffentliche Aktionen umzusetzen. Die umfassende Apathie gegenüber politischen Inhalten, die strukturelle Rechtsgerichtetheit ruraler und von Landwirtschaft geprägter Gebiete (Stichwort Bauernbund) sowie völlig falsch verstandene demokratische „Toleranz“ befördern die Versuche von rechten Akteur*innen, abseits größerer Städte Organisierungen aufzubauen.

Witzani und weiterer unbekannter Küssel-Intimus bedrängen ORF-Burgenland.

Die Geschichte rechter Umtriebe in Österreich bestätigt dies auch auf internationalem Maßstab: Das vorherrschende Klima des Schweigens und Wegschauens bisweilen sogar aktiven Akzeptierens eignete sich seit jeher für neonazistische Aktivist*innen, die sich politisch aufgrund von drohender oder einsetzender Repression zurückziehen mussten: Prominente Beispiele stellen etwa der deutsche Rechtsterrorist Ekkehard Weil nach seiner ersten Haft in Berlin, FAP-Kader Karl Polacek nach seiner Abschiebung nach Österreich, ebenso FAP-Mann Dirk Winkel und die ehemalige THS-Aktivistin Corinna Görtz oder aber – etwas rezenter – die Rückzugspläne in die österreichischen Alpen des Uniter e.V. im Hannibal-Netzwerk dar.

Für österreichische Rechtsextremist*innen spielt die Provinz aber eine ebenso integrale Rolle bezüglich ihrer Aktivitäten und Organisierungs- wie Rekrutierungsprozesse. So auch im Falle des momentanen Küssel-Netzwerkes und von CQ: Zentral für die Mobilisierung von CQ dürfte der kleine Ort Purbach (7083, Bezirk Eisenstadt Umgebung) sein. Es konnte festgestellt werden, dass CQ-Aktive dort regelmäßig in einem Objekt in der Sätzgasse 12 ein- und ausgingen, auch Beamt*innen des LVT Burgenland konnte in dem kleinen Ort beobachtet werden. Besonders brisant wurde dies allerdings, als LVT und LKA Mitte Juni eine bewaffnete Razzia im nämlichen Objekt durchführten: Man hatte seitens LKA und LVT aufmunitioniert, denn der Vorwurf lautete auf §279 StGB, „Bewaffnete Verbindung“ und: Man hätte mit der Möglichkeit massiver bewaffneter Gegenwehr gerechnet.6 Der Sachverhalt gibt Anlass zur Besorgnis: Küssels Affinität zu Wehrsport ist seit ANR-Zeiten gegeben, zahlreiche weitere alte VAPO- und alpen-donau.info-Kader sind im Umgang mit Waffen geschult, haben Wehrsportübungen unter Anleitung von Militärs besucht; Kader wie etwa Wolfgang Lechner haben Kenntnisse und umfangreiches Interesse an Kampfmitteln und deren Einsatz im politischen Kontext. Zusätzlich in Betracht zu ziehen, sind die massiven Mengen an sicher gestellten Kampfmitteln im Laufe der letzten Jahre in rechtsextremen Milieus Österreichs – hier geben bekanntlich v. a. drei solcher Funde konkrete Hinweise auf eine Verbindung zum Küssel-Klientel.

Hausdurchsuchung in einer von CQ genutzten Immobilie in Purbach (Nr. 12, gelbes Haus links).

Zum Einen sind da die Großfunde in den Räumlichkeiten des Peter Binder zu nennen: In dessen Umfeld kam es mehrfach zu Ermittlungen und zahlreichen Hausdurchsuchungen, mehrfach wurden enorm große Mengen von (Kriegs-)Waffen, Sprengmitteln und anderen Nahkampfgeräten sowie NS-Materialien gefunden. Darüber hinaus bestand eine Zeit lang die Vermutung, die ursprünglich vom BMI publik gemacht worden war, dass Binder eine neonazistische „Miliz der Anständigen“ aufbauen wollte, um den Systemumsturz in Deutschland und Österreich durchzuringen. Wir gehen an dieser Stelle nicht genauer auf die exakte Chronologie der Ereignisse ein, sondern verweisen auf den gut strukturierten Artikel der Kolleg*innen Moritz Eluek und Karl Öllinger – hervorgehoben muss für unsere Zwecke Folgendes werden: Die Waffendepots von Binder wurden in einem geplanten Schlag (erste Tranche in Binders Wohnung) und in einem Zufallsfund (zweite Tranche bei Binder in ehemaliger Wohnung und Keller der Eltern Binders) gefunden, nachdem die Behörden auf einen Verfassungsschützer des DSN (damals noch BVT) aufmerksam geworden waren, der für Binder Waffen und Munition akquiriert hatte. Danach kam es zu konzertierten Hausdurchsuchungen in insgesamt zwei Aktionen: Hier wurden in Wien, Niederösterreich, Burgenland und Oberösterreich sowie in Deutschland Objekte durchsucht, insgesamt 15 Verdächtige festgenommen, darunter neben Binder laut BMI amtsbekannte Neonazis sowie Personen des 1%-MC-Spektrums.

Kontextualisiert man dies nun mit der klammheimlich durchgeführten Hausdurchsuchung wegen Verdachts auf §279 StGB in Purbach, ergibt der ganze Komplex ein neues Bild der Dringlichkeit möglicher bewaffneter Verbünde: Zwar wurden konkret vor Ort keine Waffen sicher gestellt, die Ermittlungen aber halten an, der Verdacht sei keinesfalls aufgehoben. So muss geschlossen werden, dass u. U. Eisenstadt und das Nordburgenland sowie die Grenze in den Süden Niederösterreichs für CQ nicht nur aus agitatorischen Gründen interessant war: Es wird unklar bleiben, wozu genau das Objekt in Purbach gedient haben möge, doch die Häufung der Punkte neonazistischer Interaktion lässt Spielraum für Bedenken. Erhärtet werden diese Bedenken u. a. durch den Prozessbericht von Prozessreport zu Binders letzter Verhandlung wegen des Vorwurfs der Wiederbetätigung in Wiener Neustadt: Dort stellte sich heraus, dass Binder in rezentem Kontakt zu Karin Küssel gestanden hatte und bezüglich alltäglicher Dinge mit ihr korrespondiert hatte, zusätzlich wurde auch noch die Telefonnummer von Felix Budin auf Binders beschlagnahmtem Gerät aufgefunden.

Wie problematisch der Waffen-Komplex ist, zeigt sich anhand der mannigfaltigen Verbindungen, die CQ und allen voran Gottfried Küssel in der Corona-Rechten aufgebaut hat: Die meisten bekannten und für die Organisierung wichtigen Akteur*innen der Corona-Rechten sind mit Küssel bekannt, die meisten Durchschnittsdemonstrant*innen wiederum haben keinerlei Hemmung neben militanten Neonazis zu laufen. Wenn dann im Hintergrund dieser ohnehin schon extrem gefährlichen Situation noch möglicherweise bewaffnete Verbindungen und Bestrebungen zur Miliz-Gründung bestehen, wird das Gemisch der Corona-Rechten noch explosiver als es ohnehin gewesen ist / u. U. noch sein wird.

Küssels Beziehungen zu diversen Akteur*innen der Corona-Rechten

Neben Eisenstadt spielten auch die Demos der Corona-Rechten in Wien eine gleichermaßen wichtige Rolle für CQ und Küssel. Bei sämtlichen größeren Events marschierte die CQ-Fraktion mit Transparent auf, spätestens ab dem 20. November 2021 lief CQ dann mit einer länglichen Burgenland-Flagge als Frontransparent des CQ-Blocks. Dies dürfte in Anlehnung an jene regionalpatriotische Tiroler Aktivist*innen-Gruppe geschehen sein, die sich bei jeder Demo in Wien, zu der sie anreisten, mit einer überdimensionalen Tirol-Flagge inszenierten (obligatorisch verbunden mit Glorifizerung von Andreas Hofer usw.). Man hoffte wohl durch legeren Regionalpatriotismus Menschen über die eindeutig neonazistischen Akteur*innen hinwegzutäuschen, um so vorab Leute an die Gruppe zu binden – ideologische Schulungen, dass wusste schon die ANR, waren nachrangig handzuhaben. Scheinbar war CQ allerdings stets darum bemüht, relativ unbekannte bzw. geschichtlich nicht bekannte Menschen in die Frontreihe zu holen: So waren zwar manchmal Thomas Dunkl oder Josef Witzani am Burgenland-Transparent zu sehen, doch es überwogen stets noch unbekannte Gesichter jüngerer und älterer Corona-Rechter.

Doch betrachtet man v. a. Gottfried Küssels Verhalten auf den Demos näher, dann wird eine – in den Einzelfällen von diversen Kommentator*innen ohnehin schon bemerkte – tiefere Verbindung zur Szene rund um „Corona Widerstand“, „Fairdenken“, „Querdenken“ und einzelnen Akteur*innen der Corona-Rechten offenkundig, denn: Fast alle Personen, die als organisatorische Köpfe der österreichweiten Corona-Demos in Wien angesehen werden können, hatten durchaus vetrauten bisweilen freundschaftlichen Kontakt zu Küssel selbst, in manchen Fällen aber auch zu den alten Neonazi-Kadern Lucas Tuma und Harald Schmidt. Im Folgenden wollen wir die einzelnen Gruppen, zu denen näherer Kontakt seitens Küssel bestand, auflisten und teils auf historische Kontinuitäten der Verbindungen einzelner Rechtsextremist*innen zu Küssel hinweisen.

Wir wollen an dieser Stelle betonen: Der folgenden Part speist sich aus der aufmerksamen Beobachtung zahlreicher Journalist*innen und Aktivist*innen. Hervorheben wollen wir aber Schwurbelwatch Wien, die Twitter-Seiten der Journalist*innen und Aktivist*innen Hilde Harmlos und Dietmar Mühlbock sowie Stoppt die Rechten von denen wir zahlreiche Infos hierher übernommen haben, um auch diesen Teil der Recherche zu möglichster Vollständigkeit – bemessen am Stand vorhandener Informationen – zu führen.

a) Der Corona Widerstand-Komplex um Martin Rutter und der Fairdenken-Komplex um Hannes Brejcha: Rutter ist im österreichischen Rechtsextremisumus- und Neonazismus-Spektrum kein unbekannter. Seit 2017 war Rutter regelmäßiger Redner der Ulrichsberggemeinschaft, wo er den sogenannten „Kärntner Abwehrkampf“ glorifizierte und diesen als Vorbild eines rassistischen europäischen „Abwehrkampfes gegen die Massenmigration“ inszenierte. Durch die Ulrichsberggemeinschaft und die neonazistischen Kameradschaftverbände (etwa „Ehemalige der Waffen-SS“) dürfte Rutter an weitere Kontakte zur neonazistischen Szene Ostösterreichs gelangt sein, allerdings spielte Rutter bis zum Beginn der Covid-19-Pandemie keine große Rolle im Bereich rechtsextremer Politik. Wie weit Rutters Verbindungen jedoch Stand 2022 in die höchsten Kreise der neonazistische Szene reichen, zeigen die geleakten Chats und Sprachnachrichten zwischen ihm und Brejcha: Dort etwa fragte Brejcha Rutter nach der „Nummer vom Gottfried“, damit man ihm im Vorfeld der Demo mitteilen könne, „um was es geht“. Rutter antwortet, dass er sowieso in Kontakt sei und mit „Gottfried“ wegen der Demo korrespondiert und ihn auch gebeten hätte, er möge an einer konkreten Stelle der Demo gehen. Bei der Korrespondenz ging es um die Demo am 13. Februar 2021 – dort marschierte Küssel dann vor einer Kette von rund 20 vermummten Personen des Hooligan-Spektrums und übernahm die Verhandlungen mit jenem polizeilichen Einsatzleiter, der über beste Kontakte ins Milieu der Corona-Rechten verfügt; um genau diese Demo-Formation dürfte es in den Gesprächen gegangen sein. Wichtig zu bemerken, ist auch: Im Abgleich zu den anderen Chats, wo Rutter niemanden etwas „bittet“, sondern kategorisch anschafft, befiehlt oder absägt, tritt das gewendete Autoritäts-Verhältnis hier klar zu Tage. Zweifel, ob es sich um Gottfried Küssel handelt, waren spätestens dann beseitigt, als sich Rutter und Brejcha zu den neuesten Covid-19-Auflagen auf die „Expertise“ von CQ verließen und dabei direkte Kontakte offenbarten.

Über den Einsatz der sogenannten „taktischen Hools“ hatten wir schon in unserem Beitrag zur Partizipation rechtsextremer Hooligans an den Corona-Demos berichtet, hier wollen wir noch auf Rutters Vorstellung seiner Rolle bei gewaltsamen Auseinandersetzungen hinweisen: Rutters Plan sah für die Corona-Demos – v. a. wenn es zu Gewalt käme – eine Rolle vor, die er als „Führer“ bezeichnete. Dabei dürfte er, wie ein geleaktes Papier zeigte, sich selbst im Sinn gehabt haben: So unterzeichnet er unter dem Titel „Führer“ mit seinem Namen, darunter steht „Obersalzberg“ geschrieben, dahinter ein Bild von den Stollen im sogenannten historischen „Führersperrgebiet Obersalzberg“, wo Hitler seinen „Berghof“ und Martin Bormann den repräsentativen Sitz, genannt „Kehlsteinhaus“, zu Ehren Hitlers  errichten ließ. Wird dann noch in Betracht gezogen, dass Rutter mindestens einmal mit Reichsflagge auf einer Corona-Demo gesehen worden ist, wird klar, dass hier nicht nur eine Zweckgemeinschaft mit CQ und inbesondere Küssel getroffen worden ist.

Doch auch Hannes Brejcha dürfte sich sukzessive eine eigene Verbindung zu Küssel augebaut haben: Der FPÖ-Anhänger (ob Parteimitglied, unklar) und fanatische Antisemit mit massivem Hang zu Verschwörungsnarrativen des Q-Anon-Spektrums konnte des Öfteren mit Küssel beim Gespräch gesehen werden. Besonders deutlich zeigte sich etwa ein Naheverhältnis als Küssel mit seinem Leibwächter direkt neben der Redner*innentribüne stand, wo Brejcha gerade Instruktionen erteilte. Dennoch dürfte er selbst keinerlei karrieristische Ambitionen punkto rechter Bewegungen wie etwa Rutter pflegen – Brejcha dürfte sich in der Rolle des volksnah-kollegial auftretenden Netzwerkers wohlfühlen und mit schwer autoritären Typologien à la Rutter oder Küssel gut umgehen können.

b) Ebenfalls gute Kontakte bestehen zu der szenebekannten ehemaligen Ärztin Konstantina Rösch und ihrem Weggefährten, dem Anwalt und „Anwälte für Aufklärung“-Aktivisten Roman Schiessler. Beide waren zu Beginn bei MFG aktiv gewesen, waren dann aber aus der Partei ausgeschlossen worden. Rösch stellt wie auch Peer Eifler, der nun auf der Flucht vor den österreichischen Behörden in Tansania lebt, einen der wichtigen ideologischen Anhaltspunkte der Corona-Rechten dar: Durch ihr vermeintliches Fachwissen als offiziell zugelassen Mediziner*innen galten sie für viele als Autoritäten der Impfverweigerung aus vorgegaukelt naturwissenschaftlichen Gründen. Wie wichtig sie für die Szene sind/waren, zeigt etwa die für Rösch und Eifler von Brejcha und Rutter veranstaltete Demo vor der Ärzt*innenkammer am 17. September 2020. Anlass war die Kündigung der beiden Ärzt*innen sowie der Entzug ihrer Approbation. Ein entlarvendes Bild gab auch die beinahe überschwängliche Begrüßung Röschs durch Küssel bei der Demo vom 09. November 2021: Dieser begrüßte sie und Schiessler direkt, was auf eine längere vorhandene persönliche Bekanntschaft hindeutet und zeigt, wie weit verzweigt Küssels Netzwerk sein dürfte.

c) Nächster Fall: Der politische Obskurant Manuel Mittas, der sich selbst als freier Journalist beschreibt und v. a. für seinen Kanal „Out of the Box Media TV“ bekannt ist. Mittlerweile ist Mittas allerdings auch beim rechtsextremen Medium AUF1 untergekommen und berichtet für AUF1 live von Demonstrationen. Mittas widmete Küssel bereits am 31. Jänner 2020 ein Interview vor der Wiener Staatsoper, wo der Modus des Interviews auf ein freundschaftliches Verhältnis schließen ließ. Die Verbindung dürfte sich seither intensiviert haben: Immer wieder konnte Küssel mit Mittas bei Demos gesehen werden, doch der Höhepunkt dürfte jenes Video knapp ein Jahr später darstellen, das bei „Out of the Box“ am 30. Dezember 2021 erschien: Dort fantasierte Mittas mit Küssel Arm in Arm über Sprengstoffanschläge und die gewaltsame Absetzung der Regierung und des Parlaments. Statt zu einer Krise in der Beziehung zu führen – die anhänigigen Ermittlungsn des DSN dürften nicht gerade im Sinn Küssels liegen – intensivierte sich die Kooperation stattdessen: Ganze drei Male trat Küssel bei Mittas auf, gemeinsam mit der rechtsextremen Revisionistin Monika Donner – und beim dritten wie vierten Mal auch im Siga Siga in Ternitz. Dort war auch der Eigentümer Ioannis Palaiologaros und dessen Ehefrau anwesend, beide diskutierten aktiv mit Donner, Küssel und Mittas.

d) Doch nicht nur Küssel arbeitet eifrig als Netzwerker: Auch die beiden Altnazis Lucas Tuma und Harald Schmidt versuchen, sich regelmäßig bei anderen Organisationen und Akteur*innen einzubringen. Am 10. September 2020 trat Harald Schmidt bei einer Pressekonferenz von Jennifer Klauninger auf, die dort im Zuge ihrer Anklage wegen Verdachtes auf Verhetzung (Zerreißen der Pride-Flagge mit Manuel Mittas) öffentlich Stellung bezog. Schmidt, der zwar nicht mehr als Anwalt praktizieren darf (wegen der Verurteilung im Fall der Unterstützung von Elfriede Blauensteiner), war jedoch als Rechtsbeistand von Klauninger anwesend. Doch nicht nur zu Klauninger hatte Schmidt Connections aufgebaut: Auch mit Edith Brötzner, die mittlerweile für report24 und AUF1 arbeitet, gab es schon früh einen Schulterschluss durch gemeinsame Pressekonferenzen. Brötzner war im Rahmen der Corona-Rechten v. a. für die öffentliche Vermarktung der Corona-Demos zuständig und organisierte zahlreiche Pressekonferenzen. Die illustren Gesprächsrunden sahen etwa so aus: Inge Rauscher, seit Jahrzehnten bekennende Neonazistin und Gründerin des neonazistischen Initiative „Heimat und Umwelt“, im Gespräch mit Peer Eifler, WAB-Funktionär Christian Zeitz und Rudolf Gehring (Funktionär der rechten, antifeministischen „Christlichen Partei Österreichs“ (CPÖ), u. a. REKOS- und FPÖ-nahe), um das Anti-Impf-Volksbegehren zu promoten. Doch auch mit Herbert Kickl trat Brötzner im Rahmen von FPÖ-TV auf und stellte ihre Inititiave „Österreich ist frei“ (Öif) vor: Diese war von gängigen antisemitischen Verschwörungsnarrativen rund um einen globale „Corona-Diktatur“ getragen und erreichte v. a. durch besonders krasse Aktionsformate öffentliches Aufsehen: So etwa posierte die von Öif gestartete Aktionsform „Corona-Zombies“ – in weiße Gewänder verhüllte Gestalten, die die neue „Gleichschaltung“ aller Büger*innen durch die Corona-Diktatur abbilden sollte – in Braunau vor Adolf Hitlers Geburtshaus, den rechten Arm merkwürdig in die Luft gestreckt. Brötzner wurde daraufhin wegen Verdachts auf Wiederbetätigung nach §3g VbtG angezeigt.

e) Neben Schmidt fiel v. a. auch Lucas Tuma durch sehr öffentliches Auftreten und ständiges Bemühen um Kontakte in die Corona-Rechte auf. V. a. zu Jennifer Klauninger dürfte Tuma  engere Verbindungen aufgebaut haben: So etwa spazierte Tuma als Kleingruppe mit Klauninger und Christina „Kiki“ Kohl, THC-Kandidatin, durch die Wiener Innenstadt, Parolen brüllend und nahm an einer der ersten Demos der Corona-Rechten mit Klauninger am Donaukanal teil. Darüber hinaus hielt Tuma am 31. August 2020 eine Rede bei einer – damals noch von der Großgruppe „Querdenken 1 Wien AT“ veranstalteten – Corona-Demo und wurde ganz offen von Rutter angekündigt.

Junge Neonazis an der Seite der alten – CQ als Anziehungspunkt

Nicht regelmäßig, aber dennoch immer wieder, fanden sich an der Seite von CQ – v. a. bei den von ihnen öffentlich angegebenen Sammelpunkten für die größeren Corona-Demos in Wien – junge Neonazis aus unterschiedlichen Spektren ein, die im Kielwasser von CQ an den Aufmärschen der Corona-Rechten teilnahmen. Exemplarisch wollen wir hier auf drei öffentliche Auftritte von CQ eingehen – zwei Demos, die relativ am Beginn der CQ-Organisierung stehen und eine, die bereits eine mehr entwickelte Struktur seitens CQ aufweist.

Am 06. Juni 2020 marschierten neben Harald Schmidt der mittlerweile bei der AfD aktive Florian Köhl und der IB-Faschist Andrei Pavan am Transparent von CQ sowie Dominik Wendel und Bernhard Burian. Der dem Tanzbrigade- und Eisern-Wien-Spektrum zugehörige Neonazi Bernhard Burian haben wir schon des Öfteren beleuchtet, weshalb wir seine vielfältige neonazistischen Aktivitäten hier nicht nochmals aufschlüsseln (siehe vergangene Artikel zur IBÖ, rechtsextremen Hooligans und zur SGN). Wichtig ist hier v. a. zu bemerken: Burian trug mindestens ein weiteres Mal das Transparent von CQ, konnte beim Flyer-Verteilen für CQ gesehen werden und dürfte direkten Kontakt zu Gottfried Küssel pflegen, wie Aufnahmen bei der Demo vom 29. August 2020 – einer Querdenken-Kundgebung im Wiener Resselpark – nahelegen. Das ist insofern von großer Bedeutung als Burian als Scharnier zum jungen, „erlebnisorientierten“ Milieu betrachtet werden muss, aber eben auch zur IBÖ und dem akademischen Burschenschaftsmilieu. Als in diesem Sinne zentral dürfte Burians Aktivität für die neonazistische „Tanzbrigade“ gelten: Dort bringt er aktiv unterschiedlichstes Klientel zusammen, von Sparta Praha-Hooligans bis zu bourgeoisen IB-Faschisten. Dass nun auch mehr oder weniger direkte Verbindungen zu Küssel und CQ bestehen, beweist bloß einmal mehr, wie gut vernetzt die Wiener-Neonaziszene mittlerweile abseits tradierter Richtungsstreitigkeiten agiert.

Dominik Wendel kann folgerichtig dem gewaltaffinen Hooliganmilieu der Wiener Klubs zugerechnet werden, bzw. deren Überschneidungsmenge mit den ostösterreichischen IB-Sektionen – auf zahlreichen Demos der Corona-Rechten konnte Wendel in szenetypischer Kleidung, schwer vermummt im gewaltsuchenden Milieu beobachtet werden, u. a. im Tanzbrigade-Spektrum sowie im Umfeld des neonazistischen Rapid-Hooligans Michael Petrzela (aus dem Milieu der „Alten Garde“ stammend).

Dass die IB mittlerweile keinerlei öffentliche Berührungsängste mit bekannten Neonazis hat, zeigte auch eine Kundgebung am 01. Mai 2020 am Ballhausplatz: Dort konnte erneut Florian Köhl und der IB-Aktivist Jan Staudigl, der auch für die FPÖ-Landstraße kandidiert, im Gespräch mit dem alpen-donau.info-Neonazi Wolfgang Lechner gesehen werden. Lechner hielt sich fast die ganze Kundgebung über bei der IB auf, anwesend waren auch Martin Sellner (den Lechner noch aus den Jahren rund um 2010 kennen dürfte, siehe Fußnote 1), die IB-Faschisten Nikolaus Schmidt, Sebastian (Nachname unbekannt), Bernt-Pascal Stöger sowie Jakob Gunacker. Des Weiteren finden sich im Umfeld der IB zwei weitere Neonazis, die auch schon mit Thor Steinar-Schlauchschaal auf einer CQ-Kundgebung in Eisenstadt aufgetaucht sind. Davor waren beide zumeist in den Reihen der IB zu finden (auf mehreren Corona-Demos), auf der Kundgebung der FJ Burgenland in Deutschkreutz hielten sie sich dann sowohl bei der CQ-Fraktion wie auch bei eingefleischten IB-Kadern auf.

