Zwei Jahre Corona-Demos – zwei Jahre rechtsextreme Mobilisierungen

Wer sind die faschistoiden Gruppen, die die Demos hinter sich einen?

Seit bald zwei Jahren finden regelmäßig Aufmärsche gegen die Covid-19-Maßnahmen der wechselnden Regierungen statt. Unter dem Deckmantel eines teils legitimen Unverständnisses gegenüber dem politischen Handling der Pandemie sowie der (nicht) getroffenen Maßnahmen, um die SARS-Covid-19 Pandemie effektiv zu bekämpfen, wurde Corona von Beginn weg von Rechtsextremen genutzt, um wieder auf der politischen Bildfläche zu agieren. Zahlreiche lange nicht mehr öffentlich aktive Gruppen tauchten plötzlich wieder auf, altbekannte Akteur*innen aus dem neonazistischen Spektrum frequentierten die Demos und das Hooligan-Fußballumfeld entdeckte – in Ermangelung der Kurve – wieder einmal die politische Bühne. Dabei ist festzuhalten, dass schon der erste Protest, der am 23. April 2020 am Helmut-Zilk-Platz vor der Albertina stattfand – ein Platz, der einen Gedenkort für die Opfer der Barbarei des Nationalsozialismus darstellt, markiert durch die Skulpturen-Gruppe „Mahnmal gegen Tod und Faschismus“ Alfred Hrdlickas  – eine in Österreich und Wien seit Jahren unbekannte Qualität hatte: Rund 200 Menschen sammelten sich, skandierten nationalistische Hetze wie „Wir sind das Volk“, überall Österreich-Flaggen, bekannte Rechtsextreme, aber eben im Keim schon die heute massive Querfront. Der Zynismus, diese Querfront-Aufmärsche ausgerechnet an diesem geschichtsträchtigen und sensiblen Ort beginnen zu lassen, nahm – damals noch nicht vorhersehbar – bereits zentrale Narrative der jetzigen Proteste vorweg: Nationalistische Hetze und Patriotismus, massiver Antisemitismus, überall präsente Relativierung der Shoah und virulenter Rassismus prägen das Bild der Aufmärsche der Corona-Leugner*innen. Damals noch unter dem Label von ICI (Inititiative für evidenzbasierte Corona Informationen) entstand am 23. April jene rechte Querfront, die durch die Führung politisch-kundiger Rechtsextremer über die zwei Jahre konstant wachsen sollte.

Blicken wir auf die Zahlen an Teilnehmenden, die sich mittlerweile monatlich bis wöchentlich in der Wiener Innenstadt treffen, um ihre Kundgebungen und Demonstrationen abzuhalten, kann eine drastische Entwicklung nachverfolgt werden. Nicht nur stieg die Beiteiligung über die Zeit auf Spitzenwerte von über 40.000 Demonstrant*innen aus allen österreichischen Bundesländern an, auch ein Schulterschluss diverser faschistischer und rechtsextremer Gruppierungen konnte beobachtet werden. Zentral hierbei war das Mitwirken der FPÖ und insbesondere ihrer Jugenorganisation: Seit Beginn der Corona-Proteste agitierten Parteispitzen auf Bundes- wie Landesebene gegen die Maßnahmen, teilweise wurde Corona aktiv geleugnet. Offen wurde gemeinsam mit Identitären, Faschist*innen wie Martin Rutter, Hannes Brejcha, Manuel Mittas, Jennifer Klauninger und rechtsextremen Hooligans für die Demos mobilisiert; selbst die erneute Anwesenheit von internationalen Neonazi-Größen (Küssel etwa kam erst am 11. Jänner 2019 frei) wie Teile der ehemaligen alpen-donau.info-Truppe schien die FPÖ unter Kickl  nicht weiter zu stören. Im Gegenteil: FPÖ-Abgeordnete zum Nationalrat wie etwa Dagmar Belakowitsch oder Michael Schnedlitz, Parteiobmann Herbert Kickl entdeckten – so schien es – die neonazistische Vergangenheit ihrer Partei wieder; und so wundert es auch nicht, dass z. B. in Deutschkreutz auf einer Kundgebung Identitäre, die Freiheitliche Jugend, rechte Covid-Leugner*innen, FPÖ-Politiker*innen, Neonazis aus dem Umfeld von Gottfried Küssel und (wieder einmal) die „normalen Bürger*innen“ kooperierten.

Was gegen diese äußerst besorgniserregende Mixturage zu tun ist, die es so gut wie nie schafft, breite Schichten an Menschen hinter sich unter faschistoiden Bannern zu einen, ist  aus antifaschistisch-politpraktischer Sicht noch immer unklar. Was aber klar ist: Auch wenn sich die rechtsextremen Gruppen mittlerweile alle Mühe geben, unerkannt zu bleiben, um konspirativ antifaschistischer Intervention zu entgehen, ist es integral, sie ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, um klar zu sehen, welche gewaltbereiten Agitator*innen unter den dunklen Vermummungen stecken. Im Rahmen der neuen Rechercheplattform „Österreich Rechtsaußen“ werden wir deshalb ab heute all jene Spektren und Gruppen präsentieren, die essentiell für die Struktur der Corona-Demos sind und das rechtsextreme Bild selbiger prägen.

Beginnen wollen wir dieses Projekt heute im Laufe des Tages mit dem in den letzten Protesten sehr präsenten Spektrum der FPÖ-Identitäre-RFJ: Wir trennen diese Gruppen bewusst nicht ab, agieren sie doch als ein gesammelter politischer Akteur, der die letzten Scheinhüllen ohnehin nie dagewesener Distanzierung fallen gelassen hat.