Am 31. Jänner 2021 gab CQ einen Vorab-Treffpunkt für eine geschlossene Anreise zur Demo vor der Wiener Staatsoper aus. Dort tauchten neben dem Kern von CQ auch zwei weitere – ursprünglich aus anderen Milieus bekannte – Gesichter auf: der aB! Olympia-Burschenschafter Daniel Konrad und der Neonazi Viktor Erdesz. Erdesz ist im Wiener Milieu spektrenübergreifend anzutreffen: Neben dem Burschenschafts-/IB-Milieu, wo Erdesz als aB! Olympia-Korporierter ein- und ausgeht und etwa mit dem IB-Faschisten Gernot Schmidt (auch Schmidt aB! Olympia korporiert) auch auf Urlaub nach Dalmatien fährt, ist Erdesz genauso bekannt mit dem Tanzbrigade-Spektrum (v. a. dem jüngeren Nachwuchsklientel um den Wiener Neonazi Bernhard Burian). Auf Wiener Corona-Demos konnte Erdesz darüber hinaus sowohl im Umfeld rechtsextremer Austria-Hooligans (etwa Marcel Stindl) sowie mit Thomas Cibulka gesehen werden. Kürzlich auch hat Erdesz für den einschlägigen Verlag „KL Militaria“, der in Themar ansässig ist, die Memoiren des SS-Panzergrenadiers Adolf Peichl herausgegeben. KL Militaria führt große Mengen solcher Neuherausgaben, allesamt thematisieren sie glorifizierend die Wehrmacht oder inszenieren sie als Kriegsopfer, v. a. aber die SS (Fokus auf Totenkopf-SS und allgemeiner Waffen-SS) – darüber hinaus bezeichnet sich KL Militaria legalistisch als „Antiquariat“, weshalb sie ohne weitere Probleme alte, unkommentierte Ausgaben von „Mein Kampf“ verkaufen können, diverse andere Hetzschriften des NS-Regimes sowie diverse NS-Orden und andere Devotionalien. 2020 trat Erdesz auch als Spitzenkandidat des „Team HC Strache“ für den 06. Wiener Gemeindebezirk, Mariahilf, an.

Daniel Konrad entstammt ebenso dem Burschenschaftsmilieu: Er dürfte auch bei der aB! Olympia korporiert sein und bewegt sich ebenso im Umfeld der IB, auch hier liegen Verbindungen zum IB-Faschisten Gernot Schmidt (und dessen Bruder, auch IB-Aktivist, Gerfried) vor. Beim Treffpunkt von CQ tauchte Konrad mit einem Pullover der französischen neonazistischen Vereinigung „Bastion Social“, dem offiziellen Nachfolger der „Groupe Union Défense“ (GUD) auf. Die GUD war eine neonazistische Studierendenorganisation, deren Logo ein schwarz-weißes Keltenkreuz darstellte – 2017 dann gründeten GUD-Mitglieder, nachdem sie ein Haus in Lyon besetzt hatten (18 rue Port-du-Temps, Lyon, wurde nach zwei Wochen geräumt), das Nachfolge-Projekt „Bastion Social“, das jedoch per Verbot 2019 bereits aufgelöst wurde, da gegen zahlreiche Mitglieder Verfahren wegen rassistischer Gewalttaten geführt worden waren. Zentrale Themen waren u. a. Remigration und die Verteidigung Europas gegen „Masseneinwanderung“ sowie die Priorisierung Weißer Europäer*innen in jeder Hinsicht. Ähnlich wie etwa „Casa Pound“ in Italien okkupierte man tradiert linke Praxisformen, wie u. a.  Hausbesetzungen und Verrichtung sozialer Arbeit (bei  Casa Pound und Bastion Social gewendet rein zugunsten Weiß wahrgenommener Menschen, als „Nicht-Weiß“ wahrgenommene Subjekte wurde mit massivster Gewalt begegnet), um ein rechtsextremes Äquivalent zur solidarischen Nachbar*innenschafts- und Kommunalarbeit zu etablieren.

Nach der umfassenden Analyse der Beziehungen und Bemühungen um Connections zu diversen rechten Splittergruppen und Einzelakteur*innen, muss sich ein*e Szenebeobachter*in die Frage stellen, warum Küssel und weitere Kader von CQ sich diese Mühe machen – und dann konsequenterweise klären, welche ideologischen und politischen Überlegungen dahinter stehen. Interessant ist die scheinbare Ablösung des Frontkonzeptes, das die konsequente Mitarbeit in nationalistischen, aber rechtsstaatlichen Parteien als essentiell vorsieht (siehe alpen-donau.info): Vom klassischen Hitlerismus scheint Küssel nach dem alpen-donau-Projekt abgekommen zu sein, denn schon der Name von CQ gibt einen neuen Turn vor: die Querfront verweist auf eine gänzlich andere Konzeption politischen Kampfes.

Was genau das bedeutet und wie CQ und v. a. Küssel ideologisch genauer einzuordnen sind, scheint uns von großer Wichtigkeit, um antifaschistische Gegen-Praxis zu entwickeln und zu reflektieren. Diesem Sachverhalt wollen wir uns im letzten Teil dieses Artikel widmen – dieser wird etwas theoretischer angelegt sein, da wir uns dem Begriff der „Querfront“ historisch annähern wollen.

Die ideologische Ausrichtung von CQ und die Frage nach Strategie und Taktik des NS-Milieus

Das Konzept der Querfront entstammt polithistorisch der Zeit der Weimarer Republik. Bereits ab Anfang der 1920er-Jahre beschäftigten sich gewisse Flügel und Gruppen der sogenannten „Konservativen Revolution“ mit einem möglichen Politkonzept, das – in den Worten des rechten Reichskanzlers und Hindenburg-Intimus Kurt von Schleichers – politische Lager diagonal vereinen sollte: Dabei aber ist kein Schluss von rechts bis links gemeint, sondern ein Schulterschluss der extremen Rechten mit rechten, bürgerlichen und linksliberalen (angedacht waren v. a. sozialdemokratische Gewerkschaftsverbände) Politgruppierungen zu verstehen, um zum Einen der radikalen Linken Öffentlichkeit und Anhänger*innenschaft zu entziehen, aber auch rechtsextreme Positionen weiter salon- und anschlussfähig zu machen. Dabei sollen „die Mitte“, liberale Kräfte und auch Gewerkschaften zum Legitimationsfaktor rechtsextremer Positionen werden, rechts-revolutionäre Teile der Konservativen Revolution versuchten darüber hinaus, klassisch linke Gesellschaftkonzepte (v. a. Spielarten des Sozialismus) aus typisch linken Politgefügen ideologisch herauszulösen.

Während Schleichers faktischer Versuch einer Umsetzung allein dazu dienen sollte, gemeinsam mit dem nationalrevolutionären NS-Flügel um Gregor und Otto Strasser, SA, deutschnationalen Fraktionen bishin zu sozialdemokratischen Gewerkschaften die politische Achse Hitler-Franz von Papen zu unterminieren, um dem NSDAP-Kader Strasser den Griff zur Macht zu ermöglichen, liegt der Ursprung genuiner neonazistischer Querfront-Ideologien (nationalrevolutionärer Flügel der NSDAP) in dem strategischen Versuch, den internationalistischen Sozialismus in einen national gedachten Sozialismus mit Fokus auf Volk und Volkskampf umzumodeln. Entgegen der Befreiung aller Menschen setzten die Ideolog*innen der Konservativen Revolution darauf, den Sozialismus vom Marxismus und Kommunismus abzulösen, um einen „deutschen Sozialismus“ aufzubauen.

Dabei kam es v. a. auf zwei Dinge an, die notwendig waren, um einen „deutschen Sozialismus“ erstens theoretisch und zweitens auch praktisch umsetzbar zu machen: erstens, die Ersetzung des internationalistischen Klassenbegriffs durch einen Volksbegriff und daran logisch anknüpfend zweitens, der Kampf des unterjochten Volkes gegen internationales Großkapital (national vs. international). Internationalismus wurde als Doktrin des weltumspannenden Finanzkapitals gebrandmarkt, das von Jüd*innen gelenkt würde, um die Völker der Erde zu knechten und leicht ausbeutbar zu machen. Zentral in der Erzählung war die sogenannte „Dolchstoßlegende“, die den Verlust des Ersten Weltkrieges und die massiven Reparationszahlungen als ersten Akt jüdischer Unterminierung des deutschen Volkes betrachtete, gegen den es mit allen Mitteln anzukämpfen gelte. Diesen Kampf müssten die Völker, deren lebendiger Ausdruck ein starker Nationalstaat sei, um jeden Preis mit vollem Bewusstsein und hohem Einsatz führen: Da die jüdische Verschwörung als global angelegt markiert war und deren Mission die totale Knechtschaft Deutschlands und der Welt darstellte, formulierte der sogenannte „nationalrevolutionäre“ Flügel der NSDAP, die Notwendigkeit, durch eine gewaltsame Revolution zum deutschen Sozialismus zu gelangen, der sich schließlich weltweit ausbreiten sollte.

Wichtige Figuren waren hierbei die Brüder Otto und Gregor Strasser sowie der SA-Gründer und Anführer Ernst Röhm. Gerade ex-Weltkriegssoldaten wie Röhm waren besonders affin für gewaltorientierte Umsturzfantasien, da sie an Kriegsgewalt gewöhnt waren und zumeist über umfangreichen Zugang zu Waffen verfügten. Zusätzlich hatten zahlreiche ehemalige Weltkriegssoldaten keinerlei oder kaum Perspektiven für ein weiteres Auskommen – was sie noch leichter empfänglich für einen raschen, gewaltvollen Systemwechsel machte und sie leicht in paramilitärische Verbände eingliedern ließ.

Die Vertreter*innen nationalrevutionärer Theorie  verstanden das „deutsche Volk“ dabei als von eben jenen getragen, die sie als Hauptverlierer*innen der Republik betrachteten: Die deutsche städtische Arbeiter*innenschaft und die – oben schon erwähnten – ex-Soldaten wurde so als revolutionäre Avantgarde des deutschen Volkes proklamiert, dessen geschichtliche Mission darin läge, Deutschland gegen die jüdischen Finanzeliten zu verteidigen und diese letzten Endes zu vernichten, um die Welt bereit zu machen für die Herrschaft des deutschen Volkes. Die in den Augen der Nationalrevolutionären moralisch verkommenen Eliten und die abgehobene, als verweichlicht dargestellte und ebenso jüdisch affizierte Bourgeoisie sollte durch die rohe, männliche Kraft des arbeitenden, schaffenden deutschen Volkes überwunden werden. Ziel war in Anlehnung an die stalinistische Sowjetunion (ein wichtiges Vorbild für Strasser und nationalbolschewistische Ideolog*innen) die permanente Konservierung der Diktatur des deutschen Proletariats (gedacht als autoritärer Terror-Staat ohne Parteien), der den Nationalsozialismus nach Durchführung der Revolution absichern sollte, um das deutsche Volk aus der wahrgenommenen „Verstümmelung“ durch die Versailler Verträge zu erneuerter politischer Kraft zu führen.

Doch dem Staat kommt in nationarevolutionärer Theoriebildung deutlich mehr Selbstzweck zu, als in der leninistischen Konzeption der Diktatur des Proletariats, die in dessen Schaffen aus der Notwendigkeit der gewaltvollen Übernahme der Staatsapparate und der Staatsmacht durch die revolutionäre Klasse geboren wurde und der Sicherung der Macht gegen sogenannte konterrevolutionäre Elemente und imperialistische Militärmissionen galt. Denn – wie der Begriff schon nahelegt – der deutsche Sozialismus baut fundamental auf ethnischer „Artgleichheit“ als absoluter Grundlage. Ein Begriff, den v. a. Carl Schmitt in seiner Rechtsphilosophie theoretisch fundiert hat, um diesen gegen – republikanisch verstandene – „Gleichartigkeit“ abzusetzen und der sich nun auch durchgängig in zeitgenössischen NS-Ideologemen wiederfindet. Der Staat müsse direkter Ausdruck des deutschen Volkes sein, der Souverän muss gerade das „Deutsch-Sein“ selbst widerspiegeln.

Querfront, hitleristischer Staat und die Strasser-Ideologie

Historisch gesehen kamen Querfront-Konzeptionen tatsächlich nur für den nationalrevolutionären Flügel der NSDAP infrage: Hitler selbst wollte mit solchen Taktiken wenig bis nichts zu tun haben, für ihn kam allein uneingeschränkte, gebündelte Macht infrage – der Souverän sollte Hitler und nur er selbst sein (durchaus ein Teilprodukt der Suche nach einem „Messias für das deutsche Volk“ durch Dietrich Eckart)7. Hitlers Lösung des oben gestellten Problems lag in einer strikt völkischen Ausrichtung des zu schaffenden Staates, der allein Ausdruck einer germanischen Rasse sei, deren Ursprung – hier kommen die späteren elitären Mythologien von Heinrich Himmler und der SS-Ordensideologie ins Spiel – in der Ethnie der „Arier“, einem mythischen Übermensch-Konzept, läge. Diese hätten in harmonischem Einklang mit der Natur gelebt, die ihre Stärke aus der Verbindung der „Arier“ mit „arischem Boden“ bezogen hätten (Lebensraum-Theorie, siehe nächster Absatz; die Thule-Gesellschaft etwa glaubte in bewusster Verdrehung einer obskuren Stelle im Werk Platons, die Arier lebten auf der bisher unentdeckten Insel „Atlantis“)8. Letzten Endes dann könne, wenn der deutsche Volkskörper bereinigt würde und wieder „arisch“ sei, das deutsche Reich zum Weltreich und Endpunkt aller Geschichte werden, heißt: der Lebensraum der Arier als Herrschaft über die Welt (vgl. etwa das von Hans Baumann komponierte berüchtigte NS-Lied „Es zittern die morschen Knochen“, wo die berüchtigte Stelle zu finde ist: „heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt“). So legitimierte Hitler seinen  Terror-Staat durch einen mythisch überhöhten Volksbegriff und sein glühender Antisemitismus wurde problemlos zur Schmittschen Notwendigkeit, als Souverän einen absoluten Feind (innerlich wie äußerlich) zu bestimmen, was bekanntlich in den menschenverachtenden antisemitisch-rassistischen Tiraden in „Mein Kampf“ kumulierten Ausdruck fand. Die „Agenda“ des „Weltjudentums“ sei einzig und allein, den deutschen Volkskörper und -willen zu sabotieren und letzten Endes zu zerstören. Der durch alle Klassen wüst grassierende Antisemitismus in der Weimarer Republik kam diesen Ansinnen bestens zugute und ist ja gerade strukturelle Grundlage für die Möglichkeit der NS-Herrschaft überhaupt sowie strukturelle Bedingung für derartig ausschlagenden Antisemitismus.

Strasser kam schon früh in ideologischen Konflikt mit Hitler: Bis zum Scheitern des Putsches 1923 waren fast alle von einem revolutionären Umsturz der Regierung überzeugt, da man sich in der „Hauptkampflinie“ an Benito Mussolinis „Marsch auf Rom“ orientierte – doch in der Haft in Landsberg am Lech lernte Hitler den Geographen Karl Haushofer via Rudolf Heß kennen. Dieser war schon früh ein Theoretiker des geopolitischen „Lebensraum“-Konzepts, das annahm, dass eine soziale Gruppe eine fundamentale stoffliche Basis in jenem Lebensraum (Biotop) besitze, in der sie sich über lange Perioden aufhält und ohne die eine Gruppe nicht sein könne, was sie ist (= Blut und Boden-Ideologie). Bekanntermaßen wurde dieses krude Konstrukt Hauptideologem des Hitler-Faschismus und war Grundlage des „Generalplan Ost“ sowie auch des fanatisch antisemitisch-rassistischen Hasswerkes des NS-Chefideologen Alfred Rosenberg „Der Mythus des 20. Jahrhunderts“. Dem folgte postwendend auch eine Neubestimmung der Funktion der Partei, die in einer neuen Gründung der NSDAP gipfelte: Nicht mehr solle sie revolutionär sein, indem sie Ausdruck der sprengenden Kraft der deutschen Arbeiter*innenschaft sei, sondern solle auf demokratischem Wege die Demokratie selbst überwinden und somit das totalitaristische Potenzial der Weimarer Gesellschaft schlechthin offenlegen. Das widersprach grundsätzlich dem, was Röhm und Strasser (sowie anfangs der junge überzeugte nationalrevolutionäre NSDAP-Redner Joseph Goebbels, der für Strasser arbeitete und ein ausgesprochenes Faible für die prügelden SA hegte) sich erwarteten und als essentielles Programm der NSDAP ansahen. Zwischen Hitler und Röhm kam es zu einem Bruch: Noch immer favorisierten die Nationalrevolutionären den Kampf auf der Straße gegen die Republik und das als bourgeoise und jüdisch imaginierte Großkapital zum Einen, gegen Kommunist*innen auf der anderen Seite. Die Neusetzung des Souveräns auf Basis der Vertreibung des internationalen jüdischen Großkapitals müsse dann – nach wiederum revolutionärer Vorstellung – aus dem Zerstörten das positiv Neue schaffen (hier natürlich auch der Gegensatz schaffendes – raffendes Kapital als Analogon zu national – international, der ebenso für Hitler konstitutiv war, der nur auf anderem Wege zum gleichen Schluss gelangt).

Springen wir an dieser Stelle – das oben angeschnittene Feld ist reichlich komplex und es gäbe noch Unmengen an Differenzierungen zu betrachten, doch glauben wir, dass an dieser Stelle die ideologische Differenz genügend herausgearbeitet worden ist, um im Text weiterzugehen – nun in die Zeit nach 1945, so spielt auch dort die Spaltung in hitleristische und nationalrevolutionäre Lager eine gewichtige bis zentrale Rolle. Wenn etwa der ANS/NA und spätere FAP-Kader Ewald „Bela“ Althans in Michael Schmidts Dokumentation aussagt, er habe sich von Michael Kühnen distanziert, weil:

Althans: He [Kühnen, Anm. d. Verf.] tried to make a so called special line in the fight, a revolutionary line, Ernst Röhm, Strasser and so on, which was not my line.

Interviewer: What was your line?

Althans: My line was that I was very hitleristic and I said that everything Hitler did was correct. And he said Hitler made mistakes“,9

dann wird deutlich, wie grundlegend die theoretische und ideologische Diskussion dieser Positionen noch in den 80er-Jahren in Top-Neonazi-Kreisen war (und in Althans Falle, der selbst homosexuell war, spielte Kühnens Sexualität keine Rolle). Dass v. a. die Ideologie-Frage in der FAP eine große Rolle spielte, zeigte dann auch die Spaltung ehemaliger ANS/NA-Kameraden: Während Kühnen, der nach seiner Haft die Strasser-Doktrin full-on als Hauptkampflinie der FAP durchzusetzen trachtete (mit Christian Worch und Thomas Brehl), wollten sowohl Althans als auch Jürgen Mosler dies nicht mittragen. In Moslers Fall dürfte das Coming-Out Kühnens eine größere Rolle gespielt haben, hängt aber insofern mit der Strasser-Doktrin zusammen, als Kühnen sich nach der Haft sehr stark auf Röhms SA und die Idee des reinen Männerbundes bezog. So verkündetet er u. a., dass gerade die sexuelle Bindung unter Männern als Ideal aller Sexulität zu sehen sei, da sich dort abseits der Sexualität zwischen Mann und Frau (rein funktionelle Reproduktion des arischen Menschen) schaffender Geist gegenseitig stärke – für typologischen Hitlerismus natürlich eine krasse Abweichung.

Ein anderes Beispiel ist eine an sich hinlänglich bekannte Begebenheit, die jedoch selten in ihrer Tragweite erfasst wird: Als der (mittlerweile verstorbene) Dortmunder Neonazi Siegfried Borchardt im Dortmunder Stadtrat gegenüber Spiegel TV 10 sarkastisch aussagte, er sei über seinen Beinamen „SS-Siggi“ unglücklich, weil er lieber „SA-Siggi“ heißen würde, dann ist das nicht nur krass, sondern klares Zeugnis einer nationalrevolutionären Ausrichtung. Entlarvend auch Borchardts Aussage an späterer Stelle selbiger Reportage: Auf die Frage, wie lang er denn weiter so aktiv in den Straßen der Dortmunder Nordstadt sein wolle, antwortet Borchardt: „Ja bis ich … ja … bis zur Revolution, was soll man machen. Ich hab nix Andres gelernt, als Revolution-Machen [lacht].“ Ähnliches dürfte auch für Gottfried Küssel sowie diverse andere langjährige österreichische Altkader gelten: Ein Ausschnitt aus einer Rede in Berlin vor GdNF-Kameraden verdeutlicht Küssels Rhetorik und Einstellung.

Ja wenn sie nicht unsere Freunde sein wollen, dann sind sie eben unsere Feinde, ist mir auch egal. Dann müssen sie aber mit unserer geballten Kraft rechnen, dann müssen sie damit rechnen, dass es mal Haue gibt, und dann brauchen sie nicht draussen auf der Straße schreien „Tod dem Faschismus!“ und sich aufregen, wann wir daherkommen und ihnen aufs Maul hauen! [Beifall] Wann dieses deutsche Volk endlich mal kocht, dieses Ding ist noch zu lau, heiß werden muss es, kochen muss es, es muss vor Liebe glühen, gemeinsam sind wir unausstehlich. Wir sind unausstehlich […].11

Küssel, der seine Wehrsportübungen unter Anleitung des VAPO-Kaders und ehemaligen Bundesheerlers Hans-Jörg Schimanek jun. auch in den braunen Hemden der SA durchführen ließ, war schon seit seinen Aktivitäten bei der ANR dafür bekannt, einen Hang zum nationalsozialistisch-nationalrevolutionären Proletenkult zu pflegen. Darüber hinaus spricht die Gründung der GdNF als „neue SA“ klare Worte: Auch die VAPO war Teil der GdNF, Bereich „Ostmark“. Natürlich bekennt man sich wie auch Röhm und Strasser vollumfänglich zu Hitler, aber ideologisch folgte die GdNF Kühnens Strasserismus.

Auch Küssels gekonnte Selbstinszenierung verdeutlicht seine politisch Herangehensweise: Der leichte österreichische Akzent, der sich klar abhebt von der deutlichen, rhetorisch einwandfreien Sprache eines Ewald Althans oder Christian Worch sowie das stete Rekurrieren auf politische Gewalt gegenüber Linken dürfte dabei einen Teil der Anziehungskraft Küssels im organisierten Neonazi-Netzwerk ausgemacht haben. Auch der ehemalige Neonazi und Aussteiger aus VAPO-Kreisen Stefan S. hat ähnliches in einem Interview, das im AIB erschienen ist, kundgetan:

Der [Gottfried Küssel, Anm. d. Verf.] hat sich hauptsächlich dadurch ausgezeichnet, daß er sich nachher [nach Wehrsport-Übungen der ANR in einem Steinbruch südlich von Wien, Anm. d. Verf.] bis zur Bewußtlosigkeit zugeschweißt hat. Deswegen haben sich viele „Kameraden“ von ihm distanziert. Der war nicht vertrauenswürdig. Die anderen waren fast alle Jus-Studenten aus guten Familien. Der Küssel, der galt als Vertreter des Proletariats. Alle anderen waren „rich kids“. Der Küssel, der hat derbere Späße draufgehabt. Der hat z.B. im Vollrausch auf der Höhenstraße Autos zusammengehaut.

Wichtig anzumerken ist, dass dies noch für die Zeiten galt, als ANR-Kader (Herman Plessl, Egon Baumgartner, Günther Bernard, Franz Koci, Bruno Haas, Michael Witt, Martin Neidhart) neben der „Volkssozialistischen Partei“ (VSP, von der ANR als „Apfelgruppe“ klandestin bezeichnet wegen ihres Parteilokals in der Wiener Apfelgasse) die Wiener Szene organisierten – Stefan S. attestiert Küssel schon mit der Gründung der VAPO nach dem Modell der „Freien Kräfte“ bzw. „Freien Kameradschaften“, seine Strategie verfeinert und die unkontrollierten Gewaltausbrüche beendet zu haben. Und betrachtet man die Organisierungen, die aus dem Umfeld von Küssel respektive durch Küssel selbst entstanden sind, so muss man klar sehen, dass Küssel sich nach jedem Repressionsschlag neu orientiert wie auch seine Strategie wohl immer nachhaltiger, vorsichtiger und langfristiger ausgelegt hat und ein rasches Gespür für Adjustierungen an gesellschaftlich-diskursive Themenschwerpunkte entwickelt hat.

Eine solche Adjustierung dürfte auch CQ darstellen: Denn kaum waren die ersten Kungebungen der Corona-Rechten abgehalten, trat auch Küssel auf den Plan. Mit einer erstaunlich diversen und umfassenden Gruppe an neonazistischen Aktivist*innen trat er nach Jahren der Haft und des Unsichtbar-Seins direkt wieder ins Rampenlicht und schon Ende August konnte Küssel auf der Redner*innenbühne von Querdenken gesehen werden. Der Aufbau zahlreicher Bekanntschaften und Bündnisse deutet auf eine klare politische Linie hin: Vereinigung rechter, nationalistischer, esoterisch-apolitischer und scheinliberaler Kräfte der Mitte, um unter gemeinsamen Bannern vorab „nur“ gegen die Regierung auf die Straße zu gehen. Die Inszenierung als Befreiungsbewegung und revoltierendes Volk gegen die Obrigkeit kann hierbei als nationalrevolutionäre Ideologie eingeordnet werden: Denn auch im Querdenken-Milieu zweifelte man bald an der friedlichen Strategie – viele sinnierten schon da einen militant herbeigeführten Systemwechsel herbei.

Fassen wir dies nochmals unter den ideologischen Dimensionen der Corona-Rechten zusammen, ist das Bild ebenso präsentativ: eine nationalrevolutionäre Querfront, die nach außen hin zahlreiche soziale Gefüge der Gesellschaft im Kampf gegen eine Weltverschwörung und einen international gelenkten, korrupten Staat eint, der durch eine Regierungsclique beherrscht würde, die wiederum nur auf Anweisung globaler Finanzelite agieren und handeln würde, die nun versuchen würde durch die Zwangsimpfung einen leicht kontrollierbaren „Globohomo“ zu erzeugen (die Analogie zur Strasser-Ideologie ist bestechend). Logisch konsequent erschien dann im Fortlauf der Proteste eine neue Website im Umfeld neonazistischer Telegram-Kanäle (mittelfristig gelöscht, nun aber wieder online): „Sozialismus Jetzt!“. Dazugehörige Sticker und mindestens zwei öffentliche Aktionen wurden unter dem Label betrieben. Der Eingangstext eines Videos stellt wiederum klare nationalrevolutionär-antisemitische Ideologie dar, die den klassischen NS-Topos der Jüd*innen als „heimatloses Trabantenvolk“ bemüht, das nur durch die Ausbeutung ethnisch-homogener Völker überleben könne:

In Wien hat es sich eine kleine Clique wurzelloser Spekulanten zur Aufgabe gemacht Mietshäuser anzukaufen, die Bewohner systematisch hinaus zu ekeln und anschließend die so frei gewordenen Grundstücke finanziell auszubeuten!

Darauf folgte die Forderung: „Enteignet die Bonzen!“, danach eine Transparent-Aktion mit bengalischen Flammen, auf dem Transparent zu lesen: „Sozialismus Jetzt!“ Die Website samt Aktion wurde allerdings nicht auf den Kanälen von CQ selbst lanciert: Denn CQ steht als politische Kraft in direkter Verbindung zu weiteren neonazistischen Kanälen und Websites, zwischen denen hintergründig starke Wechselwirkung angenommen werden muss. Denn – wie uns zugespielte Bilder zeigen – handelt es sich bei den Aktivist*innen von „Sozialismus Jetzt“  um die gleichen, die auch konstant bei den Demonstrationen von CQ in Eisenstadt in direktem Kontakt mit den Küssels stehen.

Wie die Aktionen der „Sozialismus Jetzt“ Gruppe zeigen, spielt die Gegend rund um Küssels Wohnung eine Rolle für die Durchführung von Aktionen. Auch kann in Bezug auf neonazistisches Treiben rund um das Objekt in der Unteren Donaustraße angemerkt werden, dass die Gegend zwischen Praterstraße und Unterer Donaustraße im Areal Nestroyplatz bis Praterstern meist zugepflastert ist mit neonazistischen Stickern der „Tanzbrigade“, „Eisern Wien“, „Identitären“ und von „Unwiderstehlich“ (dazu unten mehr). Dies wiederum deckt sich auch mit uns zugespielten Erkenntnissen einer antifaschistischen Gruppe: Der Gruppe ist es gelungen, Neonazis aus dem militanten Umfeld von Gottfried und Karin Küssel aus der Unkenntlichkeit in die Öffentlichkeit zu zwingen und aufzuzeigen, dass das Gewaltpotenzial der Gruppe über die Jahre keineswegs geringer geworden ist. Auf eine antifaschistische Initiative hin, die Anrainer*innen im Czernin-Grätzl ermuntern sollte, Neonazi-Aktivitäten in der Leopoldstadt zu dokumentieren, erfolgte eine gefälschte Antwort unter der Identität einer vermeintlichen Hausbewohnerin.

Die Antifaschist*innen ließen sich auf die Mail ein, in dem Bewusstsein dass es sich um eine Falle handeln könnte – der Falle allerdings wurde ebenso großer Erkenntniswert attestiert. Ein Treffen am Donaukanal zur vermeintlichen Infoübergabe wurde arrangiert, der Platz lag unmittelbar unterhalb von Küssels Haustür in der Unteren Donaustraße 39. Statt der vorgegebenen Hausbewohnerin kamen jedoch rund 25 schwer vermummte Neonazis in drei koordinierten Gruppen samt Späher*innen zum vereinbarten Treffpunkt (insgesamt etwa 30 Neonazis), zum Teil auch direkt aus dem Stiegenhaus der Küsselschen Wohnung.

Den Antifaschist*innen gelang es, das Auftauchen der Rechtsextremen zu dokumentieren, selbst aber komplett unerkannt zu bleiben. Folgendes Video wurde uns von der Gruppe übermittelt und zeigt das Auftreten der ersten eintreffenden Gruppe am ausgemachten Ort.

Beziehen wir dies auf die eingangs gestellte Frage, was nun eine „Querfront“ als politisches Modell tatsächlich erreichen will und was eben nicht. Wichtig ist hier die genaue Analyse der politischen Situation und das Erkennen der pluralen, aber konzertierten Mehrgleisigkeit neonazistischer Polit-Strategie im Angesicht des Erscheinens der Corona-Rechten: Oft ist zu lesen, Neoanzis nationalrevolutionärer Prägung würden nach einem Bündnis mit der radikalen Linken streben. Bezogen wird sich dabei meist implizit (ohne irgendeinen Nennung) auf eine kurze Periode in der politischen Konzeption der „Nationalen Front“ (NF), die etwa mit Slogans wie „Die Grenze verläuft nicht zwischen Links und Rechts, sondern zwischen oben und unten!“ für Aufsehen sorgte. Doch auch diese Phase wurde bald zugunsten einer Waffen-SS-Ideologie (Stichwort Europa-Konzeption) ab etwa Mitte 1988 für beendet erklärt. Ähnliches versuchte kurzfristig auch die „Sozialrevolutionäre Arbeiterfront“ (SrA), doch hier zeigt sich, was auch für CQ und „Sozialismus Jetzt“ veranschlagt werden muss: Das nicht öffentlich Motto der SrA lautete „Die linke Unruhe mit linken Mitteln nach rechts umfunktionieren“, was klar abbildet, worin die SrA die Nutzbarkeit linker Politik sah – das folgende Zitat verdeutlicht das nochmals auf besonders anschauliche Art und Weises:

Daß Grams [gemeint ist der RAF-Militante der 3. Generation Wolfgang Grams, Anm. d. Verf.] auf der falschen Seite stand, würden wir eher als Zufall bezeichnen […] Weiter müssen wir feststellen, daß wir uns genetisch und biologisch in keinster Weise von Linken unterscheiden – wohl aber  können wir Unterschiede zwischen uns und den HERREN DIESES Systems ausmachen. Das bedeutet für uns zweifelsfrei: Der Feind ist nicht im eigenen Volk zu suchen […] Wir sind bereit, mit dem ‚Teufel‘ [gemeint sind Linke, Anm. d. Verf.] ein Bündnis einzugehen, wenn es der nationalen Bündnisbewegung unseres Volkes nützt.

Schon im Konzept der SrA wird klar, dass man nicht versucht, eine gewissermaßen polit-neutrale Querfront aufzubauen, sondern gezielt politische Dimensionen der radikalen Linken zu okkupieren, zu übernehmen und für eigene Zwecke umzumodeln. Zwar war es für manche SrA-Kader wohl theoretisch denkbar gewesen, tatsächlich mit Linken politsch zu arbeiten, aber zweifelsohne bleibt der massive Antikommunismus (verstanden als anti-linke Ideologie generell) ein zentraler Stein in der Grundlegung neonazistischer Politprogramme. Umgelegt auf CQ bedeutet das: Man will unter keinen Umständen mit linken Gruppierungen kooperieren – was man will ist: sozialistische Positionen für sich nutzbar und der Linken abspenstig machen, um politische Hegemonie zu erlangen. Zwar ist dies nicht explizit durch inhaltliche Arbeit auf den unmittelbaren Propagandakanälen vermittelt, jedoch durch die Verbindungen zu anderen Kanälen, die im kommenden Abschnitt noch dargelegt werden.

Interessant ist in Bezug auf den Telegram-Kanal von CQ noch zu erwähnen, dass bei der Bewerbung von CQ und deren Veranstaltungen besonders niederschwellige Mobilisierungsmethoden angewandt werden: Weniger konkret Ideologisches ist dort vorzufinden, denn alltägliche Hetze auf Politiker*innen, oftmals im Format von Witzen oder Parodisierungen verklausuliert. Offenbar versucht man gezielt, klar rechtsextreme Inhalte subtil und indirekt zu vermitteln – meist erfolgt dies über den Umweg „impfskeptischer“ oder „impfkritischer“ Inhalte, die Rassismus, Antisemitismus und Sexismus ironisiert oder parodisiert aufscheinen lassen. Möglichst zugänglich für den diskriminierenden Alltagshabitus in Österreich und diskursiv locker gestrickt, dürfte es CQ so ein Anliegen sein, Personen unmittelbar dort abzuholen, wo sie stehen. Doch auch der ausgewählte Ort der lokalen Aufmärsche von CQ dürfte hierfür eine Rolle spielen: Mit Eisenstadt hat CQ die kleinste Bundeshauptstadt gewählt, das ländliche Gebiet erfordert nochmals andere Mobilisierungsstrategien als etwa die Metropolregion Wien.

Das Verhältnis von CQ & „Sozialismus Jetzt“ zu „unwiderstehlich.online“ und dem „Infokanal Deutschösterreich“

Neben den oben genannten Konstellationen gibt es noch zwei weitere Telegram-Kanäle, die als konstitutiv für den österreichischen Neonazismus erfassbar sind. Gemeinhin wird in Publikationen zumeist von Unwiderstehlich und der dahinter agierenden Neonazi-Gruppe als „Sprachrohr“ des österreichischen Neonazismus gesprochen – doch dieses Urteil greift zu kurz: Denn zumindest zwischen dem Infokanal und Unwiderstehlich gibt es starke Verbindungen – permanent werden die Inhalte der jeweils anderen Gruppe geteilt, ständig wird sich aufeinander bezogen. Wenn auch zum momentanen Zeitpunkt nicht klärbar ist, wer die beiden Kanäle konkret betreibt – eine ältere Einschätzung zum Klientel der ersten Unwiderstehlich-Gruppe findet ihr bei den Kolleg*innen sowie durch angefertigte Mitschnitte aus dem rechtsextremen „Reconquista Germanica“-Forum – so liegt im Mindesten die Vermutung nahe, dass beide Kanäle aus dem direkten Umfeld von Küssel stammen. Das Klientel, das die Kolleg*innen annahmen, führt direkt in den innersten Kreis der alpen-donau.info-Gruppe und auch die angehängten Screenshots des Reconquista-Forums legen nahe, dass zwischen der alpen-donau-Truppe und Unwiderstehlich eine personelle wie ideologische Kontinuität festzustellen ist.

Auch ist es wichtig zu bemerken, dass sowohl Unwiderstehlich als auch der Infokanal zwei Seiten einer Medaille ganz gezielt bedienen: Während Unwiderstehlich hauptsächlich in Bezug auf das politische Tagesgeschehen nationalrevolutionäre Einordnungen und Kommentare bringt, die zumeist die Themen Korruption, Finanzeliten und Migration bespielen, ist der Infokanal als rein ideologische Inhaltsschleuder zu betrachten. Dort findet sich ganz offen neonazistische Hetze, Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Transphobie und neonazistische Verschwörungs-Ideologeme in Bezug auf SARS-Covid-19 und die Impfung gegen das Virus.

Zwar wurde auf dem Telegram-Kanal von CQ nur ein einziges Mal Content des Infokanals geteilt (Unwiderstehlich-Inhalte zweimal), allerdings wurden die Veranstaltungen von CQ mehrfach im Infokanal beworben: Betrachtet man dann aber das ideologische Textmaterial im Archiv des unwiderstehlich.online-Page wird ein mögliches Nahverhältnis luzider. Dort referiert Unwiderstehlich ganz klar und offen auf Querfront-Ideologien und nationalrevolutionäre Konzeptionen. In ihrem Artikel „Weltbild und Weltanschauung I – Dogma gegen Aufklärung“ etwa findet sich abseits der grundlegenden Rassenlehre als ordnende Struktur der Geschichte (Religion und Aufklärung als Störung der Entwicklung natürlicher, erbbiologischer Rassen nach dem Gesetz des Stärkeren) der konkrete Hinweis auf die Notwendigkeit der Etablierung eines Volkes- anstelle internationalen Klassenkampfes. Dieser sollte die Herrschaft der kapitalistischen und imperialistischen Moderne beseitigen und ermöglichen, dass die europäischen Rassen sich wieder frei nach ihrer rassischen Veranlagung entwickeln könnten. Dabei wird erneut ein nationaler Sozialismus als integral definiert: Denn mit Werner Sombart (einem bedeutenden Theoretiker der Konservativen Revolution) stellt Unwiderstehlich fest, dass der Marxismus nicht den wahren Sozialismus abbilde, sondern dieser erst zu seiner Vollendung in einer nationalen Gemeinschaftordnung finden könne, die ihre rechtliche Ordnung nach dem Dienste des Einzelnen am Kollektiven misst („Liberalismus vs. Konservativismus – Sozialismus“). Daran anschließend wird auch eine pragmatische Querfront für durchaus sinnvoll befunden, die mit rechten, patriotischen und nationalen Parteien und Gruppierungen eingegangen werden könnte, um zumindst vorübergehend mehr Stärke im politische Alltag auf der Straße demonstrieren zu können und der Linken gesellschaftliches Pontenzial abspenstig zu machen – die Lösung allerdings liegt für Unwiderstehlich einzig und allein in der Schaffung eines nationalen Sozialismus, der vermöge eines diktatorischen Souveräns als verbindliche Verfassung gesetzt werden muss.

Naheliegend ist eine Praxis der Aufteilung der Rekrutierung und Propaganda auch aus einem recht banalen Grund: Schon die ANR hatte ihre Rekrutierungsarbeit immer damit begonnnen, neue potenzielle Mitglieder nicht ideologisch abzuholen, sondern über das Simulieren eines Gemeinschaftsgefühls, das auf dem Modus von Schmitts Freund-Feind-Dichotomie beruhte. Das bestätigt auch Stefan S.: Auf die Frage, wie schnell ideologische Elemente in der ANR gegenüber neuen Rekrut*innen verbreitete wurden, antwortet S.: „In der Anfangsphase kaum. Das Politische war mir damals wurst, ich bin von denen nur sehr langsam indoktriniert worden. Die Kameradschaft, die hat gezählt.“

So liegt aus obigen Gründen die Vermutung nahe, dass die drei Kanäle ein politisches Ganzes darstellen, das äußerst akkurat als Propagandamaschine genutzt wird, während auf der Straße vorab allein unter dem Logo der zugänglichen CQ-Gruppe aufgetreten wird.

Zwar handelt es sich um keinen Beweis, dass eine konkrete Interaktion zwischen den tatsächlichen Akteur*innen der Kanäle stattfindet, dennoch ist mit der Einschätzung der Kolleg*innen sowie der kurzen Aufschlüsselung der Ähnlichkeit der politischen Praxis erwiesen, dass ein Naheverhältnis angenommen werden muss.

Fazit

Wir wollen die Analyse von CQ an dieser Stelle mit einem Hinweis respektive einer Einschätzung schließen: Die Gruppe CQ zeigt exemplarisch, wie salonfähig Rechtsextremismus und Neonazismus in der Gesellschaft des postnazistischen Österreich noch immer sind. Diese Feststellung wurde vielfach im Rahmen der Corona-Demonstrationen belegt und expliziert – aber anhand von CQ kann ganz konkret gezeigt werden, wie schnell sich rechtsextreme Seilschaften bilden und wie gewillt rechte Akteur*innen sind, Kooperationen und Bündnisse einzugehen, um einem höheren Ziel entgegenzuarbeiten. Auch wenn die Zielsetzungen variieren und der Grad an Extremismus ebenso, ist diese Tendenz zu Querfront-Bildung bis ins mitte-liberale Lager hinein etwas, wogegen gesellschaftliche Gegenstrategien gefunden werden müssen, die abseits trivialer Einordnungen dieses Klientels als unzurechnungsfähig (Stichwort der gern verwendete Begriff „Covidioten“, vom Begriff des „Idiotismus“ ganz abgesehen), bildungsfern u. ä. liegen. Denn zum Einen verharmlost das die politische Dimension, die in zahllosen Fällen klar zutage trat und nimmt – durch den elitären Moralismus, der sich in diesen Begriffen und Aussagen entäußert – auch die Möglichkeit solche Bewegungen kritisch zu begreifen.

Zum Abschluss wollen wir wieder um Mitarbeit bitten – auch hier konnten wir nicht alle faschistischen Akteur*innen bestimmen, die Bilder dieser findet ihr untenstehend. Wenn ihr Menschen erkennt, meldet euch bei uns via eingerichtetem Kontaktfeld!

Unbekannte Neonazis:


1 Im Folgenden greifen wir etwa für Harald A. Schmidt oder etwa Lucas Tuma sowie an der einen oder anderen Stelle auf den reichen Informationsfundus von „Stoppt die Rechten“ zurück, werden das aber nicht an jeder Stelle direkt erwähnen. Deshalb wollen wir das an dieser Stelle tun – konkrete Artikel jedoch, auf die wir uns beziehen, werden selbstverständlich als solche verlinkt und gekennzeichnet.

2 Bekannt wurde Schmidt einer weiteren Öffentlichkeit, da er als Anwalt der wegen mehrfachen Mordes verurteilten Elfriede Blauensteiner dabei half, die Testamente in den Besitz Blauensteiners zu bringen, was ihm einen Haftstrafe einbrachte.

3 Wir erwähnen Küssels Kinder hier allein deshalb, weil durch die Dichte der Besuche von einschlägige politischen Veranstaltungen, keinerlei vorliegender Distanzierung vom Gedankengut der Eltern oder wenigstens Desinteresse an politischer Betätigung seitens Gudrun und Gerolf Küssel vorliegt. Wir müssen sie deshalb als bereits eigenständige Akteur*innen im neonazistischen Netzwerke Österreichs betrachten, die – davon ist zum jetzigen Zeitpunkt auszugehen – die nächste Führungsriege des NS-Spektrum darstellen wird.

4 Zur Wortklärung: Bei einer „Ferialverbindung“ handelt es sich um eine solche Art der Korporation, die nicht in einer Stadt gestiftet worden ist, in der die Korporierten direkt auch universitär immatrikuliert sind. Oft wurden sie von Burschenschaftern gegründet, die sich während der Universitätssemester in größeren Städten korporiert aufhielten, über die Semesterferien allerdings zurück zu ihren Familien in ihrer Heimatstädte reisten. Damit sie dort ebenso den Korporationsalltag aufrecht erhalten konnten, wurden sogenannten „Ferialverbindungen“ gestiftet, die entweder pennal „pF!“ oder akademisch „aF!“ konstituiert werden konnten. Dementsprechend wäre eine „aF! Wiener Reich“ eine geschichtlich inkorrekte Korporationsform, da Wien zum Einen über dutzende deutschnationale aB! verfügt, zum anderen eine der bekanntesten und ältesten Universitätsstädte Europas ist. Erklärt werden kann dies jedoch, indem das Rekrutierungsmilieu und die Strategie der Küssel-Truppe betrachtet wird: Küssel bildete seit jeher durch sein Charisma und seine persistente Umtriebigkeit eine Schnittstelle für das akademische wie aber auch proletarischere rechtsextreme Milieu; und so ist eine offene Ferialverbindung optimal geeignet, für diverse Typologien rechtsextremer Biografien als Anlaufstelle zu dienen. Wie wichtig auch das junge deutschnationale – sowohl pennale als auch akademische – Burschenschaftsmilieu für die alpen-donau.info-Organisierung war, zeigen etwa die folgenden Fälle: Benjamin Fertschai (ehemals aB! Silesia), Martin Sellner (ehemals aB! Olympia), Horst Pilz (ehemals aB! Olympia), Sebastian Ploner (ehemals aB! Olympia) oder aber der pennale Burschenschafter Thomas Cibulka (ehemals pB! Franko-Cherusker) – und auch das Umfeld ist gespickt mit Burschenschaftern: Angeführt seien hier zwei: Gernot Schandl (aB! Gothia), ein guter Bekannter des Autobombenfetischisten Wolfgang Lechner und der Unsterblich Wien-/Ballermann Jungs-Kader Christian Marinics (aB! Silesia). Hier findet ihr die ursprüngliche Recherche und die dazugehörigen Bilder.

5 Tanczos hatte an einer seiner Adressen dort auch einen Kommanditgesellschaft betrieben. Zweiter Kommanditist war neben Tanczos der ehemalige Vorsitzende der „National-Konservativen Union“ (NAKU) und der neonazistischen Burschenschaft „Tafelrunde zu Wien“ Wilhelm Ehemayer, der auch ein Intimus des im Sopron lebenden Neonazis Gerd Honsik war und für diesen die Einladungspolitik der neonazistischen Burschaft „Tafelrunde Ödenburger Markomannen“ organisiert hatte.

6 Das geht aus einem Kürzestbeitrag im Radio Burgenland hervor, wobei der Redaktion nicht klar war, dass die Hausdurchsuchung ein Neonazi-Objekt betraf.

7 Das zeigt sich etwa historisch anhand der Episode, als der DAP-Mitbegründer Anton Drexler versuchte, Hitler zurückzudrängen, um sich selbst mit Hilfe einer Koalition mit weiteren deutschnationalen und rechtsextremen Parteien die Macht in der NSDAP zu sichern. Hitler erklärte daraufhin seinen Austritt, einzig eine Bedingung würde ihn an die Spitze zurückholen: Drexlers Rücktritt vom Vorsitz und die alleinige Bündlung der Macht unter Vorsitz Hitlers.

8 Die Ideen gingen teilweise so weit, dass etwa der nazistische Geheimbund „Thule Gesellschaft“ annahm, dass es eine Form von „Atlantis“ tatsächlich gäbe oder gegeben habe, wo die „Arier“ weiterhin lebendig seien.

9 Wahrheit macht frei, Regie von Michael Schmidt (Kanal 1 des Schwedischen Fernsehens, 1991), 47:57 bis 48:21, https://youtu.be/l1NMuVMPw8w.

10 Nazi-Kiez in Dortmund – wo sich „SS-Siggi“ und der „Holland-Hitler“ wohlfühlen, Regie von Spiegel TV (Spiegel TV, 2019), 09:31-10:12, https://youtu.be/8OR2la_Dk1o.

11 Wahrheit macht frei, 33:18 bis 33:35.

Rechtsextremer Kampfsport, Biker-Kriminalität (MC) und neonazistische Vernetzungen: Die „Sportgemeinschaft Noricum“, ihr Umfeld und das gesellschaftliche Problemfeld Kampfsport.

Noricum

Seit 2018 existiert die neonazistische Gruppe „Sportgemeinschaft Noricum“ (SGN). Der keltische Stamm der Noriker, nachdem sich die Gruppe benannt hat, beherrschte in der vorchristlichen Zeit (200 v. Chr. bis ~16 v. Chr.) weite Teile des heutigen Staatsgebietes Österreich und die dort lebenden Stämme im sogenannten „Regnum Noricum“. Durch die Benennung ist schon eine erste Kategorisierung möglich. Der historische Bezug auf einen keltischen Stamm deutet auf eine nicht uninteressante Namensgebungspraxis hin: Der namentliche Verweis auf die als roh, brachial und vorzivilisatorisch wahrgenommene Zeit der germanischen und keltischen Stämme in Europa darf als typologisch für rechtsextreme Kampfsportbünde betrachtet werden (daneben ist das Narrativ bekanntermaßen auch bei deutschnationalen Burschenschaften beliebt). Die Stilisierung antrainierter professioneller Gewalt und rücksichtslosen Verhaltens gegenüber als Feind:innen wahrgenommene Individuen und Gruppen ist dabei maßgeblich für faschistische Kampfsportgruppen und deren Umfeld.

Der kollektive Haarausfall, das peinlich protzige Gehabe, die aufgepumpten Körper, die aussehen, als ob jeder noch so kleine Pieks die Luft rauslassen würde, tun jedoch das ihrige, um deutlich zu machen, welche Gesinnung die SGN nach außen und innen hin vertritt.

Ein Teil der Noricum-Kerngruppe.

Zynismus beiseite, bei Noricum handelt es sich um eine der verborgeneren männerbündisch organisierten rechtsextremen Gruppen Österreichs. Die Gruppe setzt sich hauptsächlich aus dem Hooligan-Spektrum der Wiener Clubs „SK Rapid Wien“ und „FK Austria Wien“ zusammen. Während die beiden Vereine grundsätzlich Stadtrivalen sind, vernetzten sich rechte bis rechtsextreme Hooligans unter dem Motto „Eisern Wien“ zu einer geschlossenen Gruppe neonazistischer Prägung. Erweitert wird Noricum durch Personen, die der Kampfsportszene zuzurechnen sind, sowie Personen aus dem Security- und Türsteher:innenbereich, allesamt mit starken Verzweigungen ins „Rotlichtmillieu“.
Festzustellen ist auch, dass sich die heutigen fixen Mitglieder von Noricum bereits mindestens seit 2015 einigermaßen geschlossen im Feld rechtsextremer Politik bewegen. Wie diverse Aufnahmen von Demonstrationen der „Identitären Bewegung Österreich“ (IBÖ) ab 2015 belegen, finden sich dort bereits die heute aktiven Protagonisten der Gruppe, wenn auch ohne Logo oder einheitlichem Auftritt. Haupt-Betätigungsfeld damals schon: Demonstrations- und Personenschutz.

Noricum und drei weitere Neonazis bei der Identitären Demonstration 2015.

Allgemein gilt, dass die Gruppe sowohl auf einen Öffentlichkeitsauftritt (abgesehen von Stickern und T-Shirts mit dem Noricum-Logo, sowohl für Teammitglieder als auch für externe Supporter:innen) wie auch auf einen offiziellen, geschlossenen politischen Ausdruck verzichtet. Dass wir hier jedoch nicht über einen unpolitischen Cis-Männerbund mit Kampfsportfetisch berichten, zeigt sich besonders deutlich anhand ihrer Teilnahme am „Kampf der Nibelungen“ (KdN) in Ostritz 2018. Hier reiste die Gruppe an, um mit einem eigenen Kämpfer (Roman Blaschek) am Event teilzunehmen. Die blutige Lippe Blascheks und die resiginierten Mimik lassen den Ausgang des Kampfes erahnen (siehe: Runter von der Matte).

Szeneveranstaltungen abseits der Augen der Öffentlichkeit scheinen das bevorzugte Aktionsfeld Noricums. So trifft man sich gerne im eigenen Vereinskeller im 20. Wiener Gemeindebezirk, Klosterneuburger Straße 123, 1200 Wien. Dieses dürfte von Robert Burgers (siehe unten) „STB Bau- u. Handelsgesellschaft m.b.H“ angemietet worden sein, um unnötige Querverbindungen zu einzelnen Mitgliedern von Noricum zu vermeiden.

Was aber steht hinter dem verdeckt agierenden Kampfsport-Team? Noricum passt nicht ins Bild typischer, rein politsch aktiver Neonazi-Strukturen in Österreich – weder ihr Organisationsformat noch ihre Betätigungsfelder lassen sich etwa in Übereinstimmung bringen mit den Strukturen der VAPO, des alpen-donau.info-Projekts oder aber elitärer Thinktanks à la AFP-Verein (dem ohnehin nur noch wenig bis gar keine Bedeutung zukommt, nicht zuletzt, da hochrangige Kader wie etwa Hermann Ussner – ehemals auch Mitlied der Kameradschaft Babenberg – aufgrund ihres hohen Alters wegsterben). Zugleich sind sie im Hinblick auf ihre zahlenmäßige Größe kleiner und verschworener als klassische faschistische Hooligan-Gruppierungen, auch wenn die Mitglieder Noricums durchaus diesem Spektrum originär entstammen. Lediglich 13 Personen tragen die Member-Kutten von Noricum, ein gewisses Spektrum an Supporter:innen erweitert die Kerngruppe – fast alle Supporter:innen dürften hierbei durchwegs aus der rechtsextremen Szene Wiens und Ostösterreichs stammen, wie etwa der langjährige Neonazi aus dem alten Unwiderstehlich-Umfeld (und relativ neues Support-Member) Helmut Liebenauer. Die Kutten als Uniform geben dabei bereits den entscheidenden Hinweis auf das dahinterstehende Organisationsformat, das immer mehr auch das typsich neonazistische Spektrum ummodelt: Noricum ist wie ein Outlaw-Motorradclub, kurz 1%-MC (siehe unten), strukturiert. Es gibt klare Hierarchien und Zuständigkeiten, es herrscht Kuttenzwang und man agiert nicht mehr rein politisch, um einen Systemumsturz gemäß faschistischer Ideologie zu erzwingen. Und so scheinen die MCs aber auch Noricum durchaus Bewegung in die österreichische Szene zu bringen: Seit wenigen Monaten nun tragen u. a. auch die Unsterblich-Mitglieder Kutten. Ein Trend, der sicherlich lohnt, weiter beobachtet zu werden, somal dieser in Deutschland schon hinlänglich seit den 80er-Jahren bekannt ist (wie etwa im Falle der elitären Neonazi-Verbindung „Vandalen – Ariogermansche Kampfgemeinschaft“, die schon seit ihrer Gründung 1982 in Berlin Weißensee durch Michael „Lunikoff“ Regener und Jens K. auf das MC-Format setzten).

Noricum lässt sich so eher mit jenen Strukturen vergleichen, deren Aktivitäten in Richtung organisierte Kriminalität orientiert sind: etwa der oberösterreichische Komplex „O21“ oder etwa die thüringischen „Turonen“/“Garde 20“ (das Thema wurde umfangreich beleuchtet, siehe etwa den extensiven Artikel von Konrad Litschko in der TAZ: Objekt 21 als Vorbild der Turonen oder aber den Artikel von Simon Tolvaj in der Lotta). Auch im Falle der Turonen (schon die Namensgebung vollzieht sich wie bei Noricum nach einem keltischen Stamm in der Region Thüringen/Franken im 2./1. Jahrhundert v. Chr.) und der Garde 20 findet sich eine MC-ähnlich Struktur. Hauptaktionsgebiet ist der Verkauf von Metamphetamin und Heroin, darüber hinaus werden Rechtsrock-Konzerte im großen Stil organisiert. Gewaschen wurde das illegale Geldkapital über Bordelle und teillegale Rotlichtstrukturen. Auch findet sich eine dezidierte Supporter:innen-Crew, die Gruppe „Garde 20“. Gute Kontakte hatten Gründungsfiguren der Turonen etwa auch zum oberösterreichischen O21 – auch hier ging neonazistische Aktivität einher mit organisierter Erpressung und Entführung, Drogen- wie Waffenhandel, Rotlicht-Kriminalität und neonazistischem Rechtsrock (Szenegrößen wie Philipp Tschentscher oder Jens Brucherseifer gaben häufig Konzerte im Desselbrunner Objekt). Auch im Fall Noricum lassen sich partielle Übereinstimmungen in den Aktivitäten finden: Gute Kontakte zu 1%-MCs, Verbindungen ins Rotlichtmilieu, Security- und Türsteherjobs, Baufirmen, die Kampfsportprojekte sponsern und Räume anmieten, obskure Inkasso-Unternehmen ohne möglichen Firmenbuch-Nachweis und allgegenwärtig: professioneller Kampfsport, v. a. MMA und Muay Thai. Darüber hinaus: beste Kontakte in die österreichische Neonazi-Szene sowie zu zahlreichen Gyms rechter Prägung. Dabei ist anhand von Fotomaterialien durchaus festzustellen, dass Noricum über hohes symbolisches Kapital in den diversen Mischszenen verfügt. Zum Einen dürfte das aus dem Kampfsport-Können abzuleiten sein, das – seit der Ablösung des Wehrsports durch regulären Kampfsport – hohes Ansehen in der Szene genießt; zum anderen sicherlich aus den validen freundschaftlichen Kontakten zu gewalttätigen, kriminellen Biker-Strukturen, etwa dem „United Tribuns MC“, dem „Outsider MC“ oder dem „Iron Bloods MC“.

Diese Ausrichtung spiegelt sich in den Aktivitäten wie auch der persönlichen Historie der 13 Akteure wider: Nicht alle sind genuine Neonazis seit ihrer Jugend, jedoch sind alle über unterschiedliche Weise in der obigen Aufzählug repräsentiert. Politisch gemein ist ihnen jedoch, dass alle Einzelakteure auch privat keinerlei Berührungsängste zu rechtsextremen Gruppen und Personen haben. Die folgenden Ausführungen werden detaillierten Überblick über die Gruppe selbst, aber auch deren weitläufiges Umfeld geben.

Die Mitglieder

Thomas Guzvan

Gemäß Patch auf der Kutte handelt es sich bei Thomas Guzvan um den „Chief“ der Gruppe (siehe oben). Guzvan enstpricht dem „typischen“ Bild österreichischer Neonazi-Hooligans: Originär entstammt er dem rechten Hooligan-Umfeld von Rapid und ist Teil der gemischten „Wiesn“-Gruppe (siehe unten) „Wiener Schlägerknaben“ (WSK).
Präsent war und ist Guzvan auf zahlreichen Demonstrationen der IBÖ, war Teil der Ostritz-Delegation und dürfte – wie Bilder nahelegen – als Türsteher im Rotlichtmilieu tätig gewesen sein. Privat macht Guzvan gerne den Eindruck des braven Schwiegersohns, wie auch Rac oder Blaschek (siehe unten). Zuletzt konnte eine Teilnahme Guzvans an jener IB-Demonstration dokumentiert werden, die nach dem Terroranschlag am Stephansplatz am 5. November 2020 stattfinden sollte, jedoch nach wenigen Metern von Antifaschist:innen blockiert worden war und sich auflösen musste.

André Emmanuel Rauch

Rauchs politischer Background liegt zum Einen in der organisierten Kurve von Rapid, zum anderen allerdings auch im neonazistischen Hooligan-Milieu von „Unsterblich Wien“: So war Rauch 2013 am Angriff auf das Ernst-Kirchweger-Haus (EKH) beteiligt, 2016 engagierte die IBÖ Rauch und sein Umfeld für Security-Dienste rund um ihre Demonstrationen in Wien. 2017 reiste Rauch nach Berlin, um dort an einer Demonstration der IBD teilzunehmen. 2018 war er Teil der Noricum-Delegation, die am Kampf der Nibelungen in Ostritz teilnahm; im gleichen Jahr nahm er ebenso am Rechtsrock-Konzert in Themar teil. Auch wurde Rauch mehrfach auf Demonstrationen der Covid-19-Leugner:innen gesehen, zuletzt etwa am 20. Jänner 2022.

Andreas „Zwetschke“ Zepke

Zepke kommt ursprünglich ebenfalls aus der Hooligan-Szene und ist seit mittlerweile mehr als 20 Jahren in der neonazistischen Szene Wiens aktiv. Anfang der 2000er fiel er etwa als einer jener Neonazis um Christian Machowetz auf, die vor dem EKH Menschen drangsaliert haben, außerdem war er Teilnehmer am Neonazi-Aufmarsch gegen die Wehrmachtsausstellung im Jahr 2002 sowie Anwesender beim nationalen Liederabend im sog. „Stüber-Heim“ mit „Sterbehilfe“ (Isabella Kordas, B&H Wien- sowie O21-Umfeld, siehe unten) und „Lokis Horden“ (Rolf Müller, ex-B&H Wien). Das Stüber-Heim war das Parteilokal der elitär-faschistischen AFP, das aber von B&H Wien intensiv genutzt wurde: Eingeladen hatte am gleichen Abend dann auch der Mitbegründer von B&H Wien, Gregor Tschenscher.
Mit dem Aufkommen der Identitären Bewegung zeigte Zepke auch hier Präsenz, indem er u. a. mit Rauch Security-Aufgaben am Rande von deren Demos übernahm. 2015 wurde Zepke mit Felix Budin beim Plausch auf einer FPÖ Veranstaltung fotografiert: Budin entstammt dem Küssel-Umfeld, war zentraler Akteur rund um die alpen-donau.info Webpage und wurde bereits nach dem NS-Verbotsgesetz verurteilt. 2017 wurde in den Räumlichkeiten der Universität Wien eine Veranstaltung der FPÖ-Parteijugend RFJ durch Antifaschist:innen blockiert: Da die dort zu spät auftauchenden Neonazis vor verschlossener Tür standen, engagierte sich Zepke bei der Jagd auf Antifaschist:innen innerhalb der Universität zusammen mit dem Neonazi Markus Ripfl und dem IB-Faschisten Gernot Schmidt. 2018 war er Teil der Ostritzer Reisegruppe.

Phil Fegerl

Wie Rauch und Zepke ist auch Fegerl bereits vor einiger Zeit als Demo-Security bei IBÖ-Märschen in Erscheinung getreten. Seine lange rechtsextreme Gesinnung spiegelt dabei nicht nur sein Facebook-Profil wider, sondern auch seine Tätigkeit bei der rechtsextremen Security-Firma „Scorpio“, bei der u. a. auch Zepke tätig war. In diesem Rahmen konnte er auch auf diversen FPÖ-Veranstaltungen gesichtet werden. Zum Kampf der Nibelungen ist Fegerl nicht angereist, dafür begleitete er Patrick Spirk in Neusiedl am See in den Ring (siehe unten).

Roman Blaschek

Blaschek war Kämpfer von SGN am Kampf der Nibelungen 2018: Es blieb bis dato sein bislang einziges offizielles Auftreten für die Gruppe im Ring. Auch ansonsten scheint seine Kampfbilanz nicht gerade für Blaschek zu sprechen. Neben dem Ring allerdings konnte er vor kurzem in Neusiedl gesichtet werden, wo er gemeinsam mit Phil Fegerl als Ring für Patrick „Panzer“ Spirk anreiste. Ebenso konnte man Blaschek immer wieder auf Coronademos finden. Ansonsten ist Blaschek bemüht, sich als Familienvater mit seinen zwei Kindern auf Social Media zu inszenieren. Trainiert wurde Blaschek  im Gym „Wolf’s Kampfsportschmiede“ in Wien Floridsdorf – in den Räumlichkeiten dieses Gyms dürften darüber hinaus auch fast alle Noricum-Mitglieder trainieren oder trainiert haben. Das unten zu sehende Foto zeigt einen Teil der Gruppe mit dem Cheftrainer des Gyms Wolfgang Huber.

Daniel Kecskemeti

Sportlich begann Kecskemeti mit American Football beim Wiener Verein „Danube Dragons“. Eine Stadion-Hooligan-Vergangenheit ist uns an dieser Stelle nicht bekannt, jedoch dürfte er über die in der Rapid-Kurve stehenden Mitglieder von Noricum Zugang zum Rapid-Gym haben: Dort dürften neben Kecskemeti auch Wolfgang Schramm und Roman Blaschek von Zeit zu Zeit trainieren. Keckskemeti konnte auch auf einer Demonstration der Identitären 2015 als Ordner und Demoschutz gesehen werden: Auf Instagram posierend kommentiert er unter einem Foto von sich auf der IB-Demo u. a. mit „anti-antifa“. Laut eigenen Angaben arbeitet Kecskemeti für das Unternehmen „Whitemare Inkasso“ (die Existenz des Unternehmens konnten wir jedoch nicht verifizieren).
Die Noricum Kutte ist auch nicht die erste Kutte, die Kecskemeti trug. Fotos zeigen ihn in der Kutte der United Tribuns, was einmal mehr unterstreicht, wie eng der Kontakt zu dem United Tribuns MC ist.
Tätowiert wurde Kecskemeti übrigens von Patrick Zapletal (der an zumindest zwei Tanzbrigade Graffitis mitgewirkt hat) und Robert Wabro aus dem „Pain & Pleasure Tattoo Studio“ in der Liechtensteinstraße 50/1, 1090 Wien, auch dazu später mehr.

Robert Burger

Burger wiederum stellt eine weitere Facette der Noricum-Gruppe dar: Weder Hooligan noch unmittelbar politisch aktiv, ist Burger im MC-Milieu unterwegs und dürfte einen guten Draht zum rechten Kampfsportidol Henry Bannert haben. Darüber hinaus ist Burger Bauunternehmer, Fitnessfanatiker, Motorradaficionado und Kraftsportler mit guten Kontakten zu den Wiener 1%-MCs, besonders aber zu Einzelpersonen des Hells Angels Vienna Charters. Burger besitzt die Baufirma STB Bau- u. Handelsgesellschaft m.b.H. mit Sitz in Putzing am See 36, in 2203 Groß-Ebersdorf, an der auch Franz Schlederer, Brigitte Milka und Alfred Wenisch Anteile halten.
Die Baufirma Burgers tritt als Sponsor von mehreren Kampfsportlern auf, u. a. von Patrick „Panzer“ Spirk, einem Wiener Kampfsportler aus dem rechtsextremen Umfeld von Noricum (siehe unten).

Franz Schlederer

Schlederer kommt aus dem Wrestling Bereich („Prater Catchen“, wo er bis heute auftritt), Anfänge datieren ins Jahr 1982. Schlederer war Amateurringer, österreichischer Juniorenmeister, zwei oder drei Jahre im Nationalteam engagiert und errang mehrere internationale Turniersiege. Schlederer trägt als Wrestler den Beinamen „Der Söldner“. Die Geschichte hinter diesem Beinamen lässt tief blicken: „Als junger Mann wollte ich nach einer Jagdkommando Ausbildung beim Heer einige Zeit aus Liebeskummer nach ‚Rhodesien‘ (Simbabwe) als Söldner. Ich hatte schon für die belgische Meldestelle alles beisammen, um bei der FNLA [Anm. d. Verf.: „Frente Nacional de Libertação de Angola“] zu kämpfen, aber da war noch einige Zeit bis zum Abtritt dazwischen und sich was anderes ergeben“, tut Schlederer in einem Interview mit einem Wrestling-Szenemagazin kund.[1] Die Anwerbung von Rechtsextremen als Söldner etwa im Jugoslawien-Krieg, im Süden Afrikas oder Französisch Guyana stellte eine durchwegs gängige Betätigung für europäische Neonazis dar und Schlederers Interesse an paramilitärischem Engagement expliziert wohl seine Geisteshaltung als junger Erwachsener: Wenige Jahre später reisten Anfang der 90er-Jahre einige Personen (u. a. die VAPO-Kameraden Peter Preisl, Alexander Wolfert und Reinhard Rade; Hans-Jörg Schimanek jun. hatte vorab bereits versucht, in Französisch Guyana Kampferfahrung zu sammeln, was mit seiner Verhaftung und Abschiebung endete) aus dem neonazistischen Milieu der VAPO nach Kroatien, um für die faschistische „Hrvatske obrambene snage“ (HOS) zu kämpfen – Ziel: Verteidigung der Weißen Rasse. Die HOS wurde von Dobroslav Paraga geführt und galt als paramilitärischer Arm der an die Ustascha-Ideologie anknüpfenden „Hrvatska stranka prava“ (HSP). Neben dem Sammeln von Kampferfahrung, der politischen Motivation, war jedoch auch die massive persönliche Bereicherung ein Grund für solche Einsätze: So etwa konnte der aus Innsbruck stammende Neonazi Reinhard Rade durch Plünderung so viel Geldkapital erwirtschaften, dass er nachher ins Immobiliengeschäft in Ostdeutschland, v. a. im Raum Leipzig, einsteigen konnte. Der Profit floss dann wieder in die Organisierung der neonazistischen Szene zurück. Und auch aktuell ist die Ausreise von Rechtsextremist:innen in Kriegsgebiete wieder Thema: Dutzende Neonazis kündigten an, das „Weiße Europa“ gegen den russischen Angriffskrieg verteidigen zu wollen – hier ist dann die andere Seite zu sehen, die wohl auf Schlederer zutrifft: Zumeist handelte es sich bei den online kundgetanen Ausreiseplänen um protziges Maulheldentum, das nie Realität geworden war – was die besorgniserregende Tendenz der Militarisierung von neonazistischen Gruppen allerdings nicht schmälert. Zurück zu Schlederer: Neben seiner Wrestling-Karriere arbeitete er auch als Security: Er selbst gibt an, für Roger Moore und Jean-Claude Van Damme gearbeitet zu haben. Aber auch Kontakte zu einigen österreichische B-Promis und Politiker:innen scheinen vorhanden zu sein (u.a. Christina „Mausi“ Lugner, Jörg Haider Intimus Stefan Petzner und Janine Schiller). Als zusätzliche Finanzquelle kann Schlederer auf seine 25% Beteiligung an Robert Burgers Baufirma zurückgreifen.

Patrick Rac

Rac scheint etwas aus der Reihe zu tanzen – zu Rac ist uns keine Stadionvergangenheit bekannt, ebenso konnten keine Verbindungen zu IBÖ oder Security-Diensten rechter Bewegungen festgestellt werden. Seine Vernetzungen gehen – so scheint es – in Richtung organisierter Türsteher-Kriminalität.
Rac hat sich in eine „Unternehmerfamilie“ eingeheiratet. Seine Frau Martina Rac (geborene Virt) betreibt zwei Kosmetiksalons.

• Adelheid-Popp-Gasse 5/4/4, 1220 Wien
• Porzellangasse 52/5, 1090 Wien

Martina Virt ist die Tochter von Franz Virt, dem Betreiber des Ladens „Comics Virt“ in der Löwengasse 19, 1030 Wien. Offiziell ist es übrigens die Mutter von Martina Virt, Annemarie, die den Laden betreibt.
Relevanz haben sowohl Martina als auch Franz Virt. Franz Virt ist Teil des „Klub der alten Säcke“ (KdaS), einem Motorradclub für Pensionist:innen ohne Kuttenzwang. Eben diese Motorradtruppe organisiert regelmäßig gemeinsame Abende mit SGN im Noricum-Vereinskeller.
Martina Rac kann dahingehend vor allem im Umfeld des Noricum-Kellers gesehen werden: Dort ist sie freundschaftlich mit diversen Mitgliedern rechtsextremer MCs verbunden, arbeitet hinter der Bar und ist auf dutzenden Fotos neben den Kadern von Noricum zu sehen.
Der Bereich, der wohl die meisten Fragen aufwirft, sind Racs Geschäfte: Er selbst bewirbt auf Facebook die „Karibik Bar“ in der Hormayrgasse 49, 1170 Wien. Diese wird von Manfred Klingler (Komplementär), sowie Manuela Knezevic (Kommanditistin) betrieben und ist in diversen Rotlicht-Foren gelistet. Überprüft man die Social Media Profile der Betreiber:innen, findet man weitere Noricum-Mitglieder (in Summe wirken die Profile nicht sonderlich gut gepflegt und aktuell). Sowohl Thomas Guzvan als auch Rac dürften zumindest Sicherheitsdienste für das Bordell geleistet haben. Des Weiteren dürfte Rac eine obskure Handwerksfirma betreiben, „Rac Handwerkswelt“, die laut Eigenaussage hauptsächlich Fliesen und Naturstein verlegt – allerdings findet sich keinerlei juristische Evidenz, dass diese Firma tatsächlich existiert.

Ralf Kracher

Zu Kracher gibt es kein Belegmaterial für direkt rechtsextreme Aktivität auf der Straße. Kracher ist Kampfsportler (Muay Thai) und von Beruf Tätowierer in der Ink Society 26 außerhalb von Wien in der Friedrich-Kheck-Straße 57, 2540 Bad Vöslau (er selbst ist ebenfalls mannigfaltig tätowiert, darunter zahlreiche Runen und Neonazi-Symboliken). An selbiger Adresse ist auch der Kosmetiksalon seiner Frau, Tamara Kracher, gemeldet.
Aus Fußball-Perspektive ist auch Kracher Rapid Wien zuzuordnen. Abseits des Stadions verfügt er über Kontakte zu den Hells Angels. Darüberhinaus belegen Bilder sein Tolerieren von NS-Verharmlosungen im Kontext der Corona-Leugner:innen-Szene in seinen Facebook-Kommentaren.

Wolfgang Schramm

Schramm stellt – trotz Präsenz in Ostritz und auf diversen IBÖ-Demos – einen der unauffälligeren Typen dieser Gruppe dar. Zu Schramm ist wenig bekannt, ebenso wurde er in letzter Zeit kaum öffentlich gesehen: Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel und so konnte er auch auf einer Demo der Corona-Leugner:innen gesehen werden. Darüber hinaus steht er in der Kurve von Rapid und dürfte auch im vereinseigenen Gym trainieren.

Alexander Aradi

Aradi entstammt der rechtsextremen Kampfsportszene. Seine Verbindungen sind jedoch divers. So findet man Aradi auch im Umfeld von Motorradclubs der Outsiders und Iron Bloods, ebenso wie im rechtsextremen Hooligan-Umfeld unterschiedlicher Klubs, primär aber der Wiener Austria. Sein Kampfsport-Training absolvierte er im mittlerweile geschlossenen „Warrior MMA Gym“ in der Jedleseer Straße 66-94, in Wien Floridsdorf (1210). Hier trainierten u. a. auch der rechtsextreme Rapid-Hooligan Christian Lhotan und der Profi-MMA-Kämpfer Patrick Spirk. Das Studio wird von Dorian Pridal betrieben. Pridals politische Herkunft ist unklar, zeugt aber von hohem Gewaltpotenzial. Während wir in Erfahrung bringen konnten, dass er keine geschlossene rechtsextreme Gesinnung zur Schau tragen soll, führte sein Gewaltpotential bereits zu einer unbedingten Haftstrafe. Er soll zu den besten Kämpfern der lokalen Szene gehören, auch wenn sein Fokus weniger auf Kampfveranstaltungen liegt (Näheres siehe weiter untern). Unseren Informationen nach geht es im Warrior Gym primär darum, sich für Streetfighting fit zu machen, bizarrer Fokus laut Infos: wie Menschen auf der Straße „bare knuckle“ in möglichst geringer Zeit niedergeschlagen werden, sodass diese nicht mehr kampffähig sind.
Gemeinsam mit den anderen Noricum-Mitgliedern konnte auch er auf den Coronademos ausfindig gemacht werden. Auch ist Aradi öfters im Lokal „Zum Bierbaron“ (einem rechten Szenetreff in einem ansonsten Hipster-Linken-Bezirk Wiens) in der Kandlgasse 5, 1070 Wien zu Besuch und dürfte gute Kontakte zum Betreiber Daniel Nowacek pflegen.

Alex „Haa“ und Christopher Fischer

Mit Alex „Haa“ (amtlicher Name zu diesem Zeitpunkt unbekannt) und Christopher Fischer finden sich zwei weitere Personen, der eine mehr, der  andere weniger weit im Umfeld der Noricum Gruppe. Zu Alex „Haa“ konnten wir nur die Teilnahme in Ostritz und ein Facebook-Profil recherchieren. Das Profil des Dauerurlaubers verrät Hütteldorf als Heimatwohnort. Das Profil von Christopher Fischer ist mittlerweile gelöscht.
Auch wenn wir hier keine verwertbaren Informationen bereitstellen können, wollten wir die beiden der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt lassen.

Das Umfeld

Wie wir bereits einleitend erwähnt haben, sind es die Szeneveranstaltungen im vermeintlich geschützten Kreis, denen die Noricum-Mitglieder am liebsten nachgehen. Grund genug, dass wir uns ihr Umfeld genauer ansehen. Beginnen wir mit drei besonders prominenten Figuren der österreichischen Neonaziszene.

a) Thomas Kalcher-Cibulka war Burschenschafter bei der pennalen Burschenschaft Franko-Cherusker, schloss sich als junger Erwachsener dem alpen-donau.info-Umfeld rund um Gottfried Küssel an und arbeitete als Security beim BVT-U-Ausschuss, was für großes mediales Aufhorchen sorgte. Kolleg:innen haben dazu, wie auch an anderen Stellen dieses Artikels, bereits zahlreiche Hintergrundinformationen gesammelt, auf die wir an dieser Stelle zurückgreifen.

b) Paul Blang war wie auch Cibulka bei alpen-donau.info aktiv. Er bewegte sich im engen Umfeld von Gottfried Küssel und tauchte nach der zweiten Haftperiode von Küssel immer wieder in unterschiedlichen neonazistischen Räumen auf; gemeinsam war er auch mit Kalcher-Cibulka und weiteren Neonazis aus dem alpen-donau-Umfeld zum Kampf der Nibelungen angereist. Zurzeit können sowohl Kalcher-Cibulka als auch Blang gemeinsam mit dem Unsterblich-Capo Christian „Guntramsdorfer“ Wagner im Hooligan-Block der „Viola Fanatics“ gesehen werden, so u. a. auf Auswärtsfahrt zum befreundeten Szeneverband der „Ultras Slovan Pressburg“.

c) Bernhard Burian: Burian ist einer Mischszene von Identitären, Hooligans sowohl aus den rechtsextremen Milieus von Rapid, aber auch dem ehemaligen Flagrantia-Milieu (Austria), der neonazistischen Tanzbrigade sowie dem alpen-donau-Umfeld angehörig. Ebenso gut befreundet mit elitären Burschenschaftern wie Florian Köhl (jetzt AfD) als auch der neonazistischen Hooligan-Gruppe rund um Michael Giebner (dieser gründete mit dem Neonazi Alexander Niessner den Fanclub Flagrantia Wien, der von der Austria nicht zugelassen worden war und seit einiger Zeit auch inoffiziell aufgelöst ist), ist Burian als äußerst umtriebig in der nationalistischen Szene einzuschätzen. Genauere und rezentere Verstrickungen aller drei Akteure findet ihr in unserem vorherigen Beitrag zur Hooligan-Szene.

Burian, Blang und Kalcher-Cibulka bei der Noricum Jahresfeier am 1.2.2020.

Ebenfalls Stammgäste im Noricum Keller sind die Mitglieder des „Klub der alten Säcke“ (KdaS). Dabei handelt es sich um einen Pensionist:innen-MC, in dem auch Franz Virt, der Schwiegervater von Patrick Rac, aktiv ist. Der KdaS hält seine Gruppenabende normalerweise Mittwochs ab 18:00 im „Gasthaus zur Alm“ ab (im Laufe der Recherchen wechselte der KdaS ins „Gasthaus Mehler“, Handelskai 338, 1020 Wien). „Die Alm“ ist eines der äußerst einschlägig bekannten Lokale Wiens. Bis Mai 2020 war Andre Herold als Betreiber ausgeschrieben: Herold kommt aus dem Wiener Blood & Honour Umfeld, hat gute Kontakte zu den Verurteilten im Fall „Objekt 21“ und veranstaltete 2009 ein Soli-Konzert für den Neonazi und verurteilten Mörder Jürgen Kasamas (Kasamas war Kampfsportler und prügelte eines Tages einen Obdachlosen zu Tode). Ebenso veranstaltete die IBÖ ihre ersten Parties und Veranstaltungen in den Räumlichkeiten der Alm. Der KdaS listet Herold mittlerweile auf seiner Homepage als Mitglied des Clubs. Geht ein Klubabend in der Alm irgendwann zu Ende, ziehen die Pensionist:innen gerne weiter in den nicht weit weg gelegenen Noricum-Keller, um den Abend dort ausklingen zu lassen. Oder aber sie kommen direkt zum Noricum-Sommerfest, dem Noricum „Charity-Punsch“ oder gar der Jahresfeier: Dort etwa überreichte der Road-Captain des KdaS, Karl Wolf, u. a. ein Geschenkbild an Zepke und erhielt als Gegenleistung ein Supporter-Shirt von Norium.

Veranstaltungen wie das Sommerfest bzw. der Charity-Punsch stellen einen allgemeinen Anziehungspunkt für diverse Akteur:innen der rechten Szene dar. Die MC-Freundschaften reichen nämlich weit über den KdaS hinaus. So finden sich immer wieder Mitglieder des Iron Bloods MC, des Outsider MC und vor allem des United Tribuns MC im Noricum-Keller ein, bspw. zum „Charity-Punsch“ am 21. Dezember 2019. Die Iron Bloods und Outsiders weisen beide eine lange Geschichte im Bereich organisierten Rechtsextremismus auf: So sind u. a. die Outsiders zu größerer Bekanntheit gelangt, als in ihrem Vorarlberger Clubheim ein 20-jähriger Neonazi von B&H Vorarlberg erstochen wurde, was zu langen, teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen B&H und dem Outsider MC im Westen Österreichs geführt hatte.

Interessant ist auch die Verbindung zum „Red Dogs MC Vienna“. Einerseits finden sich auch hier Freundschaften zwischen den Noricum-Mitgliedern und den MC-Members, andererseits gibt es – wie im Falle der Beziehung zu den Tribuns – eine gewisse Art finanzieller Kooperation. Der MC-Präsident Jakob Berger betreibt das Mode-Label „Radaubruder Streetwear“ in der Utendorfgasse 4/4, 1140 Wien. Dieses ist als non-profit-Unternehmen gelistet und „diene [laut Berger] dazu, gewisse Personen, die in ihrer Sparte gut sind, allerdings nicht die finanziellen Mittel haben, zu unterstützen und auf die nächste Ebene zu bringen.“[2] Wer und was damit u. a. unterstützt wird, findet sich im nächsten Abschnitt dieses Artikels. Vorweg, wie bei Motorradclubs üblich, finden sich auch hier die klassischen Taktiken, um mit Hilfe von vermeintlichen Charity-Aktionen Anklang in der Öffentlichkeit zu finden. In diesem Fall wurde am 13.12.2019 ein Betrag von 1.312 € (ein Akronym für „ACAB“: „All Cops Are Bastards“) übergeben – die Süffisanz entblößt die Spende und zeigt ihren wahren Zweck: Angeberei und martialische Selbstinszenierung.

Der Noricum-Kraftsportler Robert Burger konnte zusammen mit Henry Bannert darüber hinaus bei der Eröffnung des „Other Place Vienna“ im September 2021 gesehen werden. Dabei handelt es sich um einen szeninternen Biker-Treff in der Steinbauergasse 34, 1120 Wien Meidling. Dort posierten beide mit einem Mitglied des Vienna Charters des Hells Angels MC – bei der Eröffnung konnten aber grundsätzlich die Kutten von beinahe allen namhaften und in Wien tätigen MCs, die freundschaftlich mit den Hells Angels verbunden sind, identifiziert werden.

Hells Angels-Members unterschiedlicher Charter vor dem Other Place.

Im Zuge der Analyse der Noricum-Verbindungen wollen wir hier besonders auf die vielschichtige Verbindung zu den United Tribuns hinweisen. Dabei geht es uns nicht primär um die Machenschaften des MCs, da dieser für unsere Zwecke nur bedingte Relevanz hat. Klar ist – das wollen wir hier schon erwähnen – dass es sich bei sämtlichen Tribuns-Strukturen (wie ja auch bei den Hells Angels, Iron Bloods und Outsiders) um 1%-Gruppen handelt, sprich: Solche MC-Gruppen definieren sich als „Outlaws“.  Die englische Bezeichnung auch deshalb, weil die 1%-MC-Idee im Süden der USA (Texas & Kalifornien) Ende der 1940er-Jahre erstmals aufkam. Auch wenn die ideologische und soziale Geschichte der MCs äußerst interessant ist, ist hier nicht der Ort, diese analytisch aufzuschlüsseln – Fakt ist: der United Tribuns MC ist einer der größten 1%-MCs in Europa und war 2004 in Villingen-Schwenningen (Baden-Württemberg) von den Brüdern Armin „Boki“ und Nermin Ćulum gegründet worden. Beide waren Kampfsportler, Armin Ćulum professionell und erfolgreich (englisches Boxen, Schwergewichtsklasse); beide hatten darüber hinaus gute Kontakte ins Security- und Türsteher:innen-Milieu. Systematisch organisiert wurden diese Kontakte dann in Form des United Tribuns MC. Der MC war ideologisch klassisch im Stil der 1%-er aufgeladen: Brüderliche Cis-Männlichkeit bis in den Tod, Omertá nach außen, gemeinsame „Freiheit“ ausleben jenseits von Gesetz und Recht usw. – es lohnt nicht, hier weiter zu analysieren, zu banal und simpel ist die rigoros gefährliche, patriarchale Männlichkeit, die sich da entäußert. Praktisch daran anschließend waren die Betätigungsfelder der UT: Was mit Bordell-Security, Rotlicht-Milieu und Türsteherei begann, wurde rasch und sukzessive durch die guten Verbindungen nach Bosnien erweitert. Im großen Stil wurden bald junge Frauen und Mädchen aus Bosnien nach Deutschland und Österreich verschleppt, wo sie in den hauseigenen Bordellen der Ćulum-Brüder als Zwangsprostituierte arbeiten mussten. Wie ein Bericht einer ehemals von den UT verschleppten Frau, die ins deutsche Zeug:innenschutzprogramm aufgenommen worden war, zeigte (Ulrike Baur drehte daraus für den SWR eine Dokumentation), standen massive Gewalt, psychischer Terror und permanente Drohung an der Tagesordnung, um die Frauen gefügig zu machen. Wer nicht „spurte“, wurde in abgelegenen Wäldern lebensgefährdend verprügelt und mit  Mord bedroht. Und natürlich: Die Frauen erhielten von ihrem erarbeiteten Geldkapital keinen Cent; von den 3.000-5.000€, die teilweise in nur einem Tage von einer Frau (!) erworben worden war, sahen sie Nichts.

Doch nicht nur Zwangsprostitution und Menschenhandel stellen Betätigungsfelder der UT dar: Auch das lukrative Türsteher:innen-Milieu wurde für sie im Organisationsprozess auf europäischer Ebene relevant. Da die UT über ihre Aufnahmeregeln lediglich Kampf- und Kraftsportler aufnehmen, eignet sich Türsteherei ideal für Mitglieder der UT, da die Gewaltsozialisation direkt auf umsetzbares Können im Sport trifft. Lukrativ ist es deswegen, weil – wie etwa ein Spezialist des LKA Stuttgart betont – die, die die Tür „machen“, auch den Drogenverkauf im Klub kontrollieren. Das bestätigen internationale Berichte zu Ermittlungen europäischer Kriminalämter: Stets fällt der Vorwurf international organisierten Drogenhandels. Erst kürzlich wurde das Palma de Mallorca-Chapter der UT durch spanische Behörden zerschlagen, Grund: organisierter Drogenhandel, gefordert werden insgesamt 31 Jahre Haft in 1.000 Seiten Anklage.[3] Der Vorstand des Palma-Chapters kann dabei als mustergültiges Exempel für den Typ Mensch genommen werden, der von den UT rekrutiert wird: Stefan Milojevic, der Leader des MC, war ein serbischer MMA-Fighter, stand selbst des Öfteren im Ring, auf seinem Arm prangt der serbische Doppeladler samt Tetragrammkreuz, daneben weitere religiöse Symbole. Wie wir weiter unten sehen werden, trifft dieser nationalistische biografische Einschlag auch exakt auf den President des Wiener UT Chapters zu wie auch für viele weitere. Das lässt sich auch durch eine kurze Europol-Aussendung belegen, die konstatiert, dass die UT besonders nationalistische und rechtsextreme Akteure ansprechen wollen und gezielt versuchen Verbindungen zu solchen Gruppen zu etablieren – dafür würde auch einiges an finanzieller Unterstützung ausgegeben.[4]

Wird entlang der Linie des Drogenhandels rechechiert, kommen – trotz nur lose vorhandener, rar werdender Quellen – schnell weit verzweigte, international organisierte Mafiastrukturen als Drahtzieher und erstinstanzlicher Beschaffer der Schmuggelware zum Vorschein: Der bosnische Investigativjournalist Avdo Avdić konnte ermitteln (er bekam postwendend eine akute Morddrohung, die sogar das OSZE zu einer Ermahnung der bosnischen Regierung veranlasste, sie müssten die Sicherheit von Journalist:innen gewährleisten)[5], dass die Ćulum-Brüder beste Kontakte zum bosnischen von Edin Gačanin und seiner Familie geführten „Tito i Dino“-Kartell pflegen.[6] Das Tito i Dino-Kartell organisiert zusammen mit Größen des Amato-Pagano-Clans (Teil der Camorra), niederländischen Kartell-Strukturen („Taghi-Organisation“, einer der mächtigsten Gruppen der „Mocro-Mafia“) und dem irischen Kinahan-Clan den Kokainimport aus Kolumbien via Antwerpen und Rotterdam sowie die daran anschließende Verteilung in Europa (wo dann die UT ins Spiel kommen).[7] So etwa waren beide Ćulum-Brüder mit gefälchten Pässen zusammen mit den Vertretern des bosnischen Kartells Elvis Hodžić und Naser Orić[8] auf Anordnung von Gačanin nach Peru gereist, um über Kokain-Lieferungen mit ehemaligen Mitgliedern des kolumbianischen „Norte del Valle“-Großkartells zu sprechen (löste sich zwischen 2008 und 2010 auf). Geschätzt wird, dass die gesamte Struktur die größten Anteile des in Europa verfügbaren Kokains importiert.[9]

Warum ist das relevant? Weil die UT rigoros vertikal hierarchisch organisiert sind, also: Die World-Presidents geben die Praxis vor, die von den einzelnen Chaptern umgesetzt werden muss, dass daneben noch dutzende legale Geschäftspraxen betrieben werden, ist nur logisch, da dadurch natürlich die illegalen kaschiert werden. Und es muss beinahe nicht mehr erwähnt werden, wie viel umfangreiche Möglichkeiten solche Strukturen Rechtsextremist:innen bieten: Neben den praktischen Verdienstmöglichkeiten in den oben genannten Bereichen, ist der Zugang zu Geldkapital unbegrenzt, darüber hinaus zu Kriegsmaterial, Waffen, Munition oder aber Flucht- und Untertauch-Routen. Und wie wir im Falle des Wiener Chapters zeigen können, sind die Verbindungen zur rechtsextremen Szene zumindest hier dutzendfach gegeben.

Tribuns auf Ausfahrt in Wien, Linke Wienzeile. Zu Gast Nermin Ćulum.

Die Verbindungen der UT Wien zu Wiener Rechtsextremen

Fotos aus dem Keller von Noricum belegen enge Freundschaften und Kontakte der Tribuns zur Noricum-Gruppen – die Gründe dafür liegen auf der Hand. Besonders Daniel Kecskemeti ist regelmäßig mit unterschiedlichen Mitgliedern der Tribuns zu sehen, auch der Wrestling-Kollege von Franz Schlederer Geri Renger ist im engen Umfeld der Tribuns organisiert. Burger ist grundsätzlich im Wiener MC-Milieu unterwegs, auch zu den UT bestehen beste Kontakte. Auch Ralf Kracher ist freundschaftlich mit Members der United Tribuns auf Fotos zu identifizieren, für Guzvan und Zepke gilt selbiges. Grundsätzlich also kann getrost gesagt werden: Noricum kann – das beweist das umfangreiche Fotomaterial – als freundschaftlich mit den UT verbunden betrachtet werden, was bedeutet, dass hier Kooperation in unterschiedlicher Hinsicht besteht.

v.l.n.r. Daniel Kecskemeti, Selim Gemah, Phil Fegerl, Thomas Guzvan.

Eine nicht unerhebliche Vermittlunsgrolle dürfte der bereits oben erwähnte Henry Bannert spielen. Bannert ist zwar kein Mitglied der United Tribuns oder von Noricum, aber seit langer Zeit (gemeinsam mit Robert Burger) im Spektrum rechter 1%er anzutreffen. Ursprünglich bekannt ist Bannert für seine Mitgliedschaft beim neonazistischen Hooligan-Verbund „Eisern Wien“ (ursprünglich  in der Rapid-Kurve aktiv); in diesem Rahmen wurde er auch wegen Körperverletzungsdelikten angeklagt und verurteilt, mindestens einmal musste Bannert auch eine Haftstrafe antreten. Dabei gilt Bannert in der Wiener rechtsextremen Hooligan-Szene durchaus als Idol aufgrund seiner „Kampfbereitschaft“, aber auch aufgrund seiner Erfolge im professionellen Muay Thai auf internationalem Niveau. Darüber hinaus betreibt er das Fox Gym in der Markomannenstraße 18/5-6, 1220 Wien, das ebenso szeneübergreifend wertgeschätzt wird. Eine Freundschaft Bannerts zu Noricum (v. a. zu Robert Burger) ist durch zahlreiche Feiern und gemeinsame Besuche von Lokalitäten in und um Wien belegbar. Darüber hinaus sponsert Burgers STB Bau- u. Handelsgesellschaft m.b.H, die auch den Noricum-Keller finanziert, Bannerts Gym seit Anfang an. Bannerts großes symbolisches Kapital in der Kampfsport-Szene ermöglicht ihm allerdings auch in das Umfeld der höchsten Etagen der United Tribuns einzutauchen. Die Tribuns organisieren regelmäßig die „Vendetta Fight Night“ u. a. in Wien. Bannert steht im Zuge der Fight Nights des Öfteren selbst im Ring und hat dabei zumeist seine Eisern Wien- und Noricum-Kameraden im Schlepptau. Bannert ist allerdings nicht der einzige Wiener-Kämpfer mit rechtsextremen Background. So prangt u. a. auf dem Ellbogen von Klaus Eckstein eine Schwarze Sonne. Der Noricum Kämpfer Patrick „Panzer“ Spirk beispielsweise stand am 04. September 2021 im Vendetta Ring und wurde von Phil Fegerl und Roman Blaschek begleitet.

Schirmherr der Fight Nights ist Bülent Saglam, der President der UT Wien-Chapter (mit Clubhaus in der Alxingergasse 21, 1100 Wien), aber auch der President der United Tribuns Österreich. Die Wiener Fight-Nights finden stets in der Eventlocation „Hallmann Dome“ des Investors Klemens Hallmann statt, promoted durch das „Iron Fist Gym“. Saglam gibt sich bewusst als seriöser Geschäftsmann, betreibt Charity-Kampagnen und offizielle Geschäfte, so u. a. eben das Iron Fist Gym in der Wiener Schönbrunnerstraße 186, 1120. Saglam selbst weist eine hohe Affinität für das turanistische Weltbild der „Grauen Wölfe“ auf: So trägt Saglam u. a. Runentattoos, die auch von Kadern der Grauen Wölfe getragen werden, teilt nationalistischen Content online, posiert mit türkischen Faschisten im Ring. Mehrfach war zu beobachten, dass große Gruppen Kämpfer wie Erhan Kartal in den Shirts der United Tribuns mit Wolfsgruß ins Oktagon der Vendetta begleiteten, Saglam entweder direkt dabei oder direkt daneben. Darüber hinaus trainiert mit Yürük Bilal (ein Supporter von Kartal) mindestens ein Exponent, der dem Wiener Milieu der Grauen Wölfe zuzuordnen ist, im Iron Fist Gym: Fokus liegt auf Kinder- und Jugendtrainings, alle Kurse scheinen gemäß Fotos sehr gut besucht. Und so wundert es denn auch nicht, wenn schon unter-zehnjährige Kinder auf Fotos im Gym mit Wolfsgruß posieren. Dass das mit großer Besorgnis zu sehen ist, liegt auf der Hand, denn: So werden bereits jüngste Kinder mit ideologisch geladener Gewalt umfassend sozialisiert (was im Rahmen der Aktivitäten der Grauen Wölfe eine gewichtige Funktion erfüllt, wie u. a. in Favoriten zu sehen war). Darüber hinaus dürfte Saglam gute Kontakte (welcher Art bleibt unklar) nach Istanbul pflegen: Auch dort findet regelmäßig eine Vendetta Fight Night statt – ein Tribuns-Chapter dürfte es dort allerdings nicht geben.

Wolfsgrüße beim Einzug von Erhan Kartal bei der Vendetta XI.

Schaut man sich die Reihen der UT Österreich an, dann fallen nicht wenige Members auf, die über beste Kontakte zu genuinen Rechtsextremist:innen pflegen: Mit Alexander Niessner findet sich ein aus dem Austria-Milieu stammender Neonazi (Fotos mit Anti-Antifa-Shirt und dem bekannten Rechtsextremen Bernhard Kirsch aus dem „Fanatics“- und „Ballermann-Jungs“-Umfeld) unter den United Tribuns. Niessner arbeitet für eine der hauseigenen Sicherheitsfirmen, die „Ares-Safety-GmbH“. Geschäftsführer der Ares-Safety-GmbH war das UT-Mitglied Matthias Prinner, der im Sommer 2020 plötzlich verstorben ist. Die Einsatzgebiete der Ares-Safety-GmbH sind nicht uninteressant: U. a. werden die weithin bekannten Clubs „Pratersauna“,“Club X“ und „VIE i PEE“ von der „Ares-Safety-GmbH“ an der Tür betreut. Wie Recherchen belegen konnten, sind es die dort engagierten Türsteher der Ares GmbH, die die Drogengeschäfte in den Clubs abgewickelt und kontrolliert haben (siehe oben auch das Statement des LKA Stuttgart). Eigentümer der Clubs ist im übrigen Sebastian Kurz’ Intimus Martin Ho, der wiederum bekannt ist für seine privaten Kokain-Parties in den eigenen Lokalitäten. Anzumerken ist aber: Die Tribuns betreuen nicht nur Läden von Ho. So etwa dürfte über den Mittelsmann Denis R. u. a. auch die „Event Arena Vösendorf“ den United Tribuns zugeeignet worden sein. Dort ist mittlerweile der von Daniel V. betriebene „Club Exil“ ansässig – die Tür wird natürlich von Tribuns organisiert.

Allerdings firmiert die Security Branche der Tribuns nicht mehr unter dem Namen „Ares-Safety-GmbH“: Denn diese meldete schon am 21.12.2020 Konkurs an. Welche neue rechtliche Struktur nun geschaffen worden ist, um die Türsteher-Branche auch legal zu ummanteln, ist bis dato unklar.

Darüber hinaus sind zahlreiche Members der UT (vor allem im Wiener- und Pannonia-Chapter) eng mit der rechtsextremen Szene verbunden. Das dürfte vor allem daran liegen, das zahlreiche Exponenten der Wiener Neonazi-Szene auch mehr oder minder intensiv wie professionell Kampfsport betreiben – egal ob die Tättowierer des „Pain and Pleasure“-Studios, rechtsextreme Hooligans, scheinbar unpolitisch Firmeninhaber:innen oder B&H nahestehende Einzelpersonen: Das verbindende Element ist Kampfsport, das ebenso sämtliche Tribuns mit der Szene zusammenschweißt (im Gegensatz zu anderen 1%-MCs in Wien). Exemplarisch wollen wir hier zwei Personen anführen: Der Wiener Tribun Jürgen „Steini“ Steinacher und der President des Pannonia-Chapters Christian „Chris Black“ Trummer. Steinacher ist aus den Umfeldern rechtsextremer Wiener Hooligan-Gruppen bekannt, Christian Trummer weist eine lange Geschichte als Rechtsextremist auf: So hat er bereits als junger Neonazi als privater Security für Jörg Haider gearbeitet. Mittlerweile hat Trummer mit der „SES Special Event Security GmbH“, mit Sitz am Hirschfeldspitz 46 in Neusiedl am See, sein eigenes Security-Unternehmen und zusätzlich noch die Gewerbeberechtigung für den Einzelhandel mit Automobilen.

Patrick Spirk – ein Beispiel rechtsextremer Organisierung im Kampfsport

Kommen wir noch einmal zurück auf Patrick „Panzer“ Spirk. Anhand von ihm wollen wir skizzieren, wie rechtsextremer Kampfsport versucht, in der Öffentlichkeit Fuß zu fassen und wie viel umfassende, gut strukturierte Organisationsarbeit dahinter steht.

Spirk war Trainer beim Raw Force Club, trainierte im Warrior MMA Gym von Dorian Pridal, wo er u. a. Kontakt zu Alexander Aradi, Christian Lhotan und Robert „Bertl“ Wabro hatte. Wabro ist der Chef des „Pain & Pleasure Tattoo Studios“, in dem auch Patrick Zapletal arbeitet, der auf zumindest einer Covid-Demo anzutreffen war. Mittlerweile bietet Spirk unter dem Namen „Team Panzer“ Kurse in Etti’s Gym in der Himbergerstraße 2, 1100 Wien, an und stellte in einer Grafik seine Sponsoren vor: Neben dem Team-Logo zu sehen sind: Noricum und die dazugehörige STB Bau- u. Handelsgesellschaft m.b.H; Tanzbrigade Wien; Radaubruder Streetwear; Dachservice Haimer und das Pain & Pleasure Studio.

Die Tanzbrigade Wien ist eine „Eisern Wien“-nahe Gruppierung, die die soziokulturelle Kehrseite von Eisern darstellt: So ist das erklärte Ziel, Partymusik-Sparten für nationalistische Szenen zu erschließen, allen voran Techno, Frenchcore, Gabber und Hardstyle. So mischen die Mitglieder der Gruppe selbst Tracks und drucken Szene-Bekleidung. Während einiger Mitglieder von Eisern tendenziell der Rapid-Kurve entstammen, dürfte das Klientel der Tanzbrigade sich eher aus dem Unsterblich-Umfeld der Wiener Austria speisen: Einer der Köpfe der Gruppe dürfte der Neonazi und Austria-Hooligan Christian Csincsics sein, der zumindest als Ansprechpartner für die Tanzbrigade-Szenebekleidung bezeichnet werden kann. Aufgefallen sind sie zuletzt, als sie während der Corona-Demo am 2. Oktober 2021 die Kundgebung von Antifaschist:innen angriffen und dabei den Gastgarten eines anliegenden Cafés verwüsteten (siehe letzter Beitrag auf unserem Blog).
Das Radaubruder Label haben wir oben bereits erwähnt: Spirk, als Kämpfer in seiner Sparte zweifellos als gut zu bezeichnen, dürfte nicht die notwendige finanziellen Mittel haben, um seine MMA-Karriere selbstständig voran zu treiben, da springt dann Berger mit Kapital in die Bresche. So ist auch klar, in welche Richtung sich Bergers „Investments“ orientieren.
Das „Dachservice Haimer“ in der Rüdengasse 6/18, 1030 Wien, ist das Unternehmen von Johannes Haimer. Haimer ist ein Wiener Neonazi, der Kontakt zum B&H Wien Umfeld pflegte. So zeigt ihn etwa ein Foto an der Seite Andre Herolds, als sie gemeinsam mit dem Vandalen und berüchtigten ex-Landser und „Lunikoff-Verschwörung“-Lead-Sänger Michael „Lunikoff“ Regener beim „legendären“ Konzert am 27. November 2004 im „Club Wodan“ im ostsächsischen Mücka posieren. Auf Haimers Brust prangt darüber hinaus eine riesige Elhaz-Rune. Momentan dürfte Haimer sich im Milieu der Tanzbrigade bewegen, wie Fotos nahe legen.

Und so wundert es auch kaum, dass Wabro und Berger am ersten Tag der Kurse im „Etti’s Gym“ vor der Tür standen.

Im Laufe unserer Recherchen hat sich die Unterstützungsstruktur Spirks verändert: Es dürfte zum kompletten Bruch mit Noricum gekommen sein. Szene-Gerüchten zufolge hat Spirk gemeinsam mit anderen Hooligans gekämpft, jedoch für jenen Wiener Verein, dem die meisten Mitglieder von Nocirum nicht angehören: Austria Wien. Fest steht jedenfalls, dass Spirk bei seinem letzten Kampf nicht mehr von Noricum zum Ring begleitet worden ist, dass das Logo der STB Bau- u. Handelsgesellschaft m.b.H von seinem Merchandise-Profil verschwunden ist und auch sonst keine Noricum-Symbole mehr zur Schau gestellt werden. Darüberhinaus scheint sich auch Bergers Radaubruder Streetwear zurückgezogen haben und auch das Logo der Tanzbrigade ist nicht mehr präsent. Per Social Media Posting stellte Spirk seine neuen Sponsor:innen am 29. März 2022 selbst vor (siehe Bild) – grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die gesamte Sponsering-Struktur wesentlich weniger offensichtlich rechtsextrem aufgebaut ist. Weder im Falle von Sandra Schelivsky noch von Wolfang Stummer (Bulb Fiction) können einschlägige Inhalte oder Verbindungen bisher nachgewiesen werden. Allerdings ist mit „Big Jack Streetwear“ eine neue Facette an Verbindungen aufgetan: Der Inhaber Mario Kietreiber ist im Umfeld der Hells Angels aktiv, verkauft in seinem Laden in der Lugner City auch Hells Angels-Merch. Auch hat Kietreiber gute Kontakte zum Other Place, das von den Hells Angels betrieben wird: Regelmäßig wird sein Laden auch im Other Place beworben, er wiederum bewirbt das Lokal. Darüber hinaus hat Spirks Lebensgefährtin, das Erotikmodel und „Showgirl“, Mina Reiter (Eigenbezeichnung auf Instagram) gute Kontakte in die MC-Szene, v. a. den Hells Angels: Des Öfteren posiert sie als Model im Other Place und bewirbt wechselseitig Kietreibers Laden und das Lokal – seit Neuestem nun auch Spirk.

Trotz der Neuerungen wollen wir die vorherigen Organisierungsform dennoch – es wird nicht die letzte dieser Art gewesen sein – in ihrer sozioökonomischen Funktionsweise aufschlüsseln. Wie wird also ein Kampf von Spirk organisiert, welche Strukturen bringen/brachten sich wie und wann ein? Hier ein Beispiel von der 22. Vendetta Fight Night in Neusiedl am See am 4. September 2021.
Anders als beim KdN passieren die Veranstaltungen der United Tribuns unter Einbindung einer möglichst großen Öffentlichkeit – was zum Einen natürlich daran liegt, dass die UT mit den Fight Nights verdienen wollen, zum anderen, dass es kein genuin neonazistisches Polit-Event ist.
Veranstaltungsort waren die Flächen des Autohauses Josef Kamper in Neusiedl am See. Bülent Saglam als Schirmherr griff dabei wohl auf Unterstützung und Kontakte vom Präsident des Pannonia Chapters der United Tribuns, Christian Trummer (siehe oben) zurück.

Die Veranstaltung beginnt mit der Eröffnung durch Bülent Saglam im Ring, der sich bei den Besucher:innen für ihr Kommen sowie bei den Unterstützer:innen für ihren Support bedankt. Als nächstes wird auf aktuelle Charity-Aktionen des MCs hingewiesen und von ihnen unterstützte Kinder aus einem SOS-Kinderdorf in den Ring geholt, medial inszenierte Geschenkübergabe inklusive. Nur wenige Stunden später sollten an ihrer Stelle zumindest drei rechtsextreme Kampfsportler stehen – das Topos der Selbstinszenierung auf Kosten karitativer Einrichtungen ist aber ein hinlänglich bekanntes aus dem Bereich der 1%-MCs.

Aus unserer Sicht relevant sind diese Kampfsportveranstaltung (mehrfach im Jahr organisiert) nicht allein aus Interessen an den United Tribuns, sondern auch auf Grund der Fight Card. Im Laufe des Abends sollten Daniel Schordje (auf Schordje wird weiter unten detaillierter eingegangen), Patrick „Panzer“ Spirk und Patrick Rainer (rechter Hooligan von Rapid Wien) im Ring stehen. Bereits im Vorfeld des Kampfes wurde Werbung dafür betrieben und so fand sich unter den Kommentaren zu Spirks Kampf freundschaftliches Geplänkel mit Christian „Guntramsdorfer“ Wagner, einem mehrfach vorbestraften Neonazi aus dem Unsterblich Wien Umfeld. Verfolgt man die Werbung sowie die mediale Kundmachung nach den Kämpfen, lässt sich erkennen, dass Spirk und Rainer in der Vorbereitung gemeinsam von Marc Reifberger, dem Head-Coach des Invictus BJJ Vienna trainiert worden sind, wo mehrfach rechtsextreme Figuren aus der Wiener Fanszene anzutreffen sind. Reifberger wird darüber hinaus am 23. April 2022 selbst im Oktagon der Vendetta stehen.

Am Tag des Kampfes konnten sich Spirk und Rainer auf ihre Kameraden verlassen. Mit angereist waren auf Seiten Spirks Johannes Haimer, Roman Blaschek und Phil Fegerl sowie Robert Wabro (siehe oben). Rainer begleiteten derweilen an die 50 Personen aus dem Rapid Wien-Umfeld in den Ring, aber auch Hooligans des 1. FC Nürnberg waren angereist, um beim Walk-in Rainers Pyrotechnik in den Farben Rapids zu zünden. Die Kollegen aus Nürnberg wurden nach dem Kampf für ein Soli-Foto in den Ring geholt.

Kampfbilanz: Alle drei Kämpfer (Spirk, Rainer und Schordje) haben ihre Kämpfe in der ersten Runde durch TKO gewonnen. Somit konnte sich die Kämpfertruppe in der Öffentlichkeit präsentieren und vermarkten – Kampfsport von Faschist:innen für Faschist:innen?

Imagefilm entstanden im Rahmen der Vendetta 22 in Neusiedl am See. Prominent abgelichtet sind darin u. a. Daniel Schordje und Patrick Rainer.

Rechter Kampfsport als weitläufiges soziales Problemfeld: Entwicklung von gewaltbereiten Mischszenen [10]

Wir wollen an dieser Stelle das Feld der Betrachtung nochmals etwas nach außen erweitern: nämlich auf den Bereich Kampfsport und dessen weitere Relevanz in der Öffentlichkeit, spezifisch die historische Entwicklung von Kampfsport als Mittel rechtsextremer Politik.

Wie bereits die umfassenden Recherchen des Dokumentationsportals Runter von der Matte gezeigt haben, gibt es im Kampfsport (vor allem MMA) oftmals starke Überschneidungen zu rechtsextremen Umtrieben. Dass das per se nicht weiter verwunderlich ist, liegt auf der Hand und wurde des Öfteren analytisch auseinandergesetzt. Wir wollen hier den Fokus auf eine gewisse Erneuerung der Praxis rechtsextremer Gruppieren in Österreich eingehen, nämlich: die Ablösung des traditionell neonazistischen Konzepts „Wehrsport“ durch einen starken Fokus auf klassische Kampfsportsparten (v. a.englisches Boxen, Kickboxen, Muay Thai, MMA, BJJ). Dies kann für fast alle Gruppen festgestellt werden, beginnend bei parlamentarischen Rechtsextremen wie dem RFJ bis hin zu einschlägig neonazistischen Hooligan-Verbänden wie etwa Unsterblich. Prägte das Aktionsfeld österreichischer Neonazis in den 90er- und 2000er-Jahren noch der Aufbau bewaffneter Kameradschaften, die sich für dezentralen Terror, Straßenkampf im Falle des Sturzes der Republik Österreich und neonazistischen Guerillakrieg in den ruralen Gebieten vorbereiteten, so ist heute insofern eine Veränderung zu bemerken, als organisierte rechtsextreme Hooligans, die ohnehin meisten kampfsporterfahren, eine große Rolle als teils eigenständige Kraft in rechten Protestkulturen einnehmen.

Hooligan-Gruppen, die zumeist durch ihre Anbindung an sogenannten „Wiesn-Partien“ (Szene-Begriff; weiter bekannt auch als „Dritte Halbzeit“)[11] ohnehin einen massiven Fokus auf eine solide Kampfsport-Ausbildung legen – zumeist Muay Thai oder MMA, oft gepaart mit intensivem BJJ-Training – nahmen im Verlauf der letzten Jahre auch in Österreich eine immer höhere Relevanz für rechtsextreme Mobilisierungen ein. Doch auch die „Neue Rechte“ (Eigenbezeichnung) legt immer mehr Wert auf obig erwähnte Kampfsport-Sparten: Beispielhaft ist hier etwa das Gym des Identitären-Kader Luca Kerbl „Zitadellen Sport Graz“ zu nennen, indem u. a. auch der IB-Faschist, und mittlerweile an der Schwelle zum Profi-MMA-Fighter stehende, Daniel Schordje unterrichtet (zu Schordje unten mehr). Der Name des Gyms lehnt sich an das Lokal „Citadelle“ des besonders gewaltbereiten Ablegers der französischen „Génération Identitaire“ in Lille an, dem der Muay Thai-Kämpfer,  im Umfeld des neonazistischen Hooligan-Verbandes „LOSC Army“ aktive Faschist Aurélien Verhassel vorsteht.

Wichtig ist in diesem Kontext zu bemerken, dass es sich bei der „Neuen Rechten“ und vor allem jüngeren Hooligan-Gruppen um eine Mischszene handelt. Das wurde des Öfteren auf den Veranstaltungen der IBÖ, vor allem aber in den letzten zwei Jahren während der Corona-Demos sehr offensichtlich. So fanden sich beim rechtsextremen „Eschlmüller-Gedenken“ ebenfalls rechtsextreme Hooligans der Gruppe „KAI 2000“ der Austria Wien (in der Ostkurve direkt neben den rechtsextremen Gruppen „Fanatics“, deren Untegruppe „Sektion Inferno“ und den „Bulldogs“) am gemeinsamen Treffpunkt bei der Josefstädter Straße ein – der Kontakt zwischen IB und Hooligans schien freundlich und gut. Besonders drastisch aber zeigte sich die Mischszene bei den Demos vergangenen Herbst und Winter: Dort vermengten sich Identitäre und Hooligans unterschiedlicher Gruppierungen im gemeinsamen Frontblock. Optisch kaum unterscheidbar, orientierte sich der mehrere hundert Menschen umfassende Block an den Aktionsformen der Hooligans: Journalist:innen wurden attackiert, Polizist:innen angegriffen und Pyrotechnik im großen Stil eingesetzt. In diesen Blöcken unterwegs war u. a. der WSK-Hooligan Nino Kadrnoska, der gemeinsam mit Jakub Czyz den „Boxclub Rapid Wien“ als organschaftlicher Vertreter repräsentiert.

Die Wechselwirkung, die durch die Überschneidung von Akteur:innen erzielt wird, dürfte vor allem eine Verschärfung des Gewaltpotenzials bewirken: Immer mehr rechtsextreme Gyms bereiten politisch aktive Rechte auf den Straßenkampf vor (siehe oben Warrior Gym), zahlreiche Vorfälle bezeugen den erfolgreich Einsatz von MMA- und BJJ-Techniken gegen Anti-Protest-Einheiten der Polizei durch kampferprobte Hooligans[12]. Hierbei spielen vor allem professionelle Kämpfer:innen, die ihr Wissen an die einzelnen Gruppierungen weitergeben eine integrale Rolle. Besonders dann, wenn sie sich zusätzlich in einem offiziell legitimierten Rahmen bewegen, der darüber hinaus noch ökonomisch rentabel ist (siehe oben Vendetta Fight Nights).

Problemfeld Professionalisierung und Monetarisierung: Die CFS, die Ettl Bros. GmbH und die Beteiligung von faschistischen Kämpfer:innen im Big Business UFC

Die „Cage Fight Series“ (CFS) wird von den beiden Brüdern Gerhard und Michael Ettl betrieben. Beide waren in unterschiedlichen Disziplinen des Kampfsport-Bereichs aktiv und in Österreich sehr erfolgreich. Seit 2007 betreiben die Ettl-Brüder die CFS, in der laut Archiv insgesamt 22 Kämpfer:innen engagiert sind bzw. aktiv verpflichtet waren/sind. Die CFS wuchs über die Jahre ihres Bestehens konstant: Bald schon konnten Veträge mit lokalen TV-Sendern wie etwa ATV abgeschlossen werden, Berichte im ORF wurden häufiger und lokale Promis wurden Standardgäste der CFS. Die hohen Preisgelder, die gezahlt werden konnten (bis zu 10.000€), lockten hierbei zahlreiche Profi-Kämpfer:innen aus ganz Europa an, wodurch die CFS zu einem der wichtigsten MMA-Ausrichter in ganz Europa avancierte: Am 12. Februar 2022 hatten es die Ettls dann erreicht – die CFS war in den weltweit verfügbaren „UFC Fight Pass“ aufgenommen worden, das erste offizielle Event ging im UFC Fight Pass über die Bühne. Der UFC Fight Pass stellt die zentrale Streaming-Plattform der UFC dar, die zu vollen Anteilen der „Zuffa LLC“ gehört – der Marktwert der UFC beträgt mehrere Milliarden US-Dollar, Tendenz steigend. Der UFC Fight Pass wird in 200 Ländern konsumiert, dutzende MMA-Ligen sind darin enthalten, die Subscription-Wachstumsraten mehrjähriger Accounts liegen bei 23%, Tendenz laut Management steigend. Es ist leicht auszumalen, dass sich die CFS unter den Fittichen der UFC stark weiter professionalisieren und entwickeln wird.

Nun wäre das nicht weiter besorgniserregend abseits der tagtäglichen Tücken des Kampfsport (virulenter Machismo, extrem patriarchal-gewalttätige Inszenierungen bei cis-männlichen Kämpfern, Nationalismen und Traditionalismen an jeder Ecke, usw.) – jedoch fällt die CFS immer wieder dadurch auf, dass rechtsextreme Kämpfer:innen im Ring der CFS geduldet bzw. aktiv gebucht werden. Mindestens vier gelistete Kämpfer:innen, die in der CFS fix kämpf(t)en, haben Kontakte zu rechtsextremen Gruppen oder Personen oder sind gar Teil solcher Szenen; zusätzlich kann durch die Masse an rechten Gymstrukturen viel Interaktion der Ettls mit per se rechtsextremen Kämpfer:innen oder Akteur:innen konstatiert werden (z. B. mit Henry Bannert und dessen Fox Gym).

Als erstes Beispiel kann etwa der oberösterreichische MMA-Kämpfer Dominic Schober dienen. Schober kommt aus Ried und war bei dort in der Ultra- und Hooligan-Szene der „Supras 96“ unterwegs. Seine Tattoos wie auch sein Online-Auftritt beziehen sich dabei immer wieder auf den Slogan „Eisern Ried“: Bei diesem handelt es sich um das Motto einer Choreografie der „Supras 96“, die mindestens ein Mal im Stadion zum Einsatz gekommen ist. Der klingende Name, der zweifelsfrei starke Assoziationen zum neonazistischen Hooligan-Verband „Eisern Wien“ hervorrufen dürfte, kann dabei jedoch nicht eindeutig als rechts 0der aber rechtsextrem ausgedeutet werden.

Schober stellt erneut einen ideologischen Grenzfall dar: So fehlt bei seinen Auftritten nie die Österreich-Flagge, am Nationalfeiertag wünscht er „Der Heimat die Treue, zur Welt offen. Schönen Nationalfeiertag“, leugnet das Covid-19-Virus, hetzt gegen „Lockdownjunkies“ und LGBTIAQ+-Personen, verharmlost das NS-Regime und hat rechtsextrem einzustufende Tattoos (etwa einen sog. „nordischen Kompass“ und Runen-Tattoos) sowie das klassische an Stanley Kubricks Film „A Clockwork Orange“ angelehnte Hooligan-Motiv. Schober ist regelmäßiger Gast bei der Vendetta Fight Night und trainiert sowohl im Rieder „Basic Gym“ als auch im „Knockout Gym“ in Klosterneuburg, dürfte sich aber momentan hauptsächlich in Wien aufhalten. Es ist aus der kurzen Sachverhaltsdarstellung ersichtlich, dass Schober kein Rechtsextremist ist, ebenso wenig aktiv faschistische Politik macht – aber Schober ist ein ideales Beispiel für die soziokulturelle Einstellung dutzender Kampfsportler:innen. Cis-Männlichkeitskult, Nationalismus, Hass auf LGBTIAQ+-Personen, Misogynie und Verschwörungsideologeme stehen an der Tagesordnung. Dass Schober nicht ein Einzelfall, sondern vielleicht eher der Durchschnitt ist, könnte vielfach belegt werden – dass dies wiederum von gesellschaftlicher Relevanz ist (denn diese Sozialisierungsrichtlinien ziehen sich durch sämtliche Gyms) liegt auf der Hand. Und: Die cis-männliche Komplizenschaft (also das Decken von problematischem, übergriffigen, gewaltvollem Verhalten durch andere Cis-Männer) ist im Kampfsport besonders extrem ausgeprägt – deshalb führen wir auch Schober hier an.

Das nächste Beispiel ist niemand Geringeres als Dorian Pridal. Pridal betrieb bis Ende 2021 noch das Wiener Warrior Gym (siehe oben) – durch die Corona bedingten Lockdowns allerdings musste Pridal sein Gym schließen, da finanziell nicht mehr tragbar.  Wie bereits weiter oben dargelegt, ist Pridal kein Rechtsextremer per se, jedoch hat er gute Kontakte in die rechtsextreme Szene en masse, darüber hinaus ist eine gefährliche Wandlung seiner Denkweise während der Corona-Pandemie zu beobachten: So konnte Pridal auf einzelnen Corona-Demos mit Noricum-Mitgliedern gesehen werden, privat teilte er krude Verschwörungstheorien und vorwiegend QAnon-Content. Besonders nach der zwangsläufigen Schließung seines Gyms verstärkte sich dieser Trend. Das ist insofern besonders bedenklich, als bei Pridal von einem enorm hohen irrationalen Gewaltpotenzial auszugehen ist, was einerseits seine Verurteilung zu unbedingter Haft widerspiegelt, andererseits sein oftmals hochgradig irritierender Social Media-Auftritt, wo die Verherrlichung des Aktes gegenseitigen Verletzens patriarchal idealisiert wird: So posieren Pridal und ein uns zu diesem Zeitpunkt unbekannter Skinhead nach dem Sparring mit Blut verschmierten Shirts – es braucht keine Fachperson, um zu beurteilen, dass das nicht mehr im Rahmen sinnhaften, rücksichtsvollen Trainings liegt. Darüber hinaus kommt es bei Pridal des Öfteren zu einer äußerst krassen Verschneidung von Sexualität und Gewalt im Online-Auftritt: So posiert er gern oberkörperfrei mit angespannten Muskeln, rundherum rosa Instagram-Rahmen, darin blinkende Aufschriften wie „Sex and Violence / Sex“. Das Rapid Wien Fanmagazin „Forza Rapid“ widmete Pridal im September 2021 ein mehrseitiges Interview.

Der nächste Fall ist Christian Draxler und die von ihm geleitete „MMA-Academy“ in der Gewerbegasse 4, 2540 Bad Vöslau. Erneut haben wir es nicht mit einer durch und durch rechtsextremen Figur – wie das etwa bei Noricum der Fall ist – zu tun. Aber auch hier finden sich sofort einschlägige Bekannte, die unter professioneller Supervision eine Kampfausbildung absolvieren. So bewerben der bekannte Unsterblich-Neonazi Stefan Swoboda [13] und seine Lebensgefährtin Nicole Mutenthaler das Gym. Kolleg:innen der Recherche Graz konnten Swoboda darüber hinaus freundschaftlich im Ring mit Draxler posierend erkennen. Auch kämpfte Draxler mehrfach bei der Vendetta Fight Night, u. a. gegen den mittlerweile  zum Islamismus übergelaufenen Willi/Khalid Ott. Darüber hinaus dürfte Draxler zusammen mit dem Bundesheer-Sanitäter und zweifachen K1-Europameister Ahmet „Ronin“ Simsek Bare Knuckle Fights in Sopron organisieren. Simsek trainiert von Zeit zu Zeit in Draxlers Gym, nimmt dort an MMA-Fortbildungen teil und arbeitet hauptberuflich als Sanitäter beim Heer, wo er sich als massiver Waffenfetischist gibt und durch Aussagen wie „Can’t wait for the next war!“ irritiert. Ebenso stand Simsek wie auch Draxler während der Vendetta Fight Night im Ring – interessanter Sidefact: Über Simsek erschien der autobiografische Film „Soldat Ahmet“, in dem Simsek sich selbst spielt. Der Film wurde mehrfach ausgezeichnet.

Ebenso wenig dürften die Ettls darauf achten, wen sie von außen als Kämpfer:innen engagieren: Auch hier verweisen wir auf den Artikel der Recherche Graz – eingeladen wurde der deutsche MMA-Kampfsportler Niklas Stolze, der vom bekannten Neonazi und Lok-Hooligan Benjamin „The Hooligan“ Brinsa im „La Onda Gym“ trainiert wird – Gegner in der CFS war Christian Draxler (der den Kampf noch in der ersten Runde verlor). Brinsa ist weithin als Neonazi bekannt und wurde aufgrund seiner politischen Aktivitäten, vor allem wegen seiner tätlichen Angriffen auf Journalist:innen und Antifaschist:innen, aus der UFC geworfen (Weiteres zu Brinsa im genannten Artikel sowie auf diversen antifaschistischen Portalen rund um das Gebiet von Leipzig, sowie Runter von der Matte).

Nächste CFS-Fight Night ist übrigens am 09. April 2022 – im Ring stehen werden u. a. auch Patrick Spirk (siehe oben) und Daniel Schordje (siehe unten).

Die Ettls und die Austrian MMA Federation (AUTMMAF)

Doch nicht nur via die CFS fördern die Ettl-Brüder Kämpfer:innen aus dem rechtsextremen Spektrum – wir wollen an dieser Stelle nochmals auf einen schon genannten Rechtsextremisten hinweisen, der nun unter der Supervision der Ettl-Brüder Karriere zu machen beginnt: den Faschisten Daniel Schordje. Dieser kämpft nun auch international im österreichischen Amateur-MMA-Nationalteam – besonders erschreckend ist, dass ihm permanent mediale Aufmerksamkeit gewidmet wird,  ohne jemals seine faschistische Gesinnung zu thematisieren. So etwa posiert er nach Fights oberkörperfrei mit Österreich-Fahne – Tattoo mitten auf der Brust: „Allzeit getreu“, am linken Oberarm das IB-Lambda in Form eines Schildes. Kritische Nachfragen etwa von Seiten „fight24.tv“, die Schordje ein Interview widmen, finden nicht statt – wieder einmal scheint sich Kampfsport im apolitischen, luftleeren Raum zu bewegen. Dabei sind die Tattoos sprechend und alles andere als subtil: „Allzeit getreu“ verweist auf zweierlei: Einmal auf die Inschrift des 1931 von Heinrich Krippel errichteten „Eisernen Ritters“ am Domplatz in Wr. Neustadt (Schordje ist dort aufgewachsen), zum anderen auf den nazistischen Treue-Eid gegenüber Adolf Hitler „Dem Führer allezeit getreu“. Dass das nicht beliebig ist, zeigt die Geschichte Schordjes als Aktivist der Identitären Bewegung Niederösterreich. Schordje war dort zusammen mit seinem Bruder Philipp Schordje seit rund 2015 aktiv: Gemeinsam mit Philipp Schordje, dem neonazistischen Fanatics-Hooligan Mario Weiß und dem Hooligan aus der Kurve des SC Wr. Neustadt Johnny Mühlmann können genannte Personen als Führungsköpfe der IB Wr. Neustadt bezeichnet werden. Im Laufe der Zeit konnte Schordje bei allen wichtigen öffentlichen Auftritten der IBÖ gesehen werden: Etwa bei der Störung der „Refugees Welcome“-Demo 2015 in Traiskirchen, der Störung der Inszenierung von Elfriede Jelineks „Die Schutzbefohlenen“ durch geflüchtete Menschen im Audimax der Universität Wien, als Ordner auf mehreren Demos der IBÖ oder aber beim neonazistischen Aufmarsch von Markus Ripfls „Die Stimme“ in Wr. Neustadt zusammen mit Mario Weiß, seinem Bruder Philipp Schordje und Johnny Mühlmann 2019. Vor allem Mario Weiß und Philipp Schordje hatten und haben hierbei beste Kontakte zu den rechtsextremen Fangruppen der Ostkurve der Austria: Exemplarisch anführen wollen wir hier etwa Mario Weiß’ Mitgliedschaft bei den „Viola Fanatics“ und der gute Kontakt zu Unsterblich-Neonazi Stefan Swoboda, der auch aus dem Süden Niederösterreichs stammen dürfte.

Klar ist darüber hinaus auch noch, dass die oben genannte Fraktion schon neonazistisch auftrat, als die IB noch minutiös darum bemüht war, die typischen Ecken und Kanten des sogenannten Dritten Lagers zu meiden: Neonazis wie Weiß, Mühlmann oder Schordje waren nie daran interessiert, sich dem bemüht anknüpfenden Außenauftritt der Sellner-Doktrin zu unterwerfen – das zeigt auch das von der Gruppe lancierte Projekt „Defend 2700“[14]. 2019 versammelten Schordje und Weiß eine schlagkräftige Truppe aus dem Hooligan- und IB-Umfeld, um als „Bürgerwehr“ Übergriffe durch „männliche Asylwerber“ zu verhindern. Anlass war der 2019 im Wr. Neustädter Anton-Wodica-Park durch einen syrischen Asylwerber begangene Femizid – wie so oft instrumentalisierten die Rechtsextremisten den Mord, um rassistische Hetze gegen „Asylsystem“ und „Massenmigration“ öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen. Schordje und Weiß hatten eine schlagkräftige Truppe aus dem Hooligan- und IB-Umfeld versammelt, um dann als „Bürgerwehr“ Übergriffe und vermeintliche weitere Gewalttaten durch „männliche Asylwerber“ zu verhindern. Mit martialischen Fotos in der Nacht zeigte die Gruppe relativ schnell, dass sie wenig mit den jovial-zynischen Info-Tisch-Kampagnen Sellners zu tun haben wollten und dass all jene, die sie als Gefahr für Weiße Österreicher:innen ansahen, mit massiver Gewalt zu rechnen hatten (Großteile der Gruppe waren und sind Kampfsportler).

Dass Schordje aktuell nicht mehr auf der Straße aktiv ist, zeugt dabei weder von einem Ausstieg noch sonstiger Distanzierung: Viel wahrscheinlicher ist, dass Schordje seine Affinität zum MMA-Training vertieft hat und nun tatsächlich versucht, professionell als Kampfsportler aktiv zu sein. Dass dafür das Ziel der Profi-Status ist, liegt auf der Hand, spekuliert werden kann aber auch, dass Schordje wohl langfristig in Richtung UFC orientiert ist, da dort die größten Geldkapitalmassen vorhanden sind – zudem die Ettls nun auch im Fight Pass der UFC inkludiert sind. Der Topos des:r aus dem Straßenaktivismus aussteigenden Kampfsportler:in, um dem Kampfsport professionell nachzugehen, ist hierbei auch des Öfteren zu beobachten: Gleiches etwa gilt für die IB-Faschistin und Kickboxerin Annika Stahn (Bilder siehe Link) oder aber für die Neonazistin, Rechtsrockerin und MMA-Kampfsportlerin Isabelle Kordas, die nun unter dem Kampfnamen „Isi ‚The Mjolnir‘“[15] auftritt und wie es scheint hauptsächlich im Süden Thailands in Phuket wohnt und trainiert. Kordas trainiert(e) im von Helmut Rauch geführten „Gym 23“, wo früher auch der Wiener Neonazi Petar Helmer (B&H Vienna, suizidierte sich in der JV Eisenstadt, Lebensgefährte von Kordas) trainierte. Kordas entstammt wie auch Helmer dem Objekt 21- und B&H Wien-Umfeld und trat als Sängerin „Sterbehilfe“ auch im notorisch bekannten AFP-Lokal „Stüber-Heim“ mehrfach auf.

Die Analyse zeigt, welche Policy die Ettl Bros. GmbH offensichtlich verfolgt; Wieder einmal wird unter dem Deckmantel von bürgerlicher Toleranz gegen Neonazismus und Rechtsextremismus Nichts getan – im Gegenteil: Rechtsextreme werden hofiert, sie können live auftreten und ihre kruden, gewaltgeprägten Denk- und Handlungsweisen im Ring ausleben und präsentieren. Dass dies nun unter dem Schirm der UFC passieren soll – der erste Kampf, der auf dem UFC Fight Pass erschien, fand am 12. Februar 2022 statt – stellt eine Verschärfung der Situation dar. Zwar agiert die UFC ab und an, wenn der gesellschaftliche Druck hoch genug ist (wie im absolut extremen Fall Brinsa), aber in den meisten Fällen haben diskriminierende Diskurse und Praxen keinerlei Konsequenzen in der UFC zu fürchten. Und: Nach dem umfangreichen Text ist ebenso klar, dass die MMA-Szene in Österreich extrem rechts geprägt ist und so neonazistischen Akteur:innen die Möglichkeit bietet, ihr Können zu professionalisieren, aber auch zu monetarisieren. Erneut windet sich gesellschaftliche Apathie und Gleichgültigkeit um Rechtsextremismus in mannigfaltigen Formen und Verbindungen.

Ein lange Analyse geht hiermit zu Ende. Wir hoffen wir konnten mit unserer Recherche einige Klarheit über eine relativ verdeckt in Wien und Umland agierende Neonazigruppe schaffen und darüber hinaus das Phänomen rechten Kampfsportes sowie die Verstrickungen von 1%-MCs zum Kampfsportbusiness in Österreich genauer beleuchten.

Es ist uns ein Anliegen, dass rechtsextreme Kampfsportgruppen nicht einfach in ihren verborgenen Kellern, Lokalen und Gyms arbeiten, trainieren und netzwerken können. Darüber hinaus darf es nicht unbemerkt bleiben, wie weit rechts sich die MMA-Szene bereits situiert hat und wie integral sie für rechtsextreme Mobilisierungen geworden ist.


[1] https://www.wrestlingfever.de/franz-schlederer-im-wrestlingfever-de-interview-04-05-2019/

[2] https://www.talkaccino.at/interview/gesellschaft/wiener-praesident-red-dogs-mc-jakob-b/

[3] Siehe https://www.elconfidencial.com/espana/2020-01-16/united-tribuns-operacion-moteros-mallorca_2413972/ und https://www.majorcadailybulletin.com/news/local/2020/01/19/61559/united-tribuns-leaders-mallorca-sent-prison.html

[4] Siehe https://www.europol.europa.eu/media-press/newsroom/news/16-members-of-united-tribuns-nomads-street-gang-arrested-in-spain

[5] Siehe https://www.osce.org/representative-on-freedom-of-media/437078

[6] Siehe https://zurnal.info/clanak/kartelu-tito-i-dino-zaplijenjeno-najmanje-14-tona-kokaina/22303

[7] Siehe https://zurnal.info/clanak/bosanski-kartel-tito-i-dino-kontrolira-narko-trziste-u-evropi/22296

[8] Naser Orić ist eine eine komplexe Figur: Bekannt wurde er als ein Verteidiger der Einwohner*innen von Srebrenica 1995, als er sich mit einer kleinen Einheit gegen die serbischen Truppen stellte. Zuvor allerdings arbeitete er als Polizist für serbischen Präsidenten Slobodan Milošević, teilweise sogar auf direkten Befehl von Milošević, v. a. als es im Kosovo zu Massendemonstrationen gegen Milošević’ Regime kam. Orić wurde Anfang 2003 vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Kriegsverbrechen angeklagt: Seine Truppe soll rund um Srebrenica rund 50 Dörfer, die von serbischen Bosnier*innen bewohnt wurden, gezielt angegriffen und Vergeltungsmaßnahmen verübt haben: Vorwürfe lauteten auf Ermordung von Kriegsgefangenen sowie Zivilist*innen und Zerstörung von nicht-militärischer Infrastruktur. Allerdings wurden sämtliche Anklagepunkte fallen gelassen, da es kaum Beweise für die Verbrechen gab bzw. die Zahlen an potenziell Ermordeten von Kommissionen widerlegt wurden. Als Orić Milošević in Den Haag vor dem Internationalen Strafgerichtshof traf, interagierte er freundschaftlich mit diesem – paradox in Anbetracht der Situaion. Nun scheint Orić allerdings in den Gewässern organisierten Drogenhandels aktiv zu sein – so zeigt ihn unten zu sehendes Foto eben in Peru, zusammen Elvis Hodžić (l.) und den beiden Ćulum-Brüdern (2. v. l. Armin „Boki“ und 1. v. r. Nermin).

[9] Siehe https://zurnal.info/clanak/iz-sarajevskog-sokaka-do-kolumbije/22321

[9] Auch an dieser Stelle wollen wir nochmals auf unseren letzten Beitrag hinweisen, wo nochmals unter anderen Vorzeichen auf die Mischszene eingegangen wird.

[10] Unter solchen sind organisierte Kämpfe zwischen Hooligan-Gruppen zweier Vereine zu verstehen: Dabei wird eine fixe Anzahl an Kämpfer:innen ausgemacht, die sich zumeist auf abgelegenen Brachlandschaften abseits urbaner Zentren treffen, um dort bare knuckle zu kämpfen. Die einzige zugelassene Regel besteht darin, dass nur ein absolutes K.O. sämtlicher Kämpfer einer Gruppe als Sieg zählt. Das von extremer patriarchaler Gewalt geprägte Klientel ist dabei international organisiert und geht nach fixen sozialen Codes und Richtlinien vor. Postuliert wird in diesem Umfeld zumeist eine verpflichtende apolitische Haltung, welche jedoch in den allermeisten Fällen unter keinen Umständen zutrifft.

[11] Der Fall Martin Rutter etwa zeigt genau, wie weit diese Dimension reichen kann. Rutter z. B. heuerte gezielt „taktische Hools“ (wie Rutter sie nannte) an, damit diese gewissermaßen vom Kopf der Demo weg gegen repressiv auftretende Polizeieinheiten agieren.  Dabei werden Hooligan-Blöcke gebildet, die entweder gezielte Eskalationen herbeiführen oder z. B. Polizeisperren durchbrechen versuchen.

[12] Sowoboda ist übrigens häufiger Gast bei den Vendetta Fight Nights, so auch in Neusiedl am See. Dort posierte er vor Beginn mit der Nr. 2 des Wiener Tribun-Chapters Selim Gemah.

[13] Bei 2700 handelt es sich um die Postleitzahl von Wiener Neustadt.

[14] „Mjolnir“ ist der Name des Hammers von Thor in der traditionellen nordischen Mythologie.

Rechte, Rechtsextreme und neonazistische Hooligans. Die Prügeltruppe der Corona-Demonstrationen

Seit Beginn der Corona-Demonstrationen konnte beobachtet werden, dass sich immer mehr Hooligan-Gruppen abseits der Kurve bei den Demonstrationen in Wien und den Landeshauptstädten einfanden. Was als reines Get-together einer ideologischen Mischszene begann, beinahe immer mit einem hohem Maß an  Alkoholkonsum einherging und wohl auch durch die Unmöglichkeit von Stadion-Besuchen zu erklären ist, entwickelte sich über die zahllosen Demonstrationen zu einer intensiven Einbindung hooliganistischer Gruppen: Nach der Spaltung der Organisationsgruppe in die Fraktionen Martin Rutter/Hannes Brejcha und Alexander Ehrlich/Thomas Schaurecker/Manuel Müllner, enthüllte die Gruppe um Ehrlich, die sich als „Bundesweite Allianz“ neu formiert hatte, dass die Beziehung von Rutter zu dezidiert rechtsextremen Hooligan-Gruppen weit intensiver war, als ursprünglich angenommen. So bewiesen Ehrlich und Schaurecker [1] anhand von Skizzen, Plänen und Chat-Nachrichten anschaulich, dass Rutter rechtsextreme Hooligans teilweise gezielt eingesetzt hatte: So u. a. am 10. April 2021, als Rutter in einem Strukturplan der anstehenden Demonstration festhielt, sogenannte „taktische Hools“ sollten gegebenenfalls versuchen, etwaige Kessel an polizeitaktisch schwach strukturierten Stellen zu durchbrechen [2]. Das Szenario trat wie erwartet ein, der Plan geregelt in Kraft: Eine komplette Sperrgitter-Kette wurde niedergerissen, vorbereitete Face-Shields und Gesichtsmasken verhinderten die Rückstoßkraft eingesetzter Pfeffersprays und der Kessel konnte aufgebrochen werden [3]. Ein politischer Erfolg für den rechtsextremen Taktiker und Demagogen Martin Rutter – Gewinn von „Ehre“, i. e. symbolisches Kapital, für die beteiligten Hooligans: Das Konzept, seine Kräfte öffentlich unter Beweis zu stellen, das immer an der Erfahrung des Kampfwillens und -bereitschaft gemessen wird, spielt eine zentrale Rolle in der beinahe kultisch überhöhten patriarchalen Männlichkeitsstruktur von Hooligan-Gruppen.

Screenshot aus dem Livestream von Thomas Schaurecker, 8.6.2021

Was aber macht die Hooligan-Gruppen so attraktiv für Ideologen und Rechtsextreme wie Martin Rutter, aber auch für eingeschworene Neonazis wie Gottfried Küssel – nur an roher, unorganisierter Gewaltbereitschaft kann es schließlich nicht liegen.

Schon seit den 90er-Jahren bemühen sich Rechtsextreme um die „Gunst“ rechter, schwer patriarchal organisierter Kurvenstrukturen. Belegt ist etwa, das Küssel rund um die Organisierung und Gründung der VAPO in der Kurve der Wiener Clubs Austria, vor allem aber bei Rapid versuchte, junge Männer für seine politischen Vorhaben zu gewinnen: Besonders dezidiert rechte Gruppen wie etwa die neonazistische Skinhead-Fangruppe „Hütteldorfer Terrorszene“, die „Bulldogs Austria“ oder die als unkontrollierte Prügeltruppe agierende Gruppe „Atzgersdorf“ sprachen und sprechen Neonazi-Akteur:innen besonders an. Kerninteresse rechtsextremer Agitator:innen scheint dabei seit jeher unverändert dreierlei zu sein:

Zum Ersten – der vielleicht wichtigste Faktor: Der in der Kurve und insbesondere rechten Fangruppierungen vorherrschende Antifeminismus. Strikt hierarchisch organisiert mit zugewiesenen Rollen- und Aufgabenstrukturen, spielt der Cis-Männlichkeitsbund eine integrale Rolle im martialischen Auftreten rechter Fangruppierungen. Starke Ähnlichkeiten sind dabei etwa mit rechtsextremen Kameradschaften festzustellen oder aber Burschenschaften – auch in der Raumordnung von Küssels Ferialverbindung Reich spielte dezidierter Antifeminismus eine Rolle: So durften etwa nur an bestimmten Tagen weiblich gelesene Personen den Raum betreten, Treffen und Kameradschaftsabende waren ausschließlich Cis-Männern vorbehalten.

Direkt an die betont patriarchal-männerbündischen Strukturen anschließend findet sich eine besonders hohe Gewaltaffinität in Hooligan-Strukturen: Sich als Kämpfer auf der Straße zu beweisen, gehört zum tagtäglichen Hooligan-Leben dazu, ebenso wie das Einstehen für die Gruppe und den Bund. In diesem Rahmen ist auch ein Fokus auf fundierte Kampfsportausbildungen in teils vereinsinternen Gyms, wo Englisches Boxen, Muay Thai, BJJ und MMA trainiert wird, festzustellen – dies soll die eingeschworenen Gruppen noch fester binden und zugleich das Können klandestin-verschworen abseits der Öffentlichkeit schulen.

Zuletzt: Die Rechtsoffenheit des Fußballsektors in Österreich sowie die hohe Zahlen an organisierten Rechtsextremen in den Kurven dürfte die Fanszene für organisierte Neonazis besonders attraktiv machen. So etwa ist es ein offenes Geheimnis, dass in den Lokalen der Austria nach Spielen nazistische Lieder und NS-Gesten durchaus standardmäßig vorgetragen werden – wer dem widerspricht, sieht sich mit massiven physischen Konsequenzen und Bedrohungsszenarien konfrontiert, oder verlässt die Lokalität. Die Verschneidung organisierten Rechtsextremismus’ und Kampfsport ist dabei eine bedrohliche Entwicklung – besonders die einsetzende Professionalisierung im Sektor hooliganistischer Auseinandersetzung ist mit Argusaugen zu überwachen: Während in den 60er- und 70er-Jahren die diffuse Massenauseinandersetzung am Weg zum und vom Stadion noch im Vordergrund stand, sind es heutzutage die strikt organisierten Ackerkämpfe (österr.: „Wiesnpartie“), die vorrangig angestrebt werden. Getroffen wird sich abseits der Spielstädte in Industriegebieten oder Wäldern, wo eine vorab fixierte Anzahl an Kämpfer:innen gegeneinander antritt – als beschränkendes Regelwerk gilt lediglich, dass, wer „nachhaltig“ am Boden liegt, als k.o. gilt (TKO gibt es nicht);  auf diese Person darf dann nicht weiter eingeschlagen werden.

Diese Form des Kampfes wiederum findet Anklang in weiteren – allerdings ebenso rechtsoffenen – Kampfsportmilieus: Exemplarisch wollen wir hier die „Hype-Crew“ und die Eventreihe „King of the Streets“ (KOTS) nennen. KOTS selbst beschreibt sich als „Underground Fightclub“ – vorrangiges Klientel sind Hooligans europäischer Clubs, das Logo ist vom Hooligan-Symbol geprägt [4]. Gekämpft wird ohne Regeln, jeder Kampfstil ist erlaubt, lediglich ein gewisses Maß an „Ehrenkodex“ rahmt den Raum extremer patriarchaler Gewalt. Zwar gibt es Ringrichter, jedoch stoppen diese meist erst, wenn einer der beiden Kämpfenden total k.o. ist, sprich: heftige Blutungen aufweist, einer der beiden tatsächlich am Boden bleibt oder das Bewusstsein verliert. Gekämpft wird vor allem  um „Ehre“ in unterschiedlichen Street-Fight-Szenarien, so z. B. in einer Lagerhalle (Ring markiert durch Baugeländer), in verlassenen Parkgaragen, auf Dächern usw. Bei KOTS errungene Siege bringen in der Welt des Hooliganismus hohe Mengen an Prestige und symbolischem Kapital; die Kämpfenden sind meist avancierte bis professionelle Kampfsportler, jahrelanges Training und gute Technik prägen die Veranstaltungen der Hype-Crew. Nun wäre das alles eben so wie es ist – Hooligans, die sich in martialischer Manier in hochgradig gefährlichem Kampfsport Bareknuckle prügeln – Problem aber ist (und deshalb auch hier von Belang): Trotz zahlreicher Beteuerung seitens Hype-Crew und Kämpfenden, es handle sich um ein gänzlich apolitisches Event, finden rechtsextreme Hooligans ihren Weg allzu oft in den Ring von KOTS. Darüber hinaus wirken Streetfighting-Veranstaltungen wie KOTS auch auf die Szene zurück. Hooligan-Gruppen werden immer kampferprobter, professionalisieren die Kultur exzessiver körperlicher Auseinandersetzung, und im Fall von KOTS entwickelt sich daraus u. U. eine ökonomische Rentabilität [5].

Werden solche Hooligans dann von lokalen Rechtsextremist:innen angeworben, um z. B. Demoschutz zu machen (wie im Falle einiger IB-Demos) oder aber gar wie im Falle der Corona-Demonstrationen als taktische Kommandogruppe, wird das Problemfeld Hooliganismus zum weiteren gesellschaftlichen Problem. Die größte Anzahl der in Wien bei den Corona-Demonstrationen anwesenden Hooligans stammte dabei ohne Frage aus den Kurven der beiden großen Wiener Clubs:  So waren etwa Personen der Austria-Fanclubs „Viola Fanactis“ (inkl. Untergruppe „Sektion Inferno“), ehemalige „Flagrantia Wien“-Mitglieder (Flagrantia als Fan-Gruppe ist allerdings nicht mehr aktiv), Personen von „KAI 2000“ und „Unsterblich Wien“-Kader  auf den Corona-Demonstrationen in den Hool-Blöcken anzutreffen; bei Rapid aus den Gruppen der „Alte Garde“, der „Lions Rapid“, Leute aus dem Umfeld des Techno-Kollektivs „Traumvabrik“, der „Ultras Rapid“ sowie der gemischten „Wiesn“-Gruppe „Wiener Schlägerknaben“ (WSK) [6]. Neben Wiener Beteiligung war darüber hinaus eine „Delegation“ des Linzer Clubs „FC Blau Weiß Linz“ regelmäßig im Umfeld junger Austria- und WSK-Hooligans unterwegs.

Zu beobachten war dabei meist ein ähnlich ablaufendes Szenario: Entweder die IBÖ/RFJ stellte den ersten Block: Dann formierte sich meist am Rande des Blocks Hooligan-Züge, die zum Einen den Block nach außen hin abschirmten, missliebige Journalist:innen angriffen oder am Arbeiten hinderten, sowie Durchbruchsversuche durch Polizeisperren unterstützten. Hielt die IBÖ sich nicht an der Spitze auf und es fehlte ein unmittelbar gewaltbereiter Block, zogen oft sämtliche Stadion-Gruppen an die Spitze und formierten sich als loser Block: Vollkommen vermummt, mit Böllern und Pyrotechnik ausgerüstet sowie ab und an mit Schlagschutzhandschuhen, „Selbstverteidigungsschirmen“ und Pfefferspray bewaffnet, konnte das gewaltaffine Klientel teilweise bis zu 250 Personen in seinen Reihen zählen. Formten sich diese Blöcke während der Aufmärsche, kann retrospektiv festgehalten werden, dass es fast immer zu Auseinandersetzungen (nicht in der Intensität wie in den Niederlanden oder Belgien) kam: Als herausstechende Beispiele wollen wir hier vier Demotage nennen, die als besonders anschaulich erachtet werden können.

Hool-Block an der Spitze der Demonstration am

Beispiel a): Demonstration der Corona-Leugner:innen am 06. März 2021. Nach diversen Startpunkten in der Wiener Innenstadt versuchten große Demonstrationszüge über den Ring zu ziehen. Nach kleineren Auseinandersetzungen mit Antifaschist:innen bewegte sich die Menge über unterschiedliche Routen in Richtung FPÖ-Kundgebung auf der Jesuitenwiese in der Prater Hauptallee, wo FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl reden sollte. Nachdem es Antifaschist:innen gelungen war, den Aufmarsch mittelfristig zu stören und zu blockieren, formierten sich rasch an beiden Seiten (dazwischen wenige Polizist:innen) die oben angesprochenen Hooligan-Züge. Diese umgingen die Sperren der Polizei und unmittelbar danach kam es zu direkten Angriffen rechtsextremer Hooligans auf Antifaschist:innen (den Antifaschist:innen gelang es, die Angriffe abzuwehren; währenddessen war dann die WEGA mit Hundestaffel angerückt). Beteiligt waren u. a. Gruppen der Wiener Austria, vor allem die extrem gewaltaffine Gruppe um den „Flagrantia Wien“-Gründer und Neonazi Michael Giebner. Dieser ist oft mit einer rund 10-köpfigen Gruppe unterwegs, die sich für eine große Menge schwerer Angriffe auf Journalist:innen, Umstehende und Antifaschist:innen verantwortlich zeichnet.

In dieser Gruppe ist auch der schon aus Part I bekannte IB-Faschist und Neonazi-Hooligan Bernhard Burian aktiv: Burian ist szeneübergreifend in diversen Spektren rechtsextremer Gruppierungen anzutreffen. So hat Burian nachweislich gute Connections zum neonazistischen Techno- und House-Kollektiv „Tanzbridgade Wien“ um Immobilienverwalter Christian Csincsics (seines Zeichens in der Kurve von Rapid aktiv); auch konnte Burian auf Fotos im Noricum-Kellerlokal identifiziert werden, wo er zusammen mit den Neonazis Paul Blang und Thomas Kalcher-Cibulka zu sehen ist. Fantechnisch dürfte Burian jedoch eher dem Umfeld der Rapid-Kurve zuzuordnen zu sein – obwohl Burian des Öfteren neben diversen Hooligan-Gruppen der Ostkurve gesehen werden konnte. Die Verbindungen von Burian zur internationalen Rechtsextremen Szene zeigten sich auch am 12. Februar 2022, als Burian gemeinsam mit Cedomir Aleksijevic am „Tag der Ehre“ in Budapest teilnahm.

Sowohl Blang als auch Kalcher-Cibulka sind langjährig aktive Neonazis aus dem alpen-donau.info-Kreis rund um Karin und Gottfried Küssel sowie der Ferialverbindung Reich (jetzt: „Ferialverbindung Imperia“, Lichtenauerstraße 4, 1020). Blang als auch Kalcher-Cibulka konnten in den letzten Monaten, als wieder Spiele in Stadien mit Besucher:innen stattfinden konnten, des Öfteren im Block der „Viola Fanatics“ in der Kurve der Austria gesehen werden: Als diese ihre Freundschaft mit der neonazistischen Fangruppe „Ultras Slovan Pressburg“ erneuerten und in diesem Rahmen nach Bratislava zu einem Auswärtsspiel von Slovan reisten, waren die angereisten Fanatics, ein Unsterblich-Kader sowie die beiden Neonazis direkt an den Auseinandersetzungen mit Einsatzeinheiten aus Bratislava beteiligt. Bei dem Unsterblich-Kader handelt es sich um den wegen Gewaltdelikten mehrfach verurteilten Neonazi Christian „Guntramsdorfer“ Wagner. Kalcher-Cibulka konnte auch auf Corona-Demos in Wien identifiziert werden, ebenso wie bei den neonazistischen Aufmärschen der Corona-Querfront rund um Gottfried und Karin Küssel in Eisenstadt, wo auch Blang teilnahm.

Beispiel b): Die durch zahlreiche Polizeieinheiten – zusammengezogen aus ganz Österreich – gekesselte Demonstration am 10. April 2021. Als Reaktion auf die vorangegangen Demonstrationen, wo die Polizei völlig die Kontrolle über das Geschehen verloren und die Demonstration den gesamten Stadtverkehr lahm gelegt hatte, entschied sich die Einsatzleitung, einen große Sperrbereich um das Gebiet des Startpunkts des Aufmarsches zu errichten. Durch große Mengen an Hamburger Gittern waren sämtliche Zufahrtsstraßen großräumig abgeriegelt, der Zugang zur Demonstration wurde rigoros überwacht. Als eine antifaschistische Fahrrad-Demonstration sich zum ersten Mal dem Kessel nähern konnte, kam es dabei sofort zu einem ersten Durchbruchsversuch durch Gruppen bekannter Hooligans. Während dieser Versuch aufgrund des großen Polizeiaufgebotes scheiterte, schafften es vor allem Hooligans der Austria Wien an ein bis zwei Stellen durch die Sperrketten zu brechen und die Gitter niederzureißen. Federführend war die Hooligan-Gruppe um Michael Giebner. Ebenso kam es wieder zu Angriffen auf Journalist:innen – auch hier agierte die gerade genannte Gruppe als Hauptakteurin. Den medial weitläufig rezipierten Vorfällen ging – wie oben erwähnt – eine interne Spaltung nach: Ehrlich und Co. legten postwendend offen, dass Rutter exakt für diesen Tag sowie andere Veranstaltungen den Hooligan-Gruppen Funktionen und Aufgaben zugewiesen hatte. In a nutshell: Die gewaltbereite, rechtsextreme Hool-Fraktion solle taktisch gegen eventuelle Polizeisperren und -ketten arbeiten und nach Möglichkeit die Situation eskalieren. Retrospektiv betrachtet dürfte der Tag unter diesen Gesichtspunkten ein Erfolg gewesen sein.

Beispiel c): Angriff auf antifaschistische Kundgebung am 02. Oktober 2021. Schon während der Kundgebung attackierten Rapid-Hooligans der neonazistischen Tanzbrigade Wien Antifaschist:innen durch Flaschenwürfe. Als die antifaschistische Kundgebung kurz vor Beendigung im Sigmund-Freud-Park stand, begann plötzlich die gleiche Gruppe den Außenbereich des daneben gelegenen Café Votiv zu verwüsten und heraneilende Antifaschist:innen mit Sesseln, sowie Glas-Aschenbechern zu bewerfen. Unter den identifizierten Angreifenden befanden sich die Neonazi-Austria-Hooligans Christian Csincsics, Matej Vendis sowie das „Final Dawn-MC“ Mitglied Marco Singraber (der aus dem Umfeld der Fanszene des 1. FC Nürnberg stammt). Eben diese Gruppe konnte am Nachmittag noch in der Gesellschaft des Neonazi-Skinheads „Mario“ beobachtet werden, der bei einschlägig rechtsextremen Aufmärschen anzutreffen ist, aber auch am „Tag der Ehre“ in Budapest teilgenommen hat und grundsätzlich über gute Kontakte zur ungarischen Neonaziszene verfügt, v. a. aber zur „Légió Hungária“.

Beispiel d): Corona-Demonstration am 8. Jänner 2021. Schon während des Sammelns der Demonstration rund um den Maria-Theresia-Platz/Heldenplatz fielen diverse Hooligan-Gruppen in kompletter Vermummung früh ins Auge. Da davor eine Weihnachts- und Neujahrs-bedingte Pause eingelegt worden war, lag die Vermutung nahe, dass vor allem diese Demonstration – nicht zuletzt wegen des sozialen Charakters der Demonstrationen, die oftmals aufgrund der aufwendigen Musik-Setups und des enormen Alkoholkonsums wie Oktoberfeste anmuten – wieder gut besucht und auch das Spannungspotenzial hoch sein würde. Kurz nach Formierung der Demonstration zu einem Zug, entstand vorne weg einer der größten Hool-Blöcke der Corona-Demonstrationen: Schätzungen gingen von rund 200–250 Personen aus – journalistische Arbeit war beinahe unmöglich, da regelrecht Jagd auf bekannte Pressevertreter:innen gemacht wurde. Hier fiel vor allem die Linzer Pyromanen-Gruppe um Fabian Gillmayr auf: Zusammen mit dem Austria-Hooligan Stefan Fellner wurden Dosen, Flaschen und Eisklumpen (wie auch schon bei der Demonstration am 11. Dezember 2021, siehe Video) auf Journalist:innen geworfen, ein – nachher festgenommener – Hooligan schlug einem Journalisten mit der Faust ins Gesicht.

Quelle: https://twitter.com/Danijel_Suster/status/1469665888324440065?s=20&t=qnLIbETdGiF-87VFa1oDGw

Hinter der praktischen Komponente der Angriffe auf politische Gegner:innen und missliebige Personen steht ein diffuses Spektrum ideologischer Ausrichtung. Zum einen finden sich klassische Neonazi-Hooligan-Gruppen in den Blöcken: Das gilt für Tanzbrigade Wien (im Folgenden als TB geführt) und deren Kurven-Pendant Eisern Wien. Dabei handelt es sich um einen Wiener Zusammenschluss neonazistischer Hooligans mit dem Ziel, Politik im Sinne eines Aufbaus nationalistischer, faschistischer sowie nationalsozialistischer Subkulturen zu betreiben. Die Gruppe dürfte zwischen 20-30 Personen umfassen, die sowohl aus den Kurven von Rapid wie Austria stammen: Die exakte ideologische Ausrichtung und daraus abgeleitete Praxis ist nicht vollends klärbar, was vor allem daran liegt, dass kaum Textmaterial vorhanden ist oder sonstige mediale Vermittlung besteht. Lediglich vier Techno-Tracks liegen vor, in den letzten Jahren tauchten rund drei Graffiti in Wien auf, die dem TB/Eisern-Kontext einwandfrei zuordenbar sind. Was jedoch aus dem Interview, das der III. Weg mit TB geführt hat, hervorgeht, ist, dass sich die Gruppe wohl vor allem um eine faschistische Beeinflussung der Club-Szene bemüht (v. a. Techno, Hardcore & Gabber). Zum anderen ist die Tatsache, dass der III. Weg sich zu einem Interview mit einer Techno-Crew hergibt, die zahlreichen politischen wie sozialen Normen des III. Weges widerspricht, ein interessanter Tatbestand per se: Das deutet zumindest auf eine hohe politische Ernsthaftigkeit hin, die der Gruppe in faschistischen Milieus zugerechnet wird.

Ebenso deutlich dem Neonazi-Spektrum zugehörig sind die Reste der Hooligan-Gruppe „Unsterblich Wien“. Obgleich die Gruppe nicht mehr in ihrer ursprünglichen Stärke auftritt, konnten etwa der Unsterblich-Neonazi Alexander Christian zusammen mit Christian Marinics gesehen werden, sowie an andere Stelle Christian Wagner – erstere sind auch Teil der sogenannten „Ballermann Jungs“: Bei den „Ballermann Jungs“ handelt es sich um eine Vernetzung der beiden Ostkurven-Hooligan-Gruppen „Unsterblich Wien“ und der nun zu den „Viola Fanatics“ zugehörigen „Sektion Inferno“– der Name bezieht sich auf gemeinsame Urlaube auf Mallorca und eine Facebook-Seite. Wie Fotos nahelegen, gibt es vor Ort gute Kontakte zu deutschen Neonazis, die mittlerweile auf Mallorca am sogenannten „Ballermann“ leben: Vor allem Unsterblich-Neonazi und Fanatics-Ehrenmitglied Bernhard Kirsch dürfte Kontakt zum Ex-NPD-Bundesvorsitzenden Holger Apfel pflegen, der dort ein Lokal betreibt. Alexander Christian verfügt über gute Connections zu Neonazis von „Kategorie Braunschweig“ und den „Exzess Boys“ (zu denen auch Holger Apfel bekanntlich gute Verbindungen hatte) – beide Braunschweiger Gruppen können regelmäßig auf Mallorca gesehen werden und zeichnen dort auch verantwortlich für Massenschlägereien. Bezüglich der Entstehungsgeschichte, einzelner Akteur:innen und diverser Aufmärsche wie Aktionen von Unsterblich verweisen wir auf die Seite der Kolleg:innen der Recherche Wien. Von hoher Relevanz sind jedoch die Infos, die wir inoffiziell durch szenekundige Fans bekommen haben: So scheinen die Unsterblich-Neonazis neuerdings wieder massiv ins Stadion zu drängen (diese hatten teilweise jahrelanges Stadionverbort ausgesprochen bekommen), was auch die Sichtung der Unsterblich-Fahne im Reichskriegsflaggen-Design beweist. Darüber hinaus dürfte sich eine rechtsextreme Konsolidierung in der Ostkurve der Austria abspielen: Wie Quellen behaupten, dürften die Unsterblich Leute auch nicht vor erheblicher Gewalt zurückschrecken, um wieder regelmäßig ins Stadion (i. d. Ostkurve) zu gelangen. Geholfen wird ihnen dabei vor allem von den Fanatics, wo speziell zum ersten Vorsänger „Mani“ sowie zu Manuel „Buzy“ Buzecky und weiteren Fanatics-Mitgliedern seit langer Zeit enge Verbindungen bestehen. Darüber hinaus dürfte der zweite Vorsänger der Fanatics ursprünglich auch aus den Reihen von Unsterblich stammen. Das symbolische Kapital der Fanatics wiederum beschleunigt die rechtsextreme Konsolidierung um ein vielfaches: So scheinen auch seit geraumer Zeit Neonazis der Ultras Slovan Pressburg in die Ostkurve zu drängen. Die entstehende rechtsextreme Umgebung sorgt laut Aussagen dafür, dass es für einigermaßen linke Fans beinahe unmöglich wird, in diesem Teil der Kurve zu stehen, da ständige Drohungen an der Tagesordnung stehen und die Gewalt gegenüber linken Fans eskaliert.

Gute Beziehungen zu den Kadern von Unsterblich bestehen auch seitens der Gruppe rund um Michael Giebner: Schon dessen Vater Hannes Giebner betätigte sich als neonazistischer Hooligan in der Kurve der Austria Wien. Michael Giebner war einer der Gründer der damaligen Jung-Hooligan-Gruppe „Flagrantia Wien“, die der Vorstand der Austria jedoch frühzeitig verbot und nicht offiziell als Fangruppierung listete. Jedoch scheint der Verbund immer noch junge Hooligans mit rechter Gesinnung anzuziehen, was auch die Vermutung zulässt, dass es sich um eine Vorfeld-Organisierung handelt, die unter der Hand junge Personen abpasst, um sie ins Spektrum gewaltbereiten und -orientierten Rechtsextremismus einzuspeisen. Heute sind die Banner der Flagrantia wieder im Stadion zu sehen. Beziehen wir dies auf Rutters Kommandostruktur und Pläne sowie dem permanent gewaltvollen Auftreten der Hooligans um Giebner, liegt die Vermutung nahe, dass Rutter u. U. genau jene junge, unter Beweisdruck stehende Gruppierung, angeworben hat, um seine Ziele durchzusetzen.

Während diese Gruppen als bewiesen einschlägig neonazistisch eingeordnet werden könne, ist dies für die anderen Akteur:innen so eindeutig nicht der Fall. Zwar treten auch Personen aus dem Umfeld der WSK und Pyromanen Linz mit Neonazi-Symboliken (etwa Thor-Steinar-Bekleidung, Schlauschals mit Wolfsangel, usw.) auf, die Gruppen selbst sind jedoch nicht ideologisch kompakt zu erfassen: Geeint sind sie jedenfalls durch ihre Gewaltbereitschaft, einer starken Offenheit zu faschistischen Strukturen sowie durch die gängige Praxis unproblematischer Eingliederung dezidierter Neonazis in ihre Reihen. Exemplarisch hierfür kann der sowohl von der Alten Garde wie auch von Unsterblich geduldete Neonazi Gilbert Link gelten: Schon in der VAPO (Kameradschaft Wiener Neustadt unter Kameradschaftsführer Sascha Kaspar) Anfang der 90er-Jahre aktiv, wurde Link später im Umfeld von Unsterblich geduldet, steht aber grundsätzlich im Block der Alten Garde. Das zeugt von der Eisern Wien-Mentalität: Zwar getrennt durch den Verein, ist die ideologische Nähe aber manchmal so groß, dass solche Wechsel – eigentlich nicht geduldet – dennoch möglich werden.

Wie ist die Situation rund um die Hooligan-Beteiligung also zu bewerten bzw. perspektivisch zu beleuchten? Klar ist, dass auch in hiesigen Corona-Protest-Strukturen gewaltbereite Hooligans am rechten Rand eine wichtige Aufgaben übernehmen, nämlich: den Umgang mit den staatlichen Repressionsorganen für die offiziellen Veranstalter:innen und Ideolog:innen im Hintergrund. Darüber hinaus organisieren sie scheinbar eigenständig einen militanten Umgang mit Antifaschist:innen und verunmöglichen gezielt wichtige Dokumentationsarbeit und Berichterstattung. Dass ein Großteil davon darüber hinaus noch als klar rechtsextrem einzustufen ist, zeigt die besorgniserregende Dimension des Komplexes.

Wie auch schon in Part I kommt hier am Ende wieder der Aufruf zur Mitarbeit. Ihr habt wen erkannt? Schreibt uns über unser Kontaktfeld und wir ergänzen unseren Artikel! Recherche heißt gemeinsam gegen Rechts!

[1]Die von Larmoyanz und inszenierter Reue geprägten Posts und Videos in der gleichnamigen Telegram-Gruppe sollten das rechtsextreme, gewalttätige Image wieder zurechtbiegen, das die Gruppe zunehmend umgab. Dass das alles reine Show ist, zeigt folgende Aktion von Ehrlich: Am 14. Mai 2021 spielte Ehrlich (Soundmaster war der bekannte Reichsbürger Frank Schreibmüller) Teile einer Rede Hitlers (1933 vor Siemens-Arbeitern) direkt neben dem ehemaligen KZ Mauthausen ab – daneben wehte eine Israelflagge. Ehrlich wurde daraufhin wegen „Verdachts auf Wiederbetätigung“ – so der juristische Sprech – einvernommen und auf freiem Fuß angezeigt.

[2]Anmerkung zum Verlauf der Demonstration: Die Polizei hatte von Beginn weg einen großen Kessel vom Schweizergarten, Belvedere, bis hinter den Hauptbahnhof gezogen, um die Demonstration zu stoppen und so zu verhindern, dass sich erneut dutzende Züge bildeten, die blindlings ohne staatliche Kontrolle durch die Stadt ziehen würden. So sicherten die Hamburger Gitter-Linien teilweise nur wenige Polizist:innen ab, die Angreifer:innen waren mehrfach in massiver Überzahl.

[3]Dazu gesagt werden muss, dass die Einsatztaktik der Polizei oftmals völlig desolat und (gewollt?) planlos erschien.

[4]Teilweise kämpfen auch Mitglieder der Hype-Crew selbst bei KOTS.

[5]Und KOTS ist bei weitem nicht das einzige Format, in dem Free Fight-Kämpfe abseits legalistisch strukturierter Rechtsräume stattfinden. Darüber hinaus sind doppelte Daseinsformate ebenso oft anzutreffen: Gekämpft wird sowohl offiziell in den jeweiligen Ligen, aber eben auch in den Underground-Fight-Clubs.

[6]D. h.: Beim WSK finden sich alle jene Leute – ausschließlich Cis-Männer – ein, die bereit sind, für den Verein auf die „Wiesn“ zu gehen, sprich: an den Auseinandersetzungen mit anderen Fight-Crews teilzunehmen. Voraussetzung ist lediglich, dass die Personen in der Kurve von Rapid aktiv sind, im Falle des WSK z. B. Werden externe Kampfsportler nicht toleriert